People Pleaser: Warum das ständige Gefallenwollen Beziehungen gefährdet
People Pleaser verlieren oft ihre eigenen Bedürfnisse aus dem Blick und passen sich dem Partner an. Dies führt zu unausgeglichenen Beziehungen und langfristigen Problemen.
Das Verhalten, sich immer den Wünschen anderer anzupassen und dabei die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen, ist auch unter dem Begriff People Pleasing bekannt. In einem Interview mit der WELT erläutert die Psychologin und Paartherapeutin Anna Wilitzki, wie dieses Verhaltensmuster sich auf Beziehungen auswirkt und welche Gefahren es birgt. Insbesondere am Anfang einer Beziehung sei es normal, sich anzupassen und gefallen zu wollen. Doch wenn dieses Verhalten nicht aufhört, könne es die Beziehung auf lange Sicht schädigen. Laut Wilitzki haben viele Menschen, die sich als People Pleaser verhalten, dies bereits in der Kindheit gelernt. Wie kann man dieses Verhalten durchbrechen?
Anpassung als Problem
People Pleaser neigen dazu, dem Partner immer nachzugeben, um Konflikte zu vermeiden. Dieses Verhalten geschieht oft unbewusst und der Partner meint es nicht immer böse, beginnt jedoch, die Situation auszunutzen. Wenn der People Pleaser plötzlich nicht mehr mitspielt und eigene Wünsche äußert, stößt dies auf Unverständnis beim Partner, so die Psychologin. Die People-Pleasing-Person hat dann oft das Gefühl, sie wird nicht mehr gemocht, sobald sie ihre eigenen Bedürfnisse zeigt.
Die People Pleaser haben gelernt, dass sie nur gemocht werden, wenn sie sich anpassen.
Anna Wilitzki
Diese Verhaltensmuster sind oft tief in der Kindheit verwurzelt. Ein Beispiel ist eine Klientin von Wilitzki, die schon früh ihrer Mutter gefallen hat, um deren Enttäuschung zu vermeiden. Diese Dynamik zieht sich durch ihr ganzes Leben, ihre Beziehungen sind immer wieder gescheitert, weil sie es nie geschafft hat, authentisch zu bleiben.
Wenn Beziehungen stagnieren
Ein weiteres Problem des People Pleasings ist laut Wilitzki, dass sich Beziehungen nicht weiterentwickeln können, wenn sich nur eine Person anpasst. „Ein People Pleaser passt sich nur an, gibt keinen Input“, sagt sie. Dadurch entwickelt sich nur die andere Person weiter, während der People Pleaser stagniert. Dies führt dazu, dass der Partner irgendwann die Beziehung als langweilig empfindet, weil er immer die Führung übernehmen muss.
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Gerade in der Sexualität ist diese Dynamik besonders problematisch. Wilitzki berichtet von einem Klienten, der das Gefühl hatte, dass seine Partnerin „wie ein Seestern daliegt“. People Pleaser haben oft Angst, eigene Wünsche zu äußern, aus Sorge, die Beziehung könnte dadurch gefährdet werden. Diese Unsicherheit kann zu einem weiteren Rückzug führen.
Der Weg aus dem Kreislauf
Um aus dem Muster des People Pleasings auszubrechen, muss zunächst erkannt werden, dass dieses Verhalten auf lange Sicht schädlich ist. Laut Wilitzki sei es wichtig, dass die Betroffenen sich fragen, ob sie wirklich wissen, wer sie sind und was sie wollen. Für die Beziehung ist es entscheidend, dass beide Partner sich weiterentwickeln und ihre eigenen Bedürfnisse äußern.
Wilitzki rät dazu, das Thema in ruhigen Momenten anzusprechen, statt es aus Frust oder Wut zu thematisieren. „Man muss dem People Pleaser einen sicheren Raum geben, in dem er sich trauen kann, seine Wünsche zu äußern“, erklärt sie.
Gegenseitiges Herausfordern
Ein weiteres Mittel, um den Kreislauf des People Pleasings zu durchbrechen, ist es, dass der nicht-pleasende Partner den People Pleaser absichtlich dazu bringt, für seine eigenen Wünsche einzustehen. Wilitzki schlägt vor, den Partner in liebevolle Herausforderungen zu verwickeln, bei denen dieser lernen muss, „Nein“ zu sagen oder eigene Vorschläge zu machen. So kann die Beziehung in ein gesünderes Gleichgewicht kommen.
People Pleaser haben oft Angst, ihren Partner zu verlieren, wenn sie ihre eigenen Bedürfnisse äußern. Diese Angst sei laut Wilitzki jedoch unbegründet, da eine gesunde Beziehung nur dann funktionieren könne, wenn beide Partner ehrlich miteinander sind und sich weiterentwickeln.
Wann wird es toxisch?
Der Begriff „toxische Beziehung“ wird heute oft inflationär verwendet, doch Wilitzki erklärt, dass eine Beziehung dann toxisch wird, wenn das People-Pleasing-Verhalten manipulativ ausgenutzt wird. Wenn der dominierende Partner die Schwäche des People Pleasers bewusst ausnutze, um die Kontrolle zu behalten, könne dies zu einer gefährlichen Dynamik führen, aus der die Betroffenen oft schwer entkommen.
„Viele Betroffene haben keine Freunde mehr und fühlen sich isoliert, weil sie alles für ihren Partner aufgegeben haben“, berichtet Wilitzki. In diesen Fällen ist es besonders schwer, sich aus der toxischen Beziehung zu befreien. Oft schaffe man es erst nach mehreren Versuchen.
Selbstfürsorge als Schlüssel
Um eine gesunde Beziehung führen zu können, sei es laut Wilitzki wichtig, dass jeder Partner Zeit für sich selbst hat und seine eigenen Interessen verfolgt. Nur so kann man sich selbst kennenlernen und der Beziehung neues Leben einhauchen. Wilitzki betont, dass es zwar schwierig ist, den Kreislauf des People Pleasings zu durchbrechen, aber es ist möglich. „Es erfordert viel Arbeit und Selbstreflexion, aber es lohnt sich.“
Was du dir merken solltest:
- People Pleaser passen sich ständig den Wünschen ihres Partners an und vernachlässigen dabei ihre eigenen Bedürfnisse. Das gefährdet langfristig die Beziehung,
- Dieses Verhalten entsteht oft in der Kindheit oder durch vergangene Beziehungen und führt dazu, dass die Beziehung stagniert und die Partner unzufrieden werden.
- Um den Kreislauf zu durchbrechen, müssen Betroffene lernen, ihre eigenen Wünsche klar zu äußern und sich selbst besser zu kennen. Nur so kann sich die Beziehung gesund weiterentwickeln.
Bild: © Vecteezy