Attraktivität und Immunsystem: Schönheit hat mehr mit Gesundheit zu tun, als wir denken
Attraktivität und Immunsystem hängen zusammen: Ein starkes Immunsystem lässt Menschen nicht nur gesünder, sondern auch ansprechender wirken.
Warum empfinden wir manche Menschen als anziehender als andere? Eine aktuelle Studie im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences liefert eine überraschende Erklärung: Es könnte an der Stärke ihres Immunsystems liegen. Attraktivität, so die Forscher, scheint eng mit der Fähigkeit des Körpers verbunden zu sein, Krankheiten abzuwehren. Menschen mit einem stabilen Immunsystem werden nicht nur als gesünder, sondern auch attraktiver wahrgenommen.
Doch was genau macht einen Menschen schön? Die Studie beschäftigt sich mit der Frage, wie biologische Prozesse unsere Wahrnehmung beeinflussen – nämlich weit mehr, als uns bewusst ist.
Wie das Immunsystem die Attraktivität beeinflusst
In der Untersuchung bewerteten 492 Teilnehmer die Gesichter von 159 Männern und Frauen, die zuvor porträtiert wurden – ohne Make-up, Schmuck oder andere ablenkende Faktoren. Parallel dazu analysierten die Wissenschaftler das Immunsystem der abgebildeten Personen anhand verschiedener Tests, darunter die Aktivität von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), die bakterielle Abwehrfähigkeit und Entzündungsmarker.
Das Ergebnis: Menschen mit stärkeren bakteriellen Abwehrmechanismen erhielten durchweg höhere Attraktivitätsbewertungen. Besonders bemerkenswert war, dass diese Verbindung zwischen Immunsystem und Attraktivität bei Frauen und Männern unterschiedlich ausgeprägt ist.
Geschlechterunterschiede: Was Frauen und Männer attraktiv macht
Bei Männern wurde die Attraktivität durch eine hohe Aktivität der NK-Zellen gesteigert. Diese Immunzellen greifen virusinfizierte und tumorartige Zellen an, was sie zu einem wichtigen Bestandteil der körpereigenen Abwehr macht. Frauen bevorzugten offenbar Männer mit stark ausgeprägten NK-Zellen, die ein Hinweis auf gute genetische Voraussetzungen sein könnten.
Bei Frauen war das Bild anders. Frauen mit geringerer NK-Zell-Aktivität, aber einer starken bakteriellen Abwehr galten als attraktiver. Die Forscher vermuten, dass dies mit der Fruchtbarkeit zusammenhängt, da eine hohe NK-Zell-Aktivität bei Frauen mit einem niedrigeren Östrogenspiegel und geringerer Fruchtbarkeit assoziiert wird.
Schönheit als Zeichen von Gesundheit
Die Wissenschaft zeigt immer wieder, dass Attraktivität mehr ist als nur ästhetisches Gefallen. Früheren Studien zufolge hängen besonders bei Männern hohe Testosteronspiegel und niedrige Stresshormonwerte eng mit einem starken Immunsystem zusammen – und lassen sie attraktiver wirken. Testosteron fördert die Immunabwehr, während Stresshormone diese schwächen können. Ein gesundes Gleichgewicht dieser Hormone könnte also nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Partnerwahl beeinflussen.
Laut den Forschern könnte Attraktivität auch ein Hinweis auf genetische Gesundheit und die Fähigkeit zur Fortpflanzung sein. Ein Beispiel dafür ist die langsamere Vermehrung von Staphylococcus aureus in den Blutproben attraktiver Menschen – ein deutlicher Vorteil bei der Abwehr bakterieller Infektionen.
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Auch der Geruch spielt eine zentrale Rolle. Eine Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Manfred Milinski, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts, zeigte, dass die menschliche Nase das Immunsystem eines potenziellen Partners am Körpergeruch erkennen kann. Das Immunsystem „duftet“ also – und beeinflusst unbewusst, wen wir attraktiv finden.
Partnerwahl: Evolutionsbiologie im Alltag
Die Forschungsergebnisse geben interessante Hinweise auf die Mechanismen der Partnerwahl. Attraktivität könnte aus evolutionärer Sicht ein wichtiger Indikator für die Gesundheit und Immunstärke eines potenziellen Partners sein. Besonders spannend: Die bakterielle Abwehrfähigkeit hatte in der Studie einen stärkeren Einfluss auf die Attraktivitätsbewertungen als akute Entzündungsmarker. Das legt nahe, dass die langfristige Immunfunktion für die Partnerwahl entscheidender ist als kurzfristige Krankheitsanzeichen.
Was du dir merken solltest:
- Attraktivität und Immunsystem sind eng verbunden: Menschen mit einem starken Immunsystem werden von anderen als attraktiver wahrgenommen.
- Geschlechterunterschiede spielen eine Rolle: Bei Männern steigert eine hohe NK-Zell-Aktivität die Attraktivität, während bei Frauen eine starke bakterielle Abwehr positiv wirkt.
- Langfristige Gesundheit zählt: Attraktivität wird eher durch die allgemeine Immunstärke als durch akute Krankheitsanzeichen beeinflusst.
Übrigens: Schönheitsideale und gesellschaftlicher Druck stehen zunehmend im Fokus der Kritik. Warum immer mehr Frauen sich bewusst von diesen Normen lösen, erfährst du in unserem Artikel.
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