Wer sich im Studium ständig mit anderen vergleicht, bremst seinen Erfolg

Der dauernde Vergleich mit anderen Studierenden wird zum Unsicherheitsfaktor. So zerbricht das Vertrauen in die eigene Leistung.

Wie Vergleiche das Selbstvertrauen von Studierenden zerstören

Der Gedanke „Andere sind besser als ich“ nagt leise am Selbstvertrauen – und wird schnell zur Bremse. © Pexels

In den ersten Semestern eines naturwissenschaftlichen Studiums kämpfen viele nicht nur mit komplizierten Formeln, sondern auch mit sich selbst. Ein zentrales Gefühl dabei: „Alle anderen sind schneller, klüger, besser vorbereitet.“ Eine aktuelle Studie der Ohio State University zeigt, wie stark solche Vergleiche das Selbstvertrauen von Studierenden belasten – und wie sich das direkt auf ihre Leistung auswirken kann.

Wer glaubt, härter arbeiten zu müssen als die Sitznachbarin oder der Kommilitone in der Vorlesung, zweifelt schnell an sich selbst. Dieses Muster betrifft Männer und Frauen gleichermaßen – doch es trifft nicht alle auf dieselbe Weise.

Vergleiche senken das Vertrauen in die eigene Fähigkeit

Das Forschungsteam der Ohio State University analysierte die Denkweisen von 690 Studierenden in einem Einführungskurs Chemie. Sie unterschieden zwei Arten von Anstrengung:

  • Die vergleichende Anstrengung beschreibt das Gefühl, härter arbeiten zu müssen als andere.
  • Die kriteriale Anstrengung meint das Bewusstsein, sich anzustrengen, ohne den Blick auf andere zu richten.

„Wenn Studierende denken, sie müssen mehr leisten als alle anderen, zweifeln sie oft an sich“, erklärt Hyewon Lee, die Erstautorin der Studie. Dieser Zweifel kann dazu führen, dass sie sich für weniger geeignet in den Naturwissenschaften halten – unabhängig von ihrer tatsächlichen Leistung.

Frauen gewinnen durch Fokussierung auf eigene Stärke

Für Studentinnen zeigte sich ein deutlich positiver Effekt, wenn sie auf ihren eigenen Einsatz fokussiert waren. Sie fühlten sich kompetenter und schnitten in Prüfungen besser ab – allerdings nur, solange sie sich nicht mit anderen verglichen.

„Wenn Frauen sagen: Ich habe wirklich alles gegeben – dann stärkt das ihr Selbstbewusstsein“, sagt Co-Autorin Shirley Yu. Der soziale Vergleich jedoch ließ diesen Effekt schnell verpuffen. Die Forscherinnen vermuten, dass gesellschaftliche Vorurteile gegenüber Frauen in MINT-Fächern dabei eine Rolle spielen.

Männer setzen stärker auf Ergebnisse

Anders war es bei Männern: Für sie hatte das Gefühl, sich anzustrengen, kaum Einfluss auf das eigene Selbstbild. Stattdessen war entscheidend, wie gut sie bei Prüfungen abschnitten. Wer gute Noten hatte, traute sich auch mehr zu.

Das Team der Ohio State University geht davon aus, dass viele männliche Studierende mit einem stärkeren Grundvertrauen ins Studium starten – und deshalb eher auf Ergebnisse achten als auf ihr Anstrengungsgefühl.

Ein Kreislauf zwischen Leistung und Wahrnehmung

Die Studie zeigte auch, dass sich Leistung und Anstrengung gegenseitig beeinflussen. Wer sich stark bemühte, schnitt besser ab. Und wer gute Noten erhielt, glaubte eher, weiter hart arbeiten zu können. Besonders bei Frauen war dieser positive Kreislauf sichtbar.

„Wir haben einen bedeutenden Feedback-Effekt gefunden“, betont Hyewon Lee. Die Erkenntnis: Frühzeitige Erfolgserlebnisse stärken das Selbstbild – solange der Fokus nicht auf dem Vergleich mit anderen liegt.

Konkurrenzdenken erschwert den Studienstart

Laut den Autorinnen ist es die erste Studie, die beide Arten der wahrgenommenen Anstrengung in einem realen Studienkontext untersucht hat. Für viele Studienanfänger können die ersten Semester entscheidend sein. Doch der hohe Leistungsdruck in MINT-Fächern schreckt oft gerade jene ab, die eigentlich das Potenzial hätten, erfolgreich zu sein.

„Einführungskurse sind anspruchsvoll und fördern oft ein Konkurrenzdenken“, sagt Shirley Yu.

Aber wir müssen Wege finden, dieses Umfeld so zu gestalten, dass alle – besonders Frauen – faire Chancen haben.

Shirley Yu

Kurz zusammengefasst:

  • Wer sich im Studium mit anderen vergleicht und glaubt, mehr leisten zu müssen, zweifelt schneller an seinen Fähigkeiten – das schwächt das Selbstbild.
  • Frauen profitieren besonders, wenn sie ihre Anstrengung auf sich selbst beziehen, ohne sich mit anderen zu messen.
  • Gute Leistungen und ein stabiles Selbstbild verstärken sich gegenseitig und führen dadurch zu mehr Selbstvertrauen – vor allem, wenn Vergleiche mit anderen vermieden werden.

Übrigens: Vergleiche zwischen den Geschlechtern zeigen auch: Männer überschätzen oft ihre Intelligenz, während Frauen an sich zweifeln – das beeinflusst nicht nur das Selbstvertrauen, sondern auch Karriere und Gehalt. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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