Klimawandel bedroht Kaffee und Schokolade – Studie rechnet vor, warum Geoengineering allein keine Rettung bringt
Der Klimawandel setzt dem Anbau von Kaffee, Kakao und Wein massiv zu – laut Studie helfen selbst Hightech-Verfahren kaum gegen unberechenbare Ernten.
Genuss in Gefahr: Trotz technischer Abkühlung könnten laut Studie bis 2090 mehr als die Hälfte der Kaffeeanbauflächen unbrauchbar werden. © Pexels
Ob Kaffee, Schokolade oder Wein – für viele Menschen sind sie fester Bestandteil ihres Lebens. Und für Millionen Bauern weltweit die Existenzgrundlage. Doch der Klimawandel verändert nicht nur das Wetter, sondern auch die Zukunft dieser Genussmittel. Steigende Temperaturen, unregelmäßige Regenzeiten und immer häufigere Extremwetter machen den Anbau zunehmend unsicher. Die Ernten schwanken stark, ganze Regionen geraten unter Druck. Für Verbraucher könnte das bald spürbar werden – etwa durch steigende Preise und geringere Verfügbarkeit.
Eine internationale Studie der University of Exeter hat untersucht, ob technische Eingriffe ins Klima diese Entwicklung bremsen könnten. Im Mittelpunkt stand ein Verfahren namens Stratospheric Aerosol Injection (SAI). Dabei sollen winzige reflektierende Partikel in die obere Atmosphäre gebracht werden, um einen Teil der Sonnenstrahlung zu blockieren – ähnlich wie nach einem großen Vulkanausbruch, der die Erde vorübergehend abkühlt. Das Ziel: die Erderwärmung verlangsamen und stabile Bedingungen für empfindliche Pflanzen wie Kaffee, Kakao und Wein schaffen.
Technik gegen Hitze – aber mit klaren Grenzen
Das Forschungsteam modellierte mithilfe des Klimamodells CESM2 die zu erwartenden Bedingungen zwischen 2036 und 2045. Analysiert wurden 18 wichtige Anbaugebiete in Südamerika, Westafrika und Westeuropa. Zwei SAI-Szenarien – mit globalen Temperaturzielen von plus 1,0 und plus 1,5 Grad – wurden mit einem klassischen Klimaszenario ohne Eingriff verglichen.
Das Ergebnis ist ernüchternd. Zwar konnte SAI die Oberflächentemperaturen senken, doch nur sechs der 18 Regionen zeigten deutliche Verbesserungen bei den Anbaubedingungen. Regen und Luftfeuchtigkeit blieben unberechenbar, Extremwetter trat weiter auf. Besonders der Kaffeeanbau gilt laut Studie als Verlierer: Bis Mitte des Jahrhunderts könnten knapp 30 Prozent der heutigen Flächen unbrauchbar werden, bis 2090 sogar mehr als die Hälfte.
Warum der Klimawandel den Kaffee besonders hart trifft
Kaffeepflanzen reagieren empfindlich auf Temperaturschwankungen. Schon kleine Verschiebungen im Klima beeinflussen die Qualität der Bohnen. In den Simulationen zeigte sich: Eine einzige Frostnacht kann Blüten zerstören, zu wenig Regen lässt die Früchte vertrocknen, zu viel Feuchtigkeit begünstigt Schimmel und Schädlinge.
„Die Temperatur allein ist nicht das Problem“, erklärt Studienautorin Dr. Ariel Morrison. „Kakaopflanzen und Kaffeebäume reagieren besonders empfindlich auf die Kombination aus Hitze, Feuchtigkeit und Krankheiten. Selbst wenn wir die Erde abkühlen, bleibt dieses Risiko bestehen.“
Laut Morrison kann auch die sogenannte natürliche Klimavariabilität – also zufällige Schwankungen im Klimasystem – große Unterschiede in den Erntebedingungen verursachen. Selbst unter identischen SAI-Bedingungen könne ein Jahr ideal, das nächste katastrophal ausfallen.
Nur kurzfristige Entlastung für einzelne Regionen
Die Wissenschaftler beobachteten regionale Unterschiede. In Spanien und Südfrankreich könnte der Weinbau von etwas kühleren Temperaturen profitieren. In Chile und Australien dagegen würden Hitze und Trockenheit den Anbau weiter erschweren.
Auch beim Kakao zeigen sich begrenzte Vorteile: In Teilen Westafrikas, etwa in Kamerun, könnten sich die Bedingungen leicht verbessern. Gleichzeitig steigt jedoch das Risiko für Pilzerkrankungen, die sich durch hohe Luftfeuchtigkeit schneller ausbreiten.
Milliardenverluste trotz technischer Eingriffe
Neben den ökologischen analysierte das Team auch die wirtschaftlichen Folgen. Die Experten verglichen die durchschnittlichen Exporterlöse von 2012 bis 2022 mit den Projektionen der Modellläufe. Das Ergebnis: Schwankende Ernten führen selbst mit SAI zu massiven Unsicherheiten. Allein beim Weinexport Frankreichs lag der Unterschied zwischen dem besten und schlechtesten Szenario bei rund 60 Milliarden US-Dollar.
Weltweit drohen vielen Produzenten trotz technischer Eingriffe erhebliche Einbußen. „SAI allein reicht nicht, um die wirtschaftliche Stabilität der Landwirte zu sichern“, heißt es in der Studie. Zu unzuverlässig bleiben die Niederschläge, zu häufig treten Extreme wie Überschwemmungen oder Trockenphasen auf.
Anpassung statt Illusion – was Fachleute empfehlen
Dr. Morrison zufolge taugt Geoengineering allenfalls als Übergangslösung:
SAI kann kurzfristig Linderung verschaffen, ist aber keine dauerhafte Antwort auf die Herausforderungen des Anbaus.
Stattdessen müsse die Landwirtschaft auf regionale Anpassung setzen – mit robusteren Sorten, nachhaltiger Bewässerung und widerstandsfähigen Anbausystemen.
Kaffee, Schokolade und Wein sind damit Symbolpflanzen für ein größeres Problem: Technische Lösungen können den Klimawandel dämpfen, aber nicht aufhalten. Nur langfristige Strategien, internationale Zusammenarbeit und gezielte Investitionen in nachhaltige Landwirtschaft können die Ernten und Einkommen sichern.
Kurz zusammengefasst:
- Der Klimawandel verändert weltweit die Bedingungen für den Anbau empfindlicher Pflanzen – besonders betroffen ist der Kaffee, dessen Erträge durch Hitze, unregelmäßigen Regen und Schädlinge stark schwanken.
- Eine Studie der University of Exeter belegt, dass auch technische Eingriffe wie Geoengineering keine stabile Lösung bringen: Selbst bei künstlicher Abkühlung blieben Ernten unberechenbar und Verluste für Bauern und Märkte enorm.
- Experten empfehlen, langfristig auf Anpassung zu setzen – mit hitzetoleranten Sorten, nachhaltiger Bewässerung und widerstandsfähigen Anbausystemen, um Produkte wie Kaffee, Schokolade und Wein zu erhalten.
Übrigens: Auch wenn Geoengineering die Erde abkühlen könnte, hat das einen hohen Preis – unsere Nahrung würde ärmer an Nährstoffen. Wie Forscher der Rutgers University zeigen, könnte künstliche Abkühlung den Eiweißgehalt von Grundnahrungsmitteln wie Mais oder Reis deutlich senken – mehr dazu in unserem Artikel.
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