Der unscheinbare Held: Wie ein Frosch das Ökosystem eines Nationalparks rettet
Die Seen der High Sierra waren fast zerstört. Jetzt kehrt der Gelbbeinfrosch zurück – und mit ihm ein ganzes Ökosystem.
Die Seen der High Sierra im Yosemite-Nationalpark gehören zu den beeindruckendsten Landschaften Kaliforniens. Kristallklares Wasser, umgeben von majestätischen Bergen, zieht Wanderer und Naturfreunde aus aller Welt an. Doch unter der Oberfläche dieser idyllischen Gewässer spielte sich über Jahrzehnte ein dramatisches ökologisches Ungleichgewicht ab. Ein unscheinbarer Bewohner, der Gelbbeinfrosch (Rana sierrae), verschwand nahezu vollständig. Die Ursache? Eingesetzte Fische und ein tödlicher Pilz. Heute jedoch gibt es Hoffnung: Biologen konnten den Frosch retten – und mit ihm ein ganzes Ökosystem.
Ein ökologisches Ungleichgewicht entsteht
Seit mehr als 100 Jahren wurden die Seen der High Sierra jedes Jahr mit nicht einheimischen Fischen besetzt. Die Idee dahinter war, Anglern in der abgelegenen Bergwelt ein Ziel zu bieten. Diese Fische, darunter Forellen und Lachse, fraßen jedoch die Kaulquappen der Gelbbeinfrösche, die vorher in großer Zahl in den Seen lebten. Diese Frösche, die zu den wichtigsten einheimischen Amphibien der Region gehören, verschwanden fast vollständig.
Doch nicht nur die Fische wurden für den Rückgang verantwortlich gemacht. In den 1990er-Jahren entdeckten Forscher den Chytridpilz, einen tödlichen Krankheitserreger, der Frösche weltweit dezimiert. „Es war ein doppelter Schlag, der die Art fast auslöschte“, erklärte Roland Knapp, Biologe der University of California, Santa Barbara, laut USA Today. Der Verlust der Frösche brachte das gesamte Ökosystem der Seen durcheinander.
Evolution bringt Hoffnung
Die Wende kam, als Knapp und sein Team die wenigen fischfreien Seen der High Sierra untersuchten. Sie fanden Frösche, die gegen den tödlichen Pilz resistent waren. Das lag an der genetischen Vielfalt, die in diesen wenigen Seen erhalten geblieben war. Über Jahre hinweg züchteten die Forscher widerstandsfähige Frösche und begannen, sie in ausgewählte Seen zurückzubringen.
Die Seen sind wieder lebendig.
Roland Knapp
Das Resultat ist erstaunlich: Heute können an den Ufern wieder Hunderte Frösche beobachtet werden, während Tausende Kaulquappen im Wasser schwimmen. Diese Wiederansiedlung brachte nicht nur die Frösche zurück, sondern auch viele Tierarten, die von ihnen abhängig sind, wie Vögel und Schlangen.
Wie alles begann: Goldrausch und Fischbesatz
Die Probleme für die Gelbbeinfrösche begannen bereits im 19. Jahrhundert. Während des Kalifornischen Goldrauschs brachten Bergleute Fische in die bis dahin fischfreien Seen, um ihre Nahrung zu sichern. Diese Praxis setzte sich über Jahrzehnte fort, bis schließlich Flugzeuge genutzt wurden, um Fische selbst in entlegene Seen zu transportieren.
Die Gelbbeinfrösche verschwanden in den meisten Gewässern. Erst in den 1990er-Jahren beendeten die Nationalparks diese Praxis. Trotzdem blieben viele Seen weiterhin von den Fischen dominiert, da diese sich selbst vermehrten.
Erfolg mit einfachen Mitteln
Seit 2006 arbeiten Biologen und Naturschutzorganisationen daran, die Seen von Fischen zu befreien und die Frösche wiederanzusiedeln. Mit einfachen Mitteln, wie dem Transport der Tiere in durchlöcherten Ziploc-Beuteln, konnten die Forscher beeindruckende Erfolge erzielen.
Eine Besonderheit der Gelbbeinfrösche ist, dass sie nicht wie viele andere Frösche durch Rufe auf sich aufmerksam machen. Stattdessen erzeugen sie unter Wasser Geräusche, indem sie ihre Zähne aneinanderreiben. „Es klingt wie eine nasse Hand auf einem Ballon“, beschreibt Knapp diesen außergewöhnlichen Klang.
Was du dir merken solltest:
- Der Gelbbeinfrosch der High Sierra war fast ausgestorben, weil invasive Fische seine Kaulquappen fraßen und ein tödlicher Pilz die verbleibenden Populationen dezimierte.
- Biologen entdeckten, dass einige Frösche eine Resistenz gegen den Pilz entwickelt hatten, und züchteten diese widerstandsfähigen Tiere, um sie in fischfreie Seen zurückzubringen.
- Dank gezielter Maßnahmen kehrt der Gelbbeinfrosch zurück, belebt die Ökosysteme der Seen und sichert die Nahrungskette für viele Tierarten.
Übrigens: In 2.500 Metern Tiefe haben Forscherinnen bisher unbekannte Tierarten entdeckt und ein verborgenes Ökosystem der Tiefsee aufgedeckt. Worum es sich dabei handelt, erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Devin Edmonds, USGS via Wikimedia unter public domain