Neue Bluttests entlarven gefährliche Fehler bei der Diagnose von Herzkrankheiten

Forscher finden Lücken bei klassischer Diagnose von Herzerkrankungen. Neue Tests zeigen das Risiko frühzeitig.

Lipoproteine im Blut verraten das Risiko für Herzkrankheiten

Ein einfacher Bluttest könnte helfen, Herzkrankheiten früher und genauer zu erkennen. © Vecteezy

Herzkrankheiten gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Dennoch basiert die Risikoeinschätzung bisher oft auf veralteten Methoden. Ein Forschungsteam der schwedischen Chalmers University of Technology und der Harvard University hat nun eine Alternative entwickelt, die auf bestimmte Lipoproteine im Blut setzt. Dieser Ansatz könnte die individuelle Risikoabschätzung deutlich präziser machen als klassische Cholesterintests.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ließen sich viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeiden, wenn Risikofaktoren frühzeitig erkannt würden. Zwei Werte im Blut könnten künftig ausreichen, um Herzkrankheiten früh zu entdecken und Leben zu retten.

Cholesterin allein reicht nicht

„Dies ist die größte Studie ihrer Art bis heute und die Ergebnisse zeigen zum ersten Mal die relative Bedeutung der drei Hauptfamilien von Lipoproteinen für das potenzielle Risiko einer Herzkrankheit“, erklärt Jakub Morze, Postdoktorand an der Chalmers University of Technology. Cholesterin selbst sei nur ein Teil der Wahrheit. Entscheidend sei, wie viele Trägerpartikel im Blut unterwegs sind, um Cholesterin zu transportieren.

Cholesterin wird in Form von Lipoproteinen durch den Körper bewegt. Es gibt „gutes“ Cholesterin (HDL), das überschüssiges Cholesterin zur Leber zurückbringt und „schlechtes“ Cholesterin (LDL), das sich an den Wänden der Blutgefäße ablagern kann. Bisher konzentrierten sich Tests auf die Gesamtmenge des Cholesterins – doch die Zahl der gefährlichen Trägerpartikel blieb dabei außen vor.

ApoB gibt genauere Hinweise

Das Forschungsteam untersuchte Blutproben von über 200.000 Menschen ohne bekannte Herzkrankheit aus der UK Biobank. Sie analysierten die Anzahl und Größe verschiedener Lipoproteine, die das Protein Apolipoprotein B (apoB) tragen. Über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren verfolgten sie, bei welchen Teilnehmern Herzinfarkte auftraten.

„Wir fanden heraus, dass apoB der beste Marker beim Testen auf das Risiko einer Herzkrankheit ist“, sagt Morze. Da apoB die Anzahl der schädlichen Cholesterinpartikel widerspiegelt, liefert der Test präzisere Ergebnisse als herkömmliche Cholesterinmessungen.

Ein weiteres wichtiges Lipoprotein entdeckt

Neben apoB identifizierten die Forscher auch Lipoprotein(a) als entscheidenden Faktor. Dieses Lipoprotein ist genetisch bedingt und kann bei manchen Menschen extrem hohe Werte erreichen. Obwohl es im Durchschnitt weniger als ein Prozent aller „schlechten“ Lipoproteine ausmacht, kann es das Risiko erheblich steigern.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die apoB-Partikelzahl schließlich den Standard-Blutcholesterintest in Forschung und Gesundheitswesen weltweit ersetzen könnte und dass auch auf Lipoprotein(a) getestet werden muss, um ein besseres Bild des lipidbedingten Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erhalten“, erklärt Clemens Wittenbecher, Assistenzprofessor an der Chalmers University of Technology.

Eine Grafik zeigt die drei Arten von Lipoproteinen, die „schlechtes Cholesterin“ transportieren. Alle besitzen ApoB als gemeinsames Merkmal. © Chalmers University of Technology | Jakub Morze
Eine Grafik zeigt die drei Arten von Lipoproteinen, die „schlechtes Cholesterin“ transportieren. Alle besitzen ApoB als gemeinsames Merkmal. © Chalmers University of Technology | Jakub Morze

Kleine Veränderung, große Wirkung

Die bisherigen Standardtests erfüllen ihren Zweck in den meisten Fällen, doch sie unterschätzen bei etwa einem von zwölf Patienten das Risiko. Weil viele Erstereignisse von Herzkrankheiten tödlich verlaufen, könnte die genauere Bestimmung durch den neuen Test entscheidend sein. Die Tests auf apoB und Lipoprotein(a) sind bereits heute verfügbar, kostengünstig und einfach anzuwenden.

Kurz zusammengefasst:

  • Forscher der Chalmers University of Technology haben entdeckt, dass die Anzahl der Lipoproteine im Blut das Herzkrankheiten-Risiko besser anzeigt als der Cholesterinspiegel.
  • Besonders wichtig sind die Werte von Apolipoprotein B (apoB) und Lipoprotein(a), die genauere Hinweise auf drohende Herzkrankheiten liefern.
  • Ein einfacher Bluttest auf diese beiden Marker könnte helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und gezielter zu behandeln.

Übrigens: Wer nach einem Herzinfarkt schnell die richtige Behandlung erhält, hat bessere Überlebenschancen. Doch viele Patienten bekommen die nötige Therapie nicht früh genug. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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