Wie „visuelle Unordnung“ uns beim Denken ausbremst
„Visuelle Unordnung“ beeinträchtigt die Verarbeitung im Gehirn und stört den Informationsfluss.
Ob auf dem Handybildschirm, in einem Buch oder beim Gespräch mit Freunden – unser Fokus ist selten allein. Ständig drängen sich zusätzliche visuelle Reize in unser Blickfeld und beanspruchen unsere Aufmerksamkeit. Forscher der Yale University haben jetzt genauer untersucht, wie unser Gehirn auf diese „visuelle Unordnung“ reagiert und wie verschiedene Störquellen unseren Denkprozess beeinflussen.
Studie zeigt: Visuelle Ablenkungen stören den Informationsfluss
In ihrer Studie haben die Yale-Forscher herausgefunden, dass die Position visueller Ablenkungen eine große Rolle spielt. Sie experimentierten dazu mit Makaken (Primaten), deren visuelle Systeme dem menschlichen sehr ähnlich sind. Die Tiere mussten auf einen Bildschirm blicken, während ihnen visuelle Reize aus verschiedenen Bereichen ihres Blickfeldes präsentiert wurden. Dabei wurde die neuronale Aktivität im primären visuellen Kortex – dem Hauptzentrum für visuelle Verarbeitung – aufgezeichnet. Die Ergebnisse zeigten, dass bestimmte Reize die Informationsverarbeitung stärker stören als andere und die Effizienz des neuronalen Informationsflusses beeinträchtigen können.
Anirvan Nandy, einer der leitenden Forscher, erklärt laut YaleNews:
Visuelle Unordnung in bestimmten Bereichen des Gesichtsfeldes beeinflusst die Weiterleitung der Informationen in bestimmten Schichten des visuellen Kortex stärker.
Das Gehirn lässt sich durch Ablenkungen im peripheren Sichtfeld stören und verarbeitet wichtige Informationen dadurch langsamer und weniger präzise.
Visuelle „Überlagerungen“ verlangsamen die Reaktion
Die Wissenschaftler um Monika Jadi, ebenfalls Co-Autorin der Studie, vergleichen den Effekt der Unordnung im Gehirn mit einem „Kettenanruf“. In einem Kettenanruf ruft eine Person die nächste an, um eine Nachricht weiterzugeben, und so geht es der Reihe nach weiter. Im Gehirn verändern Ablenkungen die Qualität dieses Informationsflusses – die Reihenfolge bleibt zwar gleich, doch die Übertragung wird schwächer und langsamer.
Spannend ist auch, dass die Forscher eine neue Eigenschaft des visuellen Kortex entdeckten: Innerhalb dieses Bereichs arbeiten einzelne Untereinheiten, die Informationen eigenständig verarbeiten und nur einen Teil davon weiterleiten. Diese Struktur ermöglicht es dem Gehirn, visuelle Reize gezielt zu filtern und nur die relevanten Informationen für die nächste Stufe der Verarbeitung weiterzugeben. Laut Nandy schließt diese Entdeckung eine Wissenslücke und zeigt, dass der visuelle Kortex differenzierter arbeitet, als bisher angenommen.
Mehr Fokus durch das Filtern von Störquellen
Die Studie beleuchtet ebenfalls, wie visuelle Ablenkungen die Wahrnehmung beeinflussen. Die Forscher untersuchten dabei, wie das Gehirn lernt, in einem „visuellen Chaos“ den Fokus zu behalten und Aufmerksamkeit gezielt zu lenken. Ein Beispiel aus dem Alltag: Beim Autofahren liegt der Blick vielleicht auf dem vorausfahrenden Fahrzeug, die Aufmerksamkeit ist aber bei einem Auto im Nachbarstreifen, das plötzlich die Spur wechseln könnte. Obwohl das Auto außerhalb des direkten Blickfelds liegt, nimmt das Gehirn die wichtigen Informationen wahr und kann auf die Situation reagieren.
Was du dir merken solltest:
- Visuelle Unordnung beeinträchtigt den Informationsfluss im Gehirn, indem sie die Verarbeitungsgeschwindigkeit und -präzision verringert, besonders bei peripheren Reizen.
- Forscher der Yale University stellten fest, dass die Position und Stärke visueller Ablenkungen die neuronale Aktivität im visuellen Kortex unterschiedlich beeinflussen und so den Fokus stören.
- Die Studie zeigt, dass das Gehirn durch spezialisierte Untereinheiten im visuellen Kortex gezielt Informationen filtert, um trotz Störquellen relevante Details wahrzunehmen.
Bild: © Vecteezy