Intelligente Kinder leben länger – Forscher entdecken genetische Verbindung
Wer als Kind klüger ist, lebt statistisch länger. Eine große Genanalyse der University of Edinburgh belegt, dass gemeinsame Erbanlagen Denken und Altern beeinflussen.
Die Studie der University of Edinburgh zeigt, dass frühe Bildung und ein anregendes Umfeld die positiven genetischen Einflüsse auf Intelligenz und Lebensdauer zusätzlich verstärken können. © Pexels
Intelligenz und Lebensdauer hängen enger zusammen, als bisher angenommen. Kinder mit hoher geistiger Leistungsfähigkeit leben im Schnitt länger – und das nicht nur wegen Bildung oder Lebensstil, sondern auch wegen ihrer Gene. Das haben Forscher der University of Edinburgh herausgefunden. Ihre Studie zeigt: Kinder mit hoher Intelligenz besitzen genetische Anlagen für eine längere Lebensdauer, berechnet anhand der Erbanlagen ihrer Eltern.
Damit bestätigt sich ein Zusammenhang, den Beobachtungen schon länger vermuten ließen: Menschen, die früh kognitiv stark sind, haben später im Leben gesundheitliche Vorteile – unabhängig von Einkommen oder Beruf.
Gene beeinflussen Intelligenz und Lebensdauer zugleich
Das Forschungsteam analysierte genetische Daten von mehr als 400.000 Personen. Die Intelligenz wurde aus den Erbanlagen von 12.441 Kindern abgeleitet, während die Lebensdauer über die genetischen Informationen der Eltern von 389.166 Teilnehmenden bestimmt wurde. Eine genetische Korrelation von 0,35 zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen beiden Eigenschaften.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestimmte genetische Varianten sowohl die kognitive Leistungsfähigkeit als auch die Lebenserwartung beeinflussen“, erklärte Studienleiter Dr. W. David Hill. Rund 27 Prozent der Unterschiede in kindlicher Intelligenz und 29 Prozent der Unterschiede in der Lebensdauer gehen laut Berechnung auf genetische Faktoren zurück.
Wie Gene Körper und Gehirn zugleich stärken
Um die Verbindung zwischen Intelligenz und Lebensdauer zu verstehen, nutzten die Forscher das Modell der Pleiotropie. Dabei beeinflusst ein einzelnes Gen mehrere Eigenschaften zugleich. Ein mögliches Beispiel: Gene, die für eine stabile Gehirnstruktur sorgen, stärken auch den Körper.
Diese Annahme steht im Einklang mit der sogenannten Systemintegritätshypothese. Sie besagt, dass Menschen mit einer robusten genetischen Ausstattung sowohl geistig als auch körperlich widerstandsfähiger sind. Ein stabiles Nervensystem könnte also nicht nur die Lernfähigkeit erhöhen, sondern auch Krankheiten abwehren und das Leben verlängern.
Soziale Einflüsse wirken zusätzlich
Neben genetischen Einflüssen spielt die Umwelt weiterhin eine wichtige Rolle. Kinder mit hohen kognitiven Fähigkeiten erzielen häufiger gute Bildungsabschlüsse, leben gesünder und haben oft bessere wirtschaftliche Voraussetzungen. Diese Vorteile erhöhen ebenfalls die Lebenserwartung.
„Wir wollten herausfinden, wie stark Gene und Umwelt jeweils wirken“, sagt Hill. Auch wenn Bildung und soziale Lage berücksichtigt wurden, blieb ein signifikanter genetischer Anteil bestehen – ein Hinweis darauf, dass biologische Faktoren eine zentrale Rolle spielen.
Langzeitdaten belegen den Einfluss von Intelligenz auf die Lebensdauer
Die neue Studie baut auf früheren Langzeituntersuchungen auf. In 16 Studien mit über einer Million Teilnehmern zeigte sich: Kinder mit überdurchschnittlicher Intelligenz hatten ein um 24 Prozent geringeres Risiko, im Verlauf von 17 bis 69 Jahren zu sterben.
Die Untersuchung aus Edinburgh liefert erstmals den genetischen Unterbau dazu. Durch die Analyse kindlicher Intelligenz schlossen die Forscher einen wichtigen Störfaktor aus: Erwachsene mit schlechter Gesundheit erzielen oft geringere Testergebnisse, was frühere Studien verzerrt haben könnte.
Warum frühe Förderung mehr bewirken könnte
Wenn geistige Leistungsfähigkeit und Lebensdauer genetisch verknüpft sind, rückt die Bedeutung der frühen Förderung stärker in den Vordergrund. Zwar lassen sich Gene nicht verändern, doch Bildung und Umfeld können helfen, Potenziale zu entfalten.
Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Investitionen in kindliche Entwicklung langfristig auch die Gesundheit der gesamten Bevölkerung beeinflussen. Wer Zugang zu guter Bildung und stabilen Lebensbedingungen hat, profitiert womöglich doppelt – geistig und körperlich.
Noch ist unklar, welche Gene genau beteiligt sind. Die Studie beschreibt nur den durchschnittlichen genetischen Effekt über alle Chromosomen. Künftige Analysen sollen zeigen, welche biologischen Systeme hinter der Verbindung von Denken und Altern stehen.
Kurz zusammengefasst:
- Genetische Faktoren beeinflussen sowohl die Intelligenz im Kindesalter als auch die Lebensdauer – etwa ein Drittel der Unterschiede lässt sich dadurch erklären.
- Forscher der University of Edinburgh zeigen, dass Menschen mit stabiler genetischer Ausstattung geistig und körperlich widerstandsfähiger sind.
- Neben Genen spielen Umwelt und Bildung weiterhin eine Rolle, doch die genetische Verbindung bleibt ein entscheidender Faktor für ein langes Leben.
Übrigens: Intelligenz formt nicht nur den Geist, sondern auch das Gewissen. Eine britische Studie mit über 1.300 Teilnehmern zeigt, dass klügere Menschen moralische Überzeugungen seltener absolut vertreten – unabhängig davon, ob sie liberal oder konservativ sind. Mehr dazu in unserem Artikel.
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