Süßer Mythos entlarvt: Viel Zucker weckt nicht das Verlangen nach mehr
Laut einer neuen Studie aus den Niederlanden lässt eine süße Ernährung nicht das Verlangen nach Zucker wachsen.

Der Glaube, dass eine zuckerreiche Ernährung das Verlangen nach mehr Zucker steigert, ist weit verbreitet. Eine neue Studie widerspricht dieser Annahme nun. © Pexels
Der weitverbreitete Glaube, dass ein hoher Konsum süßer Lebensmittel das Verlangen nach Süßem verstärkt, gerät ins Wanken: Eine sechsmonatige Studie mit 180 Teilnehmern hat ergeben, dass die persönliche Vorliebe für süßen Geschmack konstant bleibt – egal, wie viel Zucker in der täglichen Ernährung enthalten ist.
Frühere Studien griffen oft viel zu kurz
Die Untersuchung folgte einem strengen Studiendesign:
- Drei Gruppen erhielten über ein halbes Jahr hinweg unterschiedliche Essenspakete: süß, weniger süß oder gemischt.
- Die Lebensmittel deckten etwa die Hälfte des täglichen Speiseplans ab.
- Ziel war es, herausfinden, ob eine hohe oder niedrige Zuckerzufuhr den Geschmack langfristig beeinflusst.
Während viele frühere Studien nur über 24 Stunden liefen, erstreckte sich dieser Versuch über ein halbes Jahr plus zwei Nachbeobachtungen nach einem und vier Monaten. Laut Kees de Graaf, Studienleiter und emeritierter Professor für Sensorik und Essverhalten an der Wageningen University in den Niederlanden, war genau das ein zentrales Ziel:
Die meisten Studien, die den Einfluss wiederholter Exposition gegenüber süßem Geschmack auf die Vorliebe für Süßes untersuchen, waren kurzfristig und dauerten höchstens einen Tag.
Kees de Graaf
Die Kategorisierung der Lebensmittel basierte auf Daten einer früheren Studie, die rund 500 häufig konsumierte Produkte aus den Niederlanden untersuchte. Schokoriegel, gezuckerte Milchprodukte und Limonade galten zum Beispiel als süß. Nicht-süße Alternativen waren Käse, Hummus, gesalzenes Popcorn und Sprudelwasser.
Vor Beginn der Diät, währenddessen und auch danach wurde gemessen, wie stark die Teilnehmer süße Geschmäcker bevorzugen. Dabei kamen speziell für die Studie entwickelte Testnahrungsmittel und Getränke zum Einsatz. Diese waren nicht in den Essenspaketen enthalten. Werte zu Energieaufnahme, Gewicht, Körperfett sowie Blutwerte wie Glukose, Insulin und Cholesterin wurden ebenfalls erhoben.
Zucker allein verändert weder Appetit noch Gewicht
Auch wenn viele Menschen glauben, dass süße Lebensmittel zu einer höheren Energieaufnahme führen, zeigte unsere Studie, dass allein der süße Geschmack nicht dafür verantwortlich ist, zu viele Kalorien aufzunehmen.
Kees de Graaf
Die Teilnehmer konnten selbst entscheiden, wie viel sie von den gelieferten Lebensmitteln essen. Trotzdem blieben Kalorienzufuhr und Körpergewicht über alle Gruppen hinweg stabil – ebenso wie die Vorliebe für Zucker.
Die Ergebnisse wurden im Rahmen der Jahrestagung der American Society for Nutrition 2025 erstmals vorgestellt und sind in der Fachzeitschrift Current Developments in Nutrition erschienen.

Ernährung im Alltag realitätsnah getestet
Die Studienleitung legte besonderen Wert auf Praxisnähe: Die angebotenen Lebensmittel orientierten sich an dem, was Menschen in den Niederlanden üblicherweise konsumieren. Dabei achteten die Forscher auch darauf, dass die Zusammensetzung von Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten in den Gruppen vergleichbar blieb. Alter, Geschlecht und Ausgangsgewicht wurden bei der Gruppeneinteilung ebenfalls berücksichtigt.
Dies ist eine der ersten Studien, die den Süßegrad der gesamten Ernährung im realistischen Rahmen tatsächlicher Essgewohnheiten misst und anpasst.
Kees de Graaf
Die Daten könnten dazu beitragen, weitverbreitete Empfehlungen zur Zuckerreduktion neu zu bewerten – zumindest mit Hinblick auf den Geschmack.
Als Nächstes plant das Team um de Graaf, die Studie mit Kindern zu wiederholen. Bei ihnen könnten sich Vorlieben für bestimmte Geschmäcker noch stärker formen lassen. Eine Studie aus Deutschland widmete sich derweil einem Phänomen, das als „Dessertmagen“ bekannt ist.
Kurz zusammengefasst:
- Eine sechsmonatige Studie mit 180 Erwachsenen zeigte, dass der regelmäßige Verzehr süßer Lebensmittel die persönliche Vorliebe für süßen Geschmack nicht verändert.
- Weder Gewicht, Appetit noch Blutwerte wie Glukose oder Cholesterin wurden durch mehr oder weniger Zucker beeinflusst.
- Die Ergebnisse widerlegen die verbreitete Annahme, dass häufiger Konsum von Zucker das Verlangen nach Süßem langfristig steigert.
Übrigens: Nicht jede Zuckerquelle schadet dem Herzen gleich. Während süße Getränke das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich erhöhen, kann gelegentliches Naschen sogar schützen – mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels
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