Schnell alternde Zellen – Warum Demenz und Schlaganfall dann wahrscheinlicher werden
Telomere im Körper können verraten, wer später Hirnkrankheiten wie Schlaganfall oder Demenz entwickelt. Das zeigt eine neue Studie.

Menschen mit verkürzten Telomeren tragen ein höheres Risiko, im Alter an Hirnerkrankungen wie Demenz oder Schlaganfall zu erkranken. (Symbolbild) © DALL-E
Schlaganfall, Demenz oder Depressionen im Alter treffen längst nicht nur Menschen mit schlechten Lebensgewohnheiten. Entscheidend ist oft, was in den Zellen passiert. Eine neue Studie der Harvard Medical School in Boston zeigt: Wer verkürzte Telomere besitzt – kleine Schutzkappen am Ende der Chromosomen – hat ein deutlich höheres Risiko, später an einer dieser schweren Hirnkrankheiten zu leiden. Doch es gibt eine gute Nachricht: Der eigene Lebensstil kann das Risiko spürbar senken.
Was Telomere mit Hirnkrankheiten zu tun haben
Telomere funktionieren wie winzige Schutzhüllen für unsere Chromosomen. Bei jeder Zellteilung werden sie ein Stück kürzer. Je kürzer sie sind, desto älter erscheinen die Zellen biologisch gesehen. Diese Verkürzung lässt sich messen – sie wird deshalb als Biomarker für das biologische Alter genutzt.
Die Untersuchung zeigt jetzt, dass diese Verkürzung eng mit bestimmten Hirnerkrankungen zusammenhängt. Wer verkürzte Telomere hat, trägt ein höheres Risiko für Hirnkrankheiten wie Schlaganfall, Demenz und Altersdepressionen.
Über 350.000 Menschen im Test
Die Forscher werteten für die Studie Daten von 356.173 Menschen aus dem Vereinigten Königreich aus. Das Durchschnittsalter lag bei 56 Jahren. Im Schnitt beobachteten die Wissenschaftler die Teilnehmer sieben Jahre lang. Während dieser Zeit entwickelten 25.964 Personen mindestens eine altersbedingte Hirnerkrankung.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Je kürzer die Telomere, desto häufiger wurden Hirnerkrankungen festgestellt. In der Gruppe mit den kürzesten Telomeren erkrankten pro Jahr etwa sechs von 1.000 Personen. In der Gruppe mit den längsten Telomeren waren es nur 3,92 Fälle. Insgesamt errechneten die Experten ein um 11 Prozent höheres Risiko für Schlaganfall, Demenz oder Altersdepression bei verkürzten Telomeren.
Der Lebensstil macht einen großen Unterschied
Trotzdem ist die Diagnose kurzer Telomere kein Schicksal. Denn der eigene Lebensstil beeinflusst das Risiko entscheidend. Menschen, die sich ausgewogen ernähren, ausreichend bewegen, wenig Alkohol trinken und auf Blutdruck sowie Cholesterin achten, konnten ihr Risiko spürbar senken – selbst wenn ihre Telomere bereits verkürzt waren.
Die Forscher erstellten den sogenannten Brain Care Score, um die Lebensgewohnheiten der Teilnehmer zu bewerten. Er reicht von 0 bis 19 Punkten. Wer 15 Punkte oder mehr erreichte, galt als gut versorgt. Werte von 10 oder weniger deuteten auf ungesunde Lebensgewohnheiten hin. Menschen mit kurzen Telomeren und schlechtem Score erkrankten besonders häufig.
Besonders riskant ist die Kombination
Wer also verkürzte Telomere besitzt und zusätzlich ungesund lebt, setzt sein Gehirn einem doppelten Risiko aus. In dieser Gruppe stieg die Zahl der Hirnerkrankungen noch einmal deutlich. Doch wer auch mit kurzen Telomeren auf einen gesunden Lebensstil achtete, hatte eine deutlich bessere Prognose.
„Unsere Ergebnisse unterstützen die potenziellen Vorteile, die eigenen Risikofaktoren wie ein gesundes Gewicht, begrenzter Alkoholkonsum sowie ausreichend Schlaf und Bewegung zu verbessern, um das Risiko altersbedingter Hirnerkrankungen zu senken – selbst bei Menschen, die bereits Anzeichen schädlicher biologischer Alterung zeigen“, erklärt Studienleiter Christopher D. Anderson laut der American Academy of Neurology.
Gesunde Gewohnheiten wirken wie ein Schutzschild
Laut Anderson können diese gesunden Lebensgewohnheiten sogar das Zellalter beeinflussen. Er sagte: „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass gesunde Lebensgewohnheiten das Altern unserer Zellen verzögern und die Häufigkeit dieser Erkrankungen verringern könnten, insbesondere bei Menschen mit erhöhtem Risiko.“
Kurz zusammengefasst:
- Verkürzte Telomere, also Schutzkappen an den Chromosomenenden, erhöhen deutlich das Risiko für Hirnkrankheiten wie Schlaganfall, Demenz und Depressionen im Alter.
- In der großen Studie mit 356.173 Teilnehmern zeigte sich ein um 11 Prozent höheres Erkrankungsrisiko bei kurzen Telomeren.
- Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, Bewegung, wenig Alkohol und stabilem Blutdruck kann das Risiko selbst bei verkürzten Telomeren deutlich senken.
Übrigens: Ein aktiviertes X-Chromosom könnte erklären, warum Frauen im Alter seltener an Demenz erkranken. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © DALL-E