Wir Menschen verdanken unsere Sprache wohl einer einzigen Genmutation – und Forscher haben entdeckt, welche das ist

Forscher entdecken eine Genmutation, die nur moderne Menschen besitzen und entscheidend für die Entwicklung der Sprache gewesen sein könnte.

Wissenschaftler haben Mäusen die menschliche Version des NOVA1-Gens eingepflanzt, woraufhin sich ihre Kommunikation veränderte – einen ähnlichen Effekt könnte diese Mutation auch beim Menschen gehabt haben. © Vecteezy

Wissenschaftler haben Mäusen die menschliche Version des NOVA1-Gens eingepflanzt, woraufhin sich ihre Kommunikation veränderte – einen ähnlichen Effekt könnte diese Mutation auch beim Menschen gehabt haben. © Vecteezy

Ein einzelnes Gen könnte eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben, dass Menschen Sprache entwickelt haben: In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler herausgefunden, dass eine spezifische genetische Veränderung im Gen NOVA1 möglicherweise zu den komplexen sprachlichen Fähigkeiten des Menschen beigetragen hat. 

Das Team untersuchte die Unterschiede zwischen modernen Menschen, Neandertalern und Denisova-Menschen. Dabei fiel eine Mutation in NOVA1 auf, die nur in modernen Menschen vorkommt. Diese Veränderung könnte dazu beigetragen haben, dass sich die neuronalen Netzwerke für Sprache und Kommunikation anders entwickelten als bei seinen ausgestorbenen Verwandten.

Genmutation verändert Lautäußerungen

Um die Auswirkungen der Mutation zu erforschen, erzeugten die Wissenschaftler genetisch veränderte Mäuse, denen die menschliche Version des NOVA1-Gens eingepflanzt wurde. Anschließend analysierten sie das Verhalten und die genetischen Prozesse im Gehirn dieser Mäuse. 

Besonders auffällig war, dass die Tiere veränderte Lautäußerungen zeigten: Die Struktur ihrer Rufe unterschied sich von denen gewöhnlicher Mäuse. Dies deutet auf eine direkte Verbindung zwischen der Mutation und der Fähigkeit zur Kommunikation hin.

Der Studie zufolge wiesen die modifizierten Mäuse eine leicht veränderte neuronale Aktivität in Bereichen des Gehirns auf, die für Sprache und Kommunikation wichtig sind. Diese Anpassung könnte in der Evolution des Menschen dazu geführt haben, dass die Fähigkeit zur gesprochenen Sprache entstand.

Evolutionäre Vorteile durch NOVA1?

Die genetische Analyse ergab, dass die Mutation in NOVA1 bei fast allen modernen Menschen vorhanden ist. Das deutet darauf hin, dass diese Veränderung schon früh in der Evolution auftrat und wahrscheinlich selektive Vorteile bot. Die Studie verglich das Gen mit anderen genetischen Veränderungen, die für menschliche Fähigkeiten wie abstraktes Denken und soziale Interaktion entscheidend sein könnten.

Laut den Forschern zeigt das Experiment, dass genetische Veränderungen bereits kleine Unterschiede im Verhalten und in der Kommunikation verursachen können. Das unterstreicht die These, dass Mutationen in wenigen Schlüsselgenen die Entwicklung der Sprache ermöglicht haben könnten.

Parallelen zu anderen Sprachgenen

Ein weiteres wichtiges Gen, das in der Sprachforschung eine Rolle spielt, ist FOXP2. Studien haben bereits gezeigt, dass Mutationen in FOXP2 bei Menschen zu schweren Sprachstörungen führen können. Dennoch konnten Forscher bisher keine direkte Verbindung zwischen FOXP2 und der Entstehung der menschlichen Sprache nachweisen.

Im Gegensatz dazu könnte NOVA1 eine wichtigere Rolle gespielt haben, da es direkt mit neuronalen Prozessen in Verbindung steht, die für die Kontrolle und Koordination von Lautäußerungen verantwortlich sind. Die Autoren der Studie erklären, dass die Mutation in NOVA1 tief in die neuronale Entwicklung von Säugetieren eingreift.

Auswirkungen auf die Sprachforschung

Die Ergebnisse dieser Studie bieten neue Perspektiven für die Erforschung der menschlichen Sprachentwicklung. Während bisherige Arbeiten sich auf anatomische Veränderungen des Kehlkopfs und der Atmung konzentrierten, zeigt die Forschung an NOVA1, dass genetische Faktoren möglicherweise eine größere Rolle gespielt haben, als bisher angenommen.

Laut den Wissenschaftlern könnten ähnliche genetische Mechanismen auch für andere kognitive Fähigkeiten des Menschen verantwortlich sein. Zukünftige Forschung soll sich mit der Frage beschäftigen, ob das veränderte NOVA1-Gen auch bei anderen Tieren zu komplexeren Kommunikationsmustern führt.

Diese Erkenntnisse könnten nicht nur unser Verständnis der Evolution der Sprache vertiefen, sondern auch neue Ansätze für die Behandlung von Sprachstörungen liefern. Die Forscher planen, in künftigen Experimenten gezielt zu untersuchen, wie diese Genmutation die neuronale Vernetzung beeinflusst und ob sie auch in menschlichen Gehirnzellen ähnliche Effekte zeigt.

Kurz zusammengefasst:

  • Das Gen NOVA1 könnte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Sprache des Menschen gespielt haben, da eine die neuronalen Netzwerke für Kommunikation beeinflussende, spezifische Mutation nur bei modernen Menschen vorkommt. 
  • Wissenschaftler haben diese Mutation in Mäusen nachgebildet und festgestellt, dass sich deren Lautäußerungen veränderten, was auf eine direkte Verbindung zwischen Genetik und Sprachfähigkeit hinweist. 
  • Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass genetische Veränderungen wie diese möglicherweise eine Schlüsselrolle in der Evolution der Sprache und der kognitiven Entwicklung des Menschen gespielt haben.

Bild: © Vecteezy

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert