Bauchfett lässt das Gehirn schneller altern – Muskeln halten dagegen
Menschen mit mehr Muskelmasse und weniger Bauchfett haben laut Forschern ein biologisch jünger wirkendes Gehirn.
Körper und Geist altern gemeinsam: Mehr Muskelmasse und weniger viszerales Bauchfett sind nicht nur förderlich für die Fitness, sondern auch für die Jugendlichkeit des Gehirns. © Freepik
Wer seine Muskeln stärkt und gleichzeitig gefährliches Bauchfett abbaut, profitiert doppelt. Eine neue Analyse zeigt, dass Muskelmasse und inneres Fett eng mit dem biologischen Alter des Gehirns zusammenhängen. Menschen mit mehr Muskeln und weniger viszeralem Fett – dem Fett tief im Bauchraum – haben im Durchschnitt ein jünger wirkendes Gehirn.
Die Untersuchung stammt von Forschern der Washington University School of Medicine in St. Louis, die ihre Ergebnisse auf der Jahrestagung der Radiological Society of North America (RSNA) in Chicago vorgestellt haben. Sie zeigt, dass körperliche Fitness weit über Beweglichkeit oder Ausdauer hinausgeht: Wer seine Muskelmasse erhält, kann auch geistig länger jung bleiben.
Muskelmasse und Gehirn sind eng miteinander verbunden
Für die Studie wurden 1.164 gesunde Erwachsene untersucht, rund die Hälfte davon Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 55 Jahren. Mithilfe von Ganzkörper-MRTs bestimmten die Wissenschaftler sowohl die Muskelmasse als auch die Verteilung des Körperfetts. Eine künstliche Intelligenz berechnete anschließend das sogenannte „Hirnalter“ – also, wie alt das Gehirn strukturell wirkt.
Je mehr viszerales Fett eine Person im Verhältnis zu ihrer Muskelmasse hatte, desto älter erschien ihr Gehirn. Unterhautfett – also Fett direkt unter der Haut – hatte dagegen keinen Einfluss. „Teilnehmer mit mehr Muskelmasse hatten tendenziell jünger wirkende Gehirne, während jene mit mehr verstecktem Bauchfett im Verhältnis zu ihren Muskeln ältere Gehirne zeigten“, erklärt Studienleiter Cyrus Raji.
Warum das innere Fett so gefährlich ist
Viszerales Fett umgibt Organe wie Leber, Magen und Darm. Es produziert entzündungsfördernde Stoffe, die Blutgefäße und Nerven schädigen können. Schon länger gilt es als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes – jetzt zeigt sich, dass es offenbar auch das Gehirn schneller altern lässt.
Die Forscher nutzten eine spezielle MRT-Technik, bei der Fett hell und Flüssigkeit dunkel erscheint. So ließ sich die Körperzusammensetzung besonders präzise darstellen. Eine KI verknüpfte die Daten und zeigte, wie stark Muskelmasse und Fettverteilung mit der Gehirnalterung zusammenhängen.
Muskeln wirken wie ein Schutzfaktor
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Muskeln nicht nur für Kraft und Bewegung wichtig sind, sondern auch die Gehirngesundheit fördern. „Gesündere Körper mit mehr Muskelmasse und weniger verstecktem Bauchfett haben mit größerer Wahrscheinlichkeit gesunde, jugendliche Gehirne“, so Raji.
Regelmäßiges Krafttraining und eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Eiweiß helfen, den Muskelabbau im Alter zu bremsen. Gleichzeitig verringern sie den Anteil des gefährlichen viszeralen Fetts. Wer beides kombiniert, kann offenbar die biologische Alterung des Gehirns verlangsamen.
Muskelabbau verhindern
Ab dem mittleren Lebensalter nimmt die Muskelmasse oft spürbar ab – Fachleute sprechen von Sarkopenie. Doch dieser Prozess lässt sich aufhalten. Schon einfache Kraftübungen mit dem eigenen Körpergewicht oder mit Hanteln helfen, Muskeln zu erhalten. Tipps für gesunde Muskeln und ein fittes Gehirn:
- Zwei- bis dreimal pro Woche gezieltes Krafttraining, etwa Kniebeugen, Liegestütze oder Training mit Widerstandsbändern.
- Eiweißreiche Ernährung mit Fisch, Hülsenfrüchten, Milchprodukten oder magerem Fleisch.
- Ausreichend Schlaf und Erholung, damit Muskeln regenerieren können.
Diese Gewohnheiten unterstützen nicht nur die körperliche Fitness, sondern können laut Studie auch die geistige Leistungsfähigkeit stärken.
Welche Rolle Ozempic und Co. spielen
Die Forscher betrachten ihre Ergebnisse auch im Kontext der stark nachgefragten GLP-1-Medikamente wie Ozempic oder Wegovy. Diese Wirkstoffe werden häufig bei Übergewicht und Typ-2-Diabetes eingesetzt, weil sie den Appetit dämpfen und den Fettabbau fördern. Doch sie greifen tief in den Stoffwechsel ein – und genau hier sehen die Wissenschaftler eine mögliche Verbindung zu ihrer Analyse.
Denn die Medikamente helfen zwar, Körperfett zu reduzieren, führen aber oft auch zu Muskelverlust. Raji weist darauf hin, dass dieser Effekt langfristig die Gehirngesundheit beeinflussen könnte. Wer zwar Fett verliert, aber gleichzeitig Muskelmasse abbaut, könnte dem Gehirn schaden statt es zu schützen. Entscheidend sei daher, welche Art von Fett abgebaut wird und ob Muskeln erhalten bleiben.
„Fett zu verlieren – besonders viszerales Fett – und gleichzeitig Muskelmasse zu erhalten, bringt den größten Nutzen für die Gehirngesundheit,“ so Raji. Die Erkenntnisse könnten helfen, neue Medikamente zu entwickeln oder bestehende GLP-1-Therapien so anzupassen, dass sie gezielt viszerales Fett angreifen, ohne Muskelgewebe zu schwächen. Damit ließe sich der Stoffwechsel ganzheitlicher regulieren – zugunsten von Körper und Gehirn.
Kurz zusammengefasst:
- Menschen mit mehr Muskelmasse und weniger Bauchfett haben laut Forschern ein biologisch jünger wirkendes Gehirn.
- Besonders das viszerale Fett – also das Fett tief im Bauchraum – steht in Zusammenhang mit einer schnelleren Gehirnalterung, nicht aber das Fett unter der Haut.
- Regelmäßiges Krafttraining, eine eiweißreiche Ernährung und der Erhalt der Muskelmasse können helfen, das Gehirn länger fit und leistungsfähig zu halten.
Übrigens: Auch Ernährung beeinflusst, wie schnell das Gehirn altert. Schon wenige Wochen mit weniger Kalorien konnten bei Mäusen molekulare Alterungsprozesse im Gehirn verlangsamen – mehr dazu in unserem Artikel.
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