Bislang galt es als unmöglich: Faith Kipyegon könnte als erste Frau die Meile unter vier Minuten laufen
Lange war die Vier-Minuten-Meile nur Männern vorbehalten. Faith Kipyegon könnte bald als erste Frau diese Grenze unterbieten.

Faith Kipyegon jubelt über ihren 1500-Meter-Sieg bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio. © Wikimedia
Am 6. Mai 1954 knackte Roger Bannister als erster Mensch weltweit die magische Vier-Minuten-Grenze – auf einer englischen Meile, also 1,6 Kilometern. Ein Weltrekord, der als Meilenstein der Sportgeschichte gilt. Bis heute ist es keiner Frau gelungen, dieses Limit zu unterbieten. Doch die kenianische Mittelstreckenläuferin Faith Kipyegon könnte den Rekord brechen und die Meile unter vier Minuten laufen.
Berechnungen der University of Colorado Boulder legen nahe, dass Kipyegon unter optimalen Bedingungen – mit perfekt abgestimmten Tempomachern und Windschattenlauf – die Meile in 3:59,37 Minuten schaffen könnte. Die Forscher analysierten Kipyegons Laufstil, ihren bisherigen Rekord über die Meile (4:07,06 Minuten) und berechneten, wie gezielte taktische Unterstützung ihre Geschwindigkeit steigern könnte.
Meile unter vier Minute laufen – Optimale Bedingungen nötig
Kipyegon ist längst eine der schnellsten Läuferinnen der Welt. Sie hält Weltrekorde über 1500 Meter, 5000 Meter und die Meile. Bei ihrem Rekordlauf 2023 in Monaco verpasste sie die Vier-Minuten-Marke um nur sieben Sekunden. Was fehlt, um diese entscheidende Hürde zu nehmen?
Entscheidend ist der Luftwiderstand. Sobald eine Läuferin eine bestimmte Geschwindigkeit erreicht, bremst die Luft sie aus. Der Körper muss permanent gegen diesen Widerstand ankämpfen. Laut der Studie kostet das etwa zehn Prozent ihrer Gesamtenergie. Doch hier setzt eine bewährte Technik aus dem Radsport an: das Drafting, also Windschattenlaufen.
Warum Windschattenlaufen entscheidend ist
Beim Drafting nutzt eine Läuferin die Luftströmung der Person vor ihr. Diese „räumt“ die Luft aus dem Weg, reduziert den Widerstand und spart der nachfolgenden Läuferin Energie. Kipyegon könnte damit bis zu 75 Prozent ihres Luftwiderstands abbauen – das wäre ein enormer Vorteil.
Das Problem: Bei ihrem Weltrekordlauf 2023 liefen ihre Tempomacher zu schnell los, verloren den Anschluss und ließen sie im entscheidenden Moment allein. Dadurch musste Kipyegon auf den letzten Metern gegen den vollen Luftwiderstand kämpfen. Mit einer besseren Tempotaktik und abgestimmten Pacemakern könnte sie die Vier-Minuten-Grenze durchbrechen – darauf deuten die Analysen hin.
Perfektes Timing: Die Rolle der Tempomacher
Die Berechnungen der Forscher sind klar: Kipyegon müsste in den ersten 800 Metern von zwei Tempomachern unterstützt werden – einer vor ihr, einer direkt hinter ihr. Nach der Hälfte des Rennens würden frische Pacemaker übernehmen und sie weiter im Windschatten halten. Dieses präzise abgestimmte Zusammenspiel könnte den entscheidenden Unterschied machen.
Dass solche Strategien funktionieren, hat die Vergangenheit bereits gezeigt. Am 6. Mai 1954 lief Roger Bannister auf der Laufbahn der Universität Oxford als erster Mensch die Meile unter vier Minuten. „Es war das läuferische Äquivalent zur erstmaligen Besteigung des Mount Everest“, sagt Professor Rodger Kram über den Rekord. Nun könnte Kipyegon eine neue Ära einläuten. Doch es braucht eine perfekte Renntaktik – und vielleicht ein speziell inszeniertes Rennen, ähnlich dem „Breaking2“-Projekt von Nike, das 2019 Eliud Kipchoge half, den Marathon unter zwei Stunden zu laufen.

Was Kipchoge mit Kipyegons Mission zu tun hat
Kipchoge bewies, dass körperliche Grenzen oft nur taktische Hürden sind. Sein Erfolg war kein Zufall: 41 Tempomacher begleiteten ihn, wechselten sich ab, hielten ihn auf Kurs. Eine ähnliche Strategie könnte auch für Kipyegon funktionieren.
Der Unterschied? Kipchoges Rennen war nicht offiziell anerkannt, weil es unter speziellen Bedingungen stattfand. Dasselbe würde wohl auch für Kipyegon gelten. Doch ob offiziell oder nicht – wenn sie die Vier-Minuten-Grenze knackt, wäre das ein historischer Moment für den Frauen-Leichtathletik.
Kurz zusammengefasst:
- Faith Kipyegon könnte als erste Frau die Meile unter vier Minuten laufen, wenn sie optimale Bedingungen erhält – Berechnungen legen eine mögliche Zeit von 3:59,37 Minuten nahe.
- Entscheidend ist der Luftwiderstand, der mit der richtigen Tempomacher-Strategie um bis zu 75 Prozent reduziert werden kann, was Kipyegon Energie spart und ihr höhere Geschwindigkeiten ermöglicht.
- Vergleichbare Taktiken führten bereits zum Erfolg, wie beim „Breaking2“-Projekt von Eliud Kipchoge, dessen Marathonrekord unter speziellen Bedingungen möglich wurde.
Bild: © Erik van Leeuwen via Wikimedia unter GNU Free Documentation License