Hohe Belohnung, schlechte Leistung – Warum versagen wir oft unter Druck?

Hohe Belohnungen können unser Versagen unter Druck auslösen. Neuronale Prozesse im Gehirn spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Wenn zu viel auf dem Spiel steht, versagen wir oft. Wissenschaftler sind der Ursache dafür auf der Spur.

Wenn zu viel auf dem Spiel steht, versagen wir oft. Wissenschaftler sind der Ursache dafür auf der Spur. © Wikimedia

Eine aktuelle Studie untersucht, warum Menschen unter Druck oft versagen. Besonders wenn hohe Belohnungen oder Anreize im Spiel sind, scheint unser Gehirn uns einen Streich zu spielen. Die Ergebnisse dieser Forschung geben Aufschluss darüber, welche neuronalen Prozesse dafür verantwortlich sein könnten, dass wir in entscheidenden Momenten versagen.

Das Forschungsteam beobachtete Rhesusaffen während einer Greifaufgabe, bei der sie unter extremen Anreizen schlechter abschnitten als bei normalen Belohnungen. Eine elektrophysiologische Untersuchung zeigte, dass die neuronale Aktivität im motorischen Kortex, dem Bereich des Gehirns, der für die Bewegungsvorbereitung zuständig ist, bei hohen Belohnungen abnahm. Diese Abnahme der Aktivität könnte erklären, warum die Affen in Situationen mit hoher Belohnung unterdurchschnittliche Leistungen erbrachten.

Neuronale Signale nehmen bei hohen Belohnungen deutlich ab

Die Forscher verwendeten implantierte Elektroden, um die Gehirnaktivität der Affen zu messen. Dabei konzentrierten sie sich auf den motorischen Kortex, der für die Steuerung der Bewegungen verantwortlich ist. Die Analyse zeigte, dass bei besonders großen „Jackpot“-Belohnungen die neuronalen Signale in diesem Bereich zurückgingen. Normalerweise bereitet das Gehirn bei motorischen Aufgaben eine Bewegung vor, indem es die notwendigen Berechnungen durchführt – ähnlich wie beim Zielen mit Pfeil und Bogen. Wenn diese neuronale Aktivität jedoch abnimmt, ist die Bewegungsvorbereitung gestört und die Leistung sinkt.

Die im Fachjournal Neuron veröffentlichte Studie zeigt, dass das Gehirn offenbar eine Grenze hat, wie stark es auf Belohnungen reagieren kann. Ab einem gewissen Punkt führt eine größere Belohnung nicht mehr zu einer besseren Leistung, sondern bewirkt das Gegenteil: Die neuronale Vorbereitung sinkt und der Körper kann die anstehende Aufgabe nicht mehr optimal ausführen.

Höhere Belohnungen überfordern das Gehirn schnell

Die Ergebnisse dieser Untersuchung legen laut Nature nahe, dass das Gehirn eine Art „sweet spot“ erreicht, wenn es um die Vorbereitung auf eine Belohnung geht. Bis zu einem bestimmten Punkt steigert eine höhere Belohnung die neuronale Aktivität und damit die Leistung. Doch sobald die Belohnung diesen Punkt überschreitet, wird die neuronale Vorbereitung überfordert, was zu schlechteren Ergebnissen führt. Die Forscher sprechen in diesem Zusammenhang von der „neuronalen Vorbereitungs-Hypothese“.

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Der Neurowissenschaftler Steven Chase von der Carnegie Mellon University, einer der führenden Köpfe hinter dieser Studie, erklärt, dass diese Ergebnisse nicht nur für die Forschung an Tieren, sondern auch für den Menschen von Bedeutung sind. Die Untersuchung eröffnet neue Perspektiven, wie und warum Menschen unter Druck „versagen“ – ein Phänomen, das sowohl im Sport als auch im Alltag gut bekannt ist.

Lässt sich das „Versagen unter Druck“ vermeiden?

Chase und sein Team planen nun, diese Erkenntnisse auf den Menschen zu übertragen. Sie wollen herausfinden, ob es möglich ist, das „Versagen unter Druck“ zu verhindern. Eine Möglichkeit könnte sein, dass Menschen lernen, ihre Gehirnaktivität durch Feedback zu regulieren, um so ihre Leistung in Drucksituationen zu verbessern.

Die Forscher betonen jedoch, dass weitere Studien notwendig sind, um diesen Ansatz zu validieren. Vor allem müsse untersucht werden, ob auch andere Gehirnregionen bei dieser Art von Stress eine Rolle spielen.

Was du dir merken solltest:

  • Hohe Belohnungen können das Gehirn überfordern, was zu schlechteren Leistungen und Versagen unter Druck führt.
  • Die neuronale Aktivität im motorischen Kortex nimmt ab, wenn die Anreize zu groß sind, was die Vorbereitung auf Bewegungen stört.
  • Forscher sprechen von einem „sweet spot“, bei dem die optimale Leistung erreicht wird, bevor Überforderung eintritt.

Übrigens: Religiöse Erfahrungen lösen im Gehirn komplexe Reaktionen aus, die tiefe emotionale Erlebnisse widerspiegeln. Mehr dazu in unserem Artikel über die Neurowissenschaft der Religion.

Bild: © MichaelEmilio via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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