Schlafroutine ist Typsache – Wer lange wach bleibt, tickt oft ähnlich

Immer später ins Bett: Was hinter dem ständigen Aufschieben steckt und warum es vielen schwerfällt, rechtzeitig schlafen zu gehen.

Schlafenszeit immer wieder aufschieben: Welche verborgenen Muster Betroffene oft unbewusst in den späten Abend treiben.

Viele Betroffene schieben ihre Schlafenszeit unbewusst immer weiter hinaus, weil Sorgen und negative Gedanken sie wachhalten. © FreePik

Wer abends immer wieder später ins Bett geht als eigentlich geplant, kennt das Gefühl: Man ist müde, scrollt trotzdem noch durch Social Media, schaut eine Serie oder hängt gedankenverloren am Smartphone. Dieses Aufschieben der Schlafenszeit nennt die Wissenschaft „Bedtime Procrastination“.

Eine neue Studie zeigt nun: Hinter diesem Phänomen stecken häufig bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und emotionale Probleme. Die Forscher untersuchten, warum viele junge Erwachsene trotz Müdigkeit nicht ins Bett gehen, obwohl sie genau wissen, dass sie am nächsten Morgen unausgeschlafen sind.

Bestimmte Persönlichkeitszüge fördern das Aufschieben

Für die Untersuchung beobachteten die Forscher 390 junge Erwachsene mit einem Durchschnittsalter von 24 Jahren. Über zwei Wochen hinweg führten die Teilnehmer ein Schlaftagebuch. Gleichzeitig beantworteten sie umfassende Fragebögen zu ihrem Chronotyp – also ob sie eher Morgen- oder Abendmenschen sind und zu den fünf zentralen Persönlichkeitsmerkmalen (Big Five).

Dabei zeigte sich: Wer regelmäßig seine Schlafenszeit aufschiebt, weist häufiger hohe Werte beim sogenannten Neurotizismus auf. Das bedeutet, diese Personen erleben oft Sorgen, Ängste und negative Gefühle. Gleichzeitig sind sie tendenziell weniger gewissenhaft und weniger kontaktfreudig.

Negative Gefühle verstärken das Schlafproblem

Unsere Studie zeigte, dass Personen, die ihre Schlafenszeit regelmäßig aufschieben, tatsächlich seltener anregende oder angenehme Aktivitäten suchen.

Studienautor Steven Carlson, University of Utah

Statt Freude und positiver Aufregung dominieren bei ihnen häufig Grübeleien, Anspannung oder depressive Verstimmungen. Viele Betroffene bleiben also abends wach, weil sie nicht abschalten können. Sorgen und unangenehme Gedanken halten sie wach. Statt Erholung setzt sich der emotionale Stress fort. Der Schlaf wird so nicht nur verkürzt, sondern auch weniger erholsam.

Nicht nur Disziplinmangel als Ursache

Oft heißt es, Menschen würden nur deshalb zu spät schlafen gehen, weil sie sich nicht gut organisieren oder schlicht zu wenig Disziplin haben. Doch die Studie zeigt, dass es deutlich komplexer ist. Carlson erklärt: „Bedtime Procrastination ist nicht nur mit schlechter Planung, geringer Selbstdisziplin und Zeitmanagement-Problemen verbunden, sondern möglicherweise auch mit Schwierigkeiten beim Umgang mit negativen Gefühlen und Angstzuständen vor dem Schlafengehen.“

Dieses Verhalten betrifft keineswegs nur notorische Langschläfer. Auch wer eigentlich ein Morgenmensch ist, kann abends genauso in den Strudel aus Sorgen und Aufschieben geraten.

Aufschieben der Schlafenszeit verschärft emotionale Probleme

Das regelmäßige Verschieben der Schlafenszeit führt zwangsläufig zu Schlafmangel. Und der schadet langfristig der körperlichen und seelischen Gesundheit. Schon wenige Stunden Schlafdefizit pro Nacht können das Immunsystem schwächen, die Konzentration stören, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen und sogar depressive Symptome verstärken.

Hier entsteht eine gefährliche Spirale: Negative Emotionen führen dazu, dass der Schlaf aufgeschoben wird. Der Schlafmangel wiederum verstärkt die emotionale Belastung. Vielen gelingt es dadurch immer schlechter, den Kreislauf zu durchbrechen.

Die Studien-Ergebnisse legen nahe, dass künftige Behandlungen genau hier ansetzen sollten. Carlson erklärt: „Angesichts der Allgegenwärtigkeit dieses Verhaltens und seiner Auswirkungen auf die Schlafgesundheit hoffen wir, die Forschung dahingehend auszuweiten, ob die Reduktion negativer Emotionen vor dem Schlafengehen eine wirksame Behandlung für Bedtime Procrastination sein kann.“

Mit einfachen Methoden Schlafprobleme aktiv angehen

Die American Academy of Sleep Medicine empfiehlt Erwachsenen, regelmäßig mindestens sieben Stunden pro Nacht zu schlafen. Nur so kann sich der Körper ausreichend erholen, das Immunsystem optimal arbeiten und das Gehirn Erinnerungen sowie Erlebnisse sinnvoll verarbeiten. Wer abends schwer abschalten kann, kann mit diesen Strategien den Weg zu besserem Schlaf unterstützen:

  1. Stress, Sorgen und Ängste durch gezielte Therapieangebote besser bewältigen
  2. Mit Achtsamkeitstechniken abends zur Ruhe finden
  3. Entspannungsübungen wie Atemtraining oder Muskelentspannung regelmäßig einbauen
  4. Bei anhaltenden Schlafproblemen psychologische Hilfe in Anspruch nehmen

Kurz zusammengefasst:

  • Menschen, die regelmäßig ihre Schlafenszeit aufschieben, zeigen häufiger negative Gefühle, weniger Gewissenhaftigkeit und geringere Geselligkeit.
  • Hinter dem ständigen Verschieben des Zubettgehens stecken oft Sorgen, Stress und depressive Verstimmungen, nicht nur mangelnde Disziplin.
  • Der Schlafmangel verstärkt emotionale Belastungen, weshalb Experten gezielte Therapien zur Reduktion negativer Emotionen vor dem Einschlafen empfehlen.

Übrigens: Schon drei kurze Nächte genügen, um erste Warnsignale im Blut für Herzprobleme auszulösen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © FreePik

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