Plastik in Radieschen entdeckt – Gemüse saugt Nanopartikel aus dem Boden auf

Radieschen nehmen winziges Plastik aus dem Boden auf. Forscher fanden Nanopartikel in Wurzelknolle und Blättern – trotz Schutzbarriere.

Radieschen nehmen winziges Plastik aus dem Boden auf: Forscher fanden Nanopartikel in Wurzelknolle und Blättern – trotz Schutzbarriere.

Eine britische Studie zeigt, dass winzige Kunststoffpartikel aus dem Erdreich in Radieschenwurzeln und -blätter eindringen können. © Unsplash

Dass Nanoplastik in der Nahrungskette vorkommt, gilt längst als wissenschaftlich gesichert. Wie weit es dabei vordringt, zeigt nun eine neue Studie: Es steckt nicht nur in Fisch oder Meersalz, auch Gemüse kann belastet sein. Britische Forscher haben erstmals Nanopartikel in Radieschen nachgewiesen – direkt in der essbaren Knolle. Die winzigen Teilchen überwanden dabei sogar die natürlichen Schutzbarrieren der Pflanze. Was bedeutet das für unsere Lebensmittelsicherheit?

Gemüse nimmt Nanoplastik aus Nährlösung auf

Durchgeführt wurde die Untersuchung von einem Team der University of Plymouth. Die Forscher wollten wissen, ob Nanoplastik – also Plastikteilchen im Millionstel-Millimeter-Bereich – in Pflanzen eindringen kann. Zum Vergleich: Diese Partikel sind bis zu 1000-mal kleiner als ein menschliches Haar.

Für den Versuch wurden Radieschen in ein sogenanntes hydroponisches System gesetzt. Dabei wachsen Pflanzen nicht in Erde, sondern in einer Nährlösung. In diese Flüssigkeit gaben die Forscher winzige Partikel aus Polystyrol, einem häufig verwendeten Kunststoff, der zum Beispiel in Verpackungen steckt.

Nach fünf Tagen hatten die Pflanzen 4,4 Prozent der zugegebenen Menge aufgenommen. Ein Viertel davon steckte in der essbaren Wurzelknolle, zehn Prozent in den Blättern.

Pflanzenbarrieren versagen bei Nanoplastik

Normalerweise verhindert die sogenannte Casparische Streifenschicht im Wurzelinneren, dass Fremdstoffe in die Leitbahnen der Pflanzen gelangen. Im Experiment konnten die Partikel diese Barriere jedoch überwinden. Plastik aus dem Boden oder Wasser kann also in die Pflanzenteile gelangen, die später verzehrt werden.

Welche Folgen das für den Menschen hat, ist noch offen. Fachleute halten es aber für möglich, dass Nanoplastik in Organe wandert, Entzündungen auslöst und den Stoffwechsel von Zellen beeinträchtigt. Pflanzen besitzen keinen Mechanismus, um solche Teilchen wieder loszuwerden. Während Fische Mikroplastik ausscheiden, bleibt es bei Pflanzen vermutlich bis zur Ernte im Gewebe.

Auch andere Nutzpflanzen reagieren empfindlich

Radieschen sind nicht die einzige Kulturpflanze, bei der Plastik Auswirkungen haben kann. Frühere Untersuchungen ergaben:

  • Sojabohnen, die zwei Wochen lang mit Nanoplastik belastet wurden, entwickelten deutlich kürzere Sprosse. In den Wurzeln stieg die Konzentration reaktiver Sauerstoffverbindungen um über 30 Prozent.
  • Weizenpflanzen, die über drei Wochen mit Nanoplastik in Kontakt kamen, zeigten bei fast 80 Prozent der Stoffwechselprodukte Veränderungen.
  • Reis reagierte mit massivem Längenverlust: Je höher die Konzentration, desto kleiner die Sprosse.

Wenn Böden zur Plastikquelle werden: Risiken für Ernte und Ernährung

Plastik gelangt auf verschiedenen Wegen in unsere Böden. Neben sichtbaren Verpackungsresten spielen dabei vor allem Klärschlamm und landwirtschaftlich genutzte Kunststofffolien eine zentrale Rolle. Diese Materialien werden oft großflächig eingesetzt und können sich über Jahre hinweg im Erdreich ansammeln – genau dort, wo Nutzpflanzen ihre Wurzeln ausbilden und Nährstoffe aufnehmen.

Die Folgen sind weitreichend: Wenn Pflanzen während ihres Wachstums mit winzigen Plastikpartikeln in Kontakt kommen, kann das nicht nur ihre Entwicklung beeinträchtigen, sondern auch den Ertrag verringern. In der aktuellen Studie zeigten sich bereits nach wenigen Tagen messbare Mengen an Nanoplastik in den essbaren Pflanzenteilen.

Das verändert nicht nur die Bedingungen für Landwirte, sondern betrifft auch die Verbraucher direkt. Denn bislang galt frisches Gemüse als unbelastet – ein Eindruck, der durch die Studie in Frage gestellt wird.

Kurz zusammengefasst:

  • Nanoplastikpartikel können in essbare Pflanzenteile wie Radieschenwurzeln und -blätter eindringen – trotz natürlicher Schutzbarrieren der Pflanzen.
  • Im Versuch lagerten sich nach nur fünf Tagen 4,4 Prozent der Plastikteilchen in den Pflanzen ein, davon ein Viertel in der Wurzelknolle, die wir essen.
  • Die Studie zeigt: Gemüse aus belasteten Böden kann Nanoplastik enthalten – mit bislang unklaren Folgen für unsere Gesundheit.

Übrigens: Verpackungen müssen nicht aus Holz oder Plastik bestehen. Eine besondere Pflanze aus Nordamerika liefert nicht nur Strom, sondern auch umweltfreundliche Fasern für Schalen, Kartons und Versandboxen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert