Wann Menschen in Europa helle Haut entwickelt haben und warum

Ursprünglich dunkelhäutig, entwickelten viele Menschen mit der Zeit hellere Haut. Die Einführung des Ackerbaus spielte dabei eine große Rolle.

Bis vor rund 5.000 Jahren hatten Mitteleuropäer noch dunkle Haut: Was hat sich also seitdem geändert? © Vecteezy

Bis vor rund 5.000 Jahren hatten Mitteleuropäer noch dunkle Haut: Was hat sich also seitdem geändert? © Vecteezy

Als der Homo erectus vor etwa 1,4 Millionen Jahren Afrika verließ und sich in Europa ansiedelte, war seine Haut dunkel. Über die Jahrtausende änderte sich das jedoch und Menschen in Europa entwickelten helle Haut. Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig, Prof. Johannes Krause, erklärt im MDR, woran das liegt.

Die bekannteste Theorie besagt, dass Menschen mit zunehmender Entfernung vom Äquator hellere Haut entwickelten, um mehr Vitamin D zu produzieren. Allerdings, so Prof. Krause, sei diese Erklärung zwar nicht falsch, aber zu kurz gedacht. Menschen in Europa hatten nämlich noch vor etwa 10.000 Jahren dunkle Haut. Ein gutes Beispiel dafür ist Ötzi: Der Mann aus dem Eis der Ötztaler Alpen hatte dem neusten Erkenntnisstand nach dunkle Haut.

Die helle Hautfarbe, so wie wir sie heute bei Mitteleuropäern finden, ist erst vier- bis fünftausend Jahre alt.

Prof. Johannes Krause

Wissenschaftler haben dies anhand genetischer Analysen feststellen können. Dass Menschen in Europa vor dem Auftauchen heller Haut nicht permanent unter Vitamin-D-Mangel litten, ist laut Prof. Krause ihrer Ernährung zu verdanken. Wie sich anhand der Knochen von Menschen aus dieser Zeit nachweisen lässt, konnten Jäger und Sammler ihren Bedarf an Vitamin D durch den Verzehr von Fisch und Fleisch decken – helle Haut hätte also keinen signifikanten Vorteil gebracht.

Der Ursprung der haarlosen Haut

Der Homo sapiens ist übrigens nicht der einzige Menschenaffe, der helle Haut hat: Schimpansen zählen zu unseren nächsten Verwandten und besitzen unter ihrem Fell weiße Haut. Dass der Mensch sein Fell verlor, ist auf seine Art der Jagd zurückzuführen.

Der Mensch ist unter den Säugetieren der Weltmeister im Langstreckenlauf.

Prof. Johannes Krause

Im Gegensatz zu anderen Säugetieren ist der Mensch in der Lage, zu schwitzen und so seinen Körper zu kühlen. Das ermöglicht es ihm, lange Strecken zu laufen, ohne durch Überhitzung zu kollabieren. Der Verlust des Fells hat sich in dieser Hinsicht als vorteilhaft erwiesen.

Ohne schützendes Fell ist die Haut aber auch der Sonne stärker ausgesetzt. Zu dieser Zeit haben also vor allem die Menschen überlebt, die eine dunklere Haut hatten. Die schützt nämlich besser vor UV-Strahlung und senkt so das Risiko für Hautkrebs, macht aber nicht immun dagegen. Diese Menschen haben sich vom afrikanischen Kontinent aus in andere Teile der Welt verbreitet, wo sie bis vor relativ kurzer Zeit ihre dunklere Haut beibehalten haben.

Der Einfluss des Ackerbaus

Ein entscheidender Wandel trat mit der Einführung des Ackerbaus in Europa vor etwa 7.000 Jahren ein. Dadurch veränderte sich nämlich die Ernährung der Menschen: Anstatt Fleisch und Fisch, die reich an Vitamin D sind, wurde mehr pflanzliche Nahrung konsumiert, die kaum Vitamin D enthält. Dies hat laut Prof. Krause dazu geführt, dass die Haut der Menschen heller wurde, um den Vitamin-D-Bedarf besser über das Sonnenlicht decken zu können.

Genetische Mutationen, die zufällig in Anatolien und Osteuropa auftraten, haben ebenfalls eine Rolle bei der Entwicklung heller Haut gespielt. Diese Genkombination hat sich insbesondere unter den Menschen durchgesetzt, die Ackerbau betrieben haben – ein Grund, warum Inuit immer noch dunklere Haut haben, obwohl sie in kalten Regionen mit wenig Sonnenlicht leben. Da sie sich vorwiegend von Fisch, Robben und Walfleisch ernähren, sind sie nicht auf die Vitamin-D-Produktion durch Sonnenlicht angewiesen.

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Veränderungen durch das Klima

In den meisten Fällen gilt jedoch: Je weiter man nach Norden reist, desto heller wird die Haut der Menschen. Prof. Krause erklärt, dass dies auf die langen Winter und die geringe Sonneneinstrahlung zurückzuführen ist. Besonders in Skandinavien ist es notwendig, so viel Vitamin D wie möglich aus dem Sonnenlicht aufzunehmen, um den Winter zu überstehen. Dass in diesen nördlichen Breitengraden überhaupt Landwirtschaft betrieben werden kann, ist dem Golfstrom mit seinem warmen Wasser zu verdanken.

Wenn die Sommer länger und wärmer werden und die Menschen mehr Sonnenlicht ausgesetzt sind, könnte sich die Haut wieder evolutionär anpassen und dunkler werden. Als Beispiel nimmt der Professor die Bevölkerung Australiens.

Australien hat mit Abstand die höchste Hautkrebsrate der Welt. 20 Prozent der Australier haben irgendwann Hautkrebs in ihrem Leben.

Prof. Johannes Krause

Ohne moderne Medizin oder Sonnenschutzmittel würde die Haut der Menschen in solchen Regionen in wenigen tausend Jahren wieder dunkler werden.

Was du dir merken solltest:

  • Menschen in Europa hatten noch vor etwa 10.000 Jahren keine helle Haut, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits lange weit vom Äquator entfernt gelebt haben.
  • Die Einführung des Ackerbaus veränderte die Ernährungsweise vieler Menschen in Europa grundlegend: Statt Fisch und Fleisch, die reich an Vitamin D sind, wurde mehr pflanzliche Nahrung konsumiert, was die Entwicklung hellerer Haut begünstigte, um den Vitamin-D-Bedarf durch Sonnenlicht zu decken.
  • Laut Prof. Johannes Krause könnten sich die Hautfarben der Menschen erneut verändern, wenn sich das Klima weiter erwärmt.

Bild: © Vecteezy

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