Wissenschaftliches Denken fördern: So viel Einfluss haben Eltern auf ihre Kinder

Wie früh Kinder wissenschaftliches Denken lernen, hängt zu einem großen Maß von ihren Eltern ab. Zu diesem Ergebnis kam eine neue Studie.

wissenschaftliches Denken Kinder

Die Schule allein reicht nicht aus, um das wissenschaftliche Denken von Kindern zu fördern. Die Eltern müssen es ihnen auch zuhause vorleben. © Vecteezy

Ob und wie früh Kinder wissenschaftliches Denken erlernen, hängt nicht nur vom Schulunterricht, sondern auch von den Eltern ab. Dies belegt eine neue Studie, die die langfristigen Auswirkungen der epistemologischen Überzeugungen der Eltern auf die wissenschaftlichen Fähigkeiten ihrer Kinder untersucht hat.

Im Rahmen einer fünfjährigen Studie, die im Frühjahr 2016 begann, hat Christopher Osterhaus – Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie an der Universität Vechta – 161 Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren beobachtet. Die Kinder wurden jährlich auf ihre wissenschaftlichen Fähigkeiten getestet, wobei ihre Fähigkeiten im Experimentieren, der Dateninterpretation und ihr Verständnis der Wissenschaft bewertet wurden. Zusätzlich wurden ihre sprachlichen Fähigkeiten und ihre Intelligenz überprüft. Die Eltern der Kinder, insgesamt 122, füllten Fragebögen zu ihren soziodemografischen Daten und ihren epistemologischen Überzeugungen aus.

Übrigens: Die Epistemologie beschäftigt sich als ein Teilgebiet der Philosophie mit der Frage, welche Bedingungen Wissen erfüllen muss, um als begründet zu gelten.

Die Studie fand in Deutschland statt und umfasste 85 Familien aus einer Universitätsstadt in Süddeutschland sowie 76 Familien aus einer ländlichen Gegend. Diese Aufteilung sollte sicherstellen, dass die Stichprobe vielfältig und repräsentativ ist.

Einfluss der elterlichen Überzeugungen auf das Denken der Kinder

Die Ergebnisse zeigten, dass die epistemologischen Überzeugungen der Eltern einen signifikanten Einfluss auf die wissenschaftlichen Fähigkeiten ihrer Kinder hatten. Dieser Einfluss war unabhängig vom Bildungsniveau der Eltern und den allgemeinen kognitiven Fähigkeiten der Kinder. „Ein reifes epistemologisches Verständnis wurde von Wissenschaftspädagogen lange als Schlüsselfaktor für erfolgreiches Lernen und effektiven Unterricht anerkannt“, erklärt Osterhaus und zitiert dazu das „Handbook of Research on Science Education“ von Norman G. und Judith S. Lederman.

Eltern, die die interpretative Natur der Wissenschaft und die Vorläufigkeit des Wissens besser verstanden, hatten Kinder, die in wissenschaftlichen Aufgaben besser abschnitten. Diese Kinder zeigten bereits im Kindergartenalter ein besseres wissenschaftliches Verständnis und behielten diesen Vorsprung während ihrer gesamten Grundschulzeit.

Auswirkungen sehr spezifisch

Interessanterweise beeinflussten die epistemologischen Überzeugungen der Eltern nur die wissenschaftlichen Fähigkeiten ihrer Kinder und nicht deren Lesefähigkeiten. Dies deutet darauf hin, dass die elterlichen Überzeugungen spezifisch für das wissenschaftliche Denken sind und nicht auf allgemeine familiäre Einflüsse zurückzuführen sind.

Osterhaus folgt Deanna Kuhns Definition von wissenschaftlichem Denken als ein „absichtliches Wissensstreben“, welches eine Reihe von Fähigkeiten wie das Erkennen schlüssiger Experimente und das Interpretieren einfacher Datenmuster umfasst.

Welchen Einfluss haben Bildung und der sozioökonomische Status?

Die Studie berücksichtigte auch den sozioökonomischen Status der Familien, gemessen mit dem International Socio-Economic Index of Occupational Status (ISEI). Eltern aus der Stadt hatten tendenziell höhere Bildungsabschlüsse und einen höheren sozioökonomischen Status als Eltern aus ländlichen Gebieten. Diese Unterschiede hatten jedoch keinen Einfluss auf die Hauptergebnisse der Studie.

Wie können Eltern ihre Kinder fördern?

Um das wissenschaftliche Denken von Kindern zu fördern, reicht Schulunterricht allein nicht aus: Es muss ihnen auch zuhause vorgelebt werden. Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, als Elternteil zuerst das eigene wissenschaftliche Denken zu fördern, bevor man es an seine Kinder weitergeben kann. Dazu gehört unter anderem, zu akzeptieren, dass sich Wissen mit der Zeit ändern kann und daher nur vorläufig ist.

Der Weg zur Erkenntnis ist mindestens genauso wichtig wie die Erkenntnis selbst, wenn nicht sogar wichtiger. Es gibt also kaum eine schlechtere Antwort auf die Frage eines Kindes, als zu sagen: „Weil es nun mal so ist.“

Was du dir merken solltest:

  • Eltern mit fortgeschrittenen epistemologischen Überzeugungen haben Kinder, die in wissenschaftlichen Aufgaben besser abschneiden.
  • Dieser Einfluss ist spezifisch für das wissenschaftliche Denken der Kinder und unabhängig vom Bildungsniveau der Eltern.
  • Die Studie zeigt, dass familiäre epistemologische Überzeugungen eine zentrale Rolle spielen, wie Kinder wissenschaftliches Denken entwickeln.

Bild: © Vecteezy

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