Blutspenden verändert das Erbgut – Ist das ein Gesundheitsrisiko?
Regelmäßiges Blutspenden hinterlässt Spuren im Erbgut. Wissenschaftler haben entdeckt, wie sich Stammzellen dabei anpassen.

Blutspenden rettet Leben – und verändert den Körper. © Pexels
Blutspenden rettet Leben. Doch was passiert eigentlich im Körper eines Menschen, der regelmäßig Blut spendet? Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass sich bestimmte genetische Veränderungen in den Blutstammzellen von Vielspendern besonders häufig durchsetzen. Diese Mutationen helfen dem Körper, Blutverluste schneller auszugleichen. Doch bedeutet das auch ein höheres Gesundheitsrisiko? Wissenschaftler des Francis Crick Institute, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) haben Antworten auf die Frage gesucht, ob Blutspenden das Erbgut gefährlich verändert.
Blutstammzellen: Die heimlichen Helden unseres Körpers
Blutstammzellen sind die Zellen, aus denen alle Blutzellen entstehen. Sie befinden sich im Knochenmark und sind für die Produktion neuer roter und weißer Blutkörperchen sowie Blutplättchen verantwortlich. Mit zunehmendem Alter sammeln sich in diesen Zellen genetische Veränderungen an. Manche Mutationen können das Risiko für Krankheiten wie Leukämie oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

Das Forscherteam wollte wissen, ob regelmäßiges Blutspenden die Entstehung solcher Mutationen beeinflusst. Dazu analysierten sie in ihrer Studie Blutproben von 429 Spendern – darunter Menschen, die mehr als 100 Mal Blut gespendet hatten, sowie Personen, die weniger als zehn Spenden geleistet hatten.
Warum bestimmte Mutationen bei Vielspendern häufiger vorkommen
Die Analyse ergab, dass bei Vielspendern besonders oft Veränderungen im DNMT3A-Gen vorkommen. Dieses Gen beeinflusst, welche Gene in einer Zelle aktiv sind und hilft so den Zellen, sich an veränderte Bedingungen anzupassen. Eine dieser Bedingungen ist der regelmäßige Verlust von Blut durch Spenden.
Nach jeder Blutspende schüttet der Körper vermehrt das Hormon Erythropoetin (EPO) aus. Dieses Hormon regt das Knochenmark dazu an, schnell neue rote Blutkörperchen zu bilden. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich Zellen mit bestimmten DNMT3A-Mutationen unter dem Einfluss von EPO schneller vermehren als andere Stammzellen. Das bedeutet, dass der Körper sich auf häufiges Blutspenden einstellt und Zellen bevorzugt, die ihm dabei helfen, das verlorene Blut rasch zu ersetzen.
Bedeutet das ein Gesundheitsrisiko?
Regelmäßiges Blutspenden verändert also die Blutstammzellen – aber ist das gefährlich? Manche Mutationen in diesen Zellen stehen im Verdacht, das Risiko für Blutkrebs zu erhöhen. Doch die Forscher geben Entwarnung: Die bei Vielspendern gefundenen genetischen Veränderungen scheinen keine negativen Auswirkungen zu haben.
Um das zu überprüfen, testeten die Wissenschaftler die Wirkung dieser Mutationen im Labor. Sie veränderten gezielt das DNMT3A-Gen in menschlichen Stammzellen und setzten die Zellen unterschiedlichen Bedingungen aus. Ein Teil der Zellen wurde mit Erythropoetin (EPO) behandelt. Ein anderer Teil wurde entzündlichen Substanzen ausgesetzt, die eine Infektion simulieren sollten. Das Ergebnis: Die Mutationen, die bei Vielspendern häufig vorkommen, führten unter EPO-Einfluss zu normalem Zellwachstum. In der entzündlichen Umgebung hingegen vermehrten sich diese Zellen kaum. Präleukämische Zellen, die mit einem höheren Blutkrebsrisiko in Verbindung stehen, verhielten sich genau umgekehrt – sie wuchsen besonders stark unter entzündlichen Bedingungen.
Blutspenden verändert das Erbgut – aber nicht zum Schlechten
Die Studie zeigt, dass regelmäßiges Blutspenden bestimmte genetische Veränderungen fördert, die dem Körper helfen, schneller neues Blut zu bilden. Anders als bei krebsfördernden Mutationen gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass diese Veränderungen gesundheitsschädlich sind. Allerdings betonen die Forscher, dass ihre Studie nur eine begrenzte Anzahl von Probanden umfasste. Um endgültige Aussagen treffen zu können, seien weitere Untersuchungen mit einer größeren Teilnehmerzahl nötig.
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie sich unser Körper genetisch an Umweltfaktoren anpasst“, erklärt Dominique Bonnet vom Francis Crick Institute.
Blutspenden löst eine Art biologisches Training aus, das unseren Stammzellen hilft, sich effizienter zu erneuern.
Dominique Bonnet
Die Studie gibt spannende Einblicke in die komplexen Mechanismen der Blutbildung – und zeigt, dass regelmäßiges Blutspenden nicht nur Leben rettet, sondern auch ein natürlicher Prozess ist, den unser Körper gut bewältigt.
Kurz zusammengefasst:
- Regelmäßiges Blutspenden führt zu genetischen Veränderungen in den Blutstammzellen, die dem Körper helfen, Blutverluste schneller auszugleichen.
- Besonders häufig treten Mutationen im DNMT3A-Gen auf, die unter dem Einfluss des Hormons Erythropoetin (EPO) das Zellwachstum begünstigen, jedoch nicht mit einem höheren Krebsrisiko verbunden sind.
- Diese Mutationen passen sich gezielt an Blutverluste an, aber verursachen keine unkontrollierte Zellvermehrung oder krankhafte Veränderungen.
Bild: © Pexels
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