Bereits 15 Minuten länger – Jugendliche mit mehr Schlaf haben größere Gehirne und lösen Aufgaben schneller
Forscher haben herausgefunden, dass Jugendliche, die nur 15 Minuten länger schlafen, besser bei kognitiven Aufgaben abschneiden.

Wenn Jugendliche früher und länger schlafen, haben sie messbar mehr Power im Kopf. © Pexels
Selbst eine Viertelstunde kann einen großen Unterschied machen: Wenn Jugendliche nur ein paar Minuten mehr schlafen, arbeitet ihr Gehirn viel besser. Das zeigt eine neue Studie, die von Forschern der Universität Cambridge durchgeführt wurde. Trotz relativ kleiner Differenzen in der Schlafdauer wiesen die Ergebnisse bei kognitiven Tests deutliche Unterschiede auf.
Forscher messen reale Schlafzeiten über Fitness-Armbänder
Die Forscher analysierten Daten von über 3.200 Jugendlichen im Alter von 11 bis 12 Jahren. Die Teilnehmer trugen Fitbits, also spezielle Armbanduhren, mit denen ihre Schlafdauer objektiv gemessen wurde. Noch dazu verglich man Hirnscans und die Leistungen bei Tests zu Wortschatz, Konzentration und Problemlösen.
Die Untersuchung basiert auf der Adolescent Brain Cognitive Development (ABCD) Study, der größten Langzeitstudie zur Hirnentwicklung in den USA. Zusätzlich nutzten die Forscher zwei weitere Vergleichsgruppen von 13- bis 14-Jährigen mit insgesamt rund 1.190 Jugendlichen.
Die Kinder wurden je nach Schlafverhalten in drei Gruppen eingeteilt:
- Gruppe 1 (39 Prozent der Teilnehmer) schlief durchschnittlich 7 Stunden und 10 Minuten
- Gruppe 2 (24 Prozent) kam auf 7 Stunden und 21 Minuten
- Gruppe 3 (37 Prozent) erreichte 7 Stunden und 25 Minuten
Damit blieb keine Gruppe innerhalb der von der American Academy of Sleep Medicine empfohlenen 8 bis 10 Stunden Schlaf.
Schon 15 Minuten mehr Schlaf machen sich im Gehirn bemerkbar
Obwohl die Abweichungen auf den ersten Blick klein erscheinen, entdeckten die Forscher große Unterschiede bei Hirnstruktur und geistiger Leistungsfähigkeit. Kinder aus Gruppe 3 schnitten am besten ab, sowohl bei den Denkaufgaben als auch bei der Hirnentwicklung. Gruppe 1 lag in allen Bereichen zurück.
„Obwohl der Unterschied in der Schlafdauer nur etwas mehr als eine Viertelstunde betrug, zeigten sich klare Unterschiede in Struktur, Aktivität und Leistung des Gehirns“, sagt Professorin Barbara Sahakian von der Universität Cambridge, Mitautorin der Studie.
Mehr Schlaf führt auch zu einem größeren Gehirn
Gruppe 3 zeigte allerdings nicht nur bessere kognitive Leistungen, sondern auch das größte Hirnvolumen. Gruppe 1 hatte dagegen das kleinste Volumen und die schwächsten Hirnfunktionen. Auch die Herzfrequenz während des Schlafs unterschied sich: Die Jugendlichen aus Gruppe 3 hatten den niedrigsten Ruhepuls, Gruppe 1 den höchsten. Eine niedrige Herzfrequenz gilt als Zeichen für gesunden, tiefen Schlaf.
Die Studie untersuchte auch, wie sich der Schlafrhythmus langfristig auf die geistige Entwicklung auswirkt. Dank der Langzeitdaten konnten die Forscher zeigen, dass diese Unterschiede schon zwei Jahre vor und auch zwei Jahre nach dem analysierten Zeitraum sichtbar waren.
Warum schlafen manche Jugendliche zu wenig?
Neben der Universität Cambridge war auch die Fudan-Universität in Shanghai maßgeblich an der Auswertung beteiligt. Dr. Wei Cheng von der Fudan-Universität betonte die Notwendigkeit, äußere und biologische Einflüsse besser zu erforschen:
„Angesichts der Bedeutung des Schlafs sollten wir verstehen, warum manche Kinder später ins Bett gehen und kürzer schlafen. Liegt es zum Beispiel an Videospielen oder Smartphones, oder liegt es schlicht daran, dass ihre innere Uhr ihnen erst später sagt, dass es Zeit ist zu schlafen?“
Dr. Wei Cheng
Auch Dr. Qing Ma, Erstautorin der Studie, sagte: „Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob längerer Schlaf direkt zu besseren Leistungen führt, aber es gibt viele Hinweise darauf.“ Besonders das Gedächtnis profitiert vom Schlaf, etwa durch die sogenannte Konsolidierung von Erinnerungen. Diese spielt eine wichtige Rolle im Lernprozess.
Warum das Gehirn von Jugendlichen besonders sensibel auf weniger Schlaf reagiert
Die Forscher weisen darauf hin, dass die Wissenschaft über den Schlaf Jugendlicher bisher lückenhaft ist. Zwar sei viel über Schlaf im Erwachsenenalter bekannt, aber gerade in der Pubertät durchläuft das Gehirn eine besonders sensible Phase. Deshalb ist es entscheidend, wie viel und wie gut Jugendliche in dieser Zeit schlafen.
Regelmäßiger und guter Schlaf hilft uns, im Alltag zu funktionieren. Doch gerade in der Jugend wissen wir zu wenig über das Zusammenspiel von Schlaf und Gehirnentwicklung.
Barbara Sahakian
Die Studie zeigt, dass frühes Einschlafen mit besserer Schlafqualität und klareren kognitiven Vorteilen verbunden ist. Außerdem beweisen die Daten, wie empfindlich das jugendliche Gehirn auf Schlaf reagiert – und wie selbst ein kleiner Unterschied in der Schlafdauer große Auswirkungen hat – im Kopf und im Alltag.
Kurz zusammengefasst:
- Jugendliche, die früher schlafen gehen und länger schlafen, schneiden bei Denkaufgaben besser ab.
- Schon ein Unterschied von 15 Minuten pro Nacht wirkt sich messbar auf Hirnleistung und -struktur aus.
- Während bereits viel über den Schlaf bei Erwachsenen bekannt ist, weist der Wissensstand über jugendlichen Schlaf laut den Forschern immer noch Lücken auf.
Übrigens: Wenn Schlaf fehlt, muss das Gehirn improvisieren. Kreatin kann unter Extrembedingungen kurzfristig helfen – doch nicht ohne Risiko. Mehr dazu in unserem Artikel.
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