Je älter, desto einsamer: Wie das Alter Spatzen zu Außenseitern macht
Eine Langzeitstudie auf Lundy zeigt, dass Spatzen mit dem Alter soziale Kontakte verlieren und seltener neue knüpfen.
Ältere Spatzen werden weniger sozial – das zeigt eine umfassende Studie einer isolierten Population von Haussperlingen auf der Insel Lundy im Vereinigten Königreich. Diese Forschung basiert auf Jahren detaillierter Beobachtungen und gibt Einblicke in das Sozialverhalten der Vögel.
Die Studie wurde von der britischen Royal Society veröffentlicht und analysierte sechs Jahre lang die sozialen Netzwerke von Haussperlingen, oft Hausspatzen oder kurz Spatzen genannt. Dabei stellten die Forscher fest, dass ältere Vögel weniger soziale Kontakte haben und sich seltener in sozialen Netzwerken mit anderen Artmitgliedern bewegen.
Diese Beobachtung wird teils durch den natürlichen Rückgang der Alterskohorten erklärt: Mit steigendem Alter sterben mehr Gleichaltrige. Das schränkt die Möglichkeiten für Interaktionen ein.
Altersbedingter Rückgang von Sozialität
Die Forscher untersuchten verschiedene Parameter des Sozialverhaltens, darunter die Anzahl direkter Kontakte („Degree“) und die Rolle der Vögel in Netzwerken („Betweenness“). Beide nahmen mit steigendem Alter ab.
Das Team nutzte spezielle Markierungstechniken, darunter Metall- und Farbringe, um einzelne Vögel über ihr gesamtes Leben hinweg zu verfolgen. Mithilfe dieser Methode konnten auch Todesfälle und Veränderungen in sozialen Netzwerken genau dokumentiert werden.
Weniger Gleichaltrige, weniger Kontakte
Die Daten belegen, dass die Anzahl überlebender Gleichaltriger erheblich die sozialen Verbindungen beeinflusst. Je kleiner die Kohorte, desto weniger soziale Kontakte konnten ältere Spatzen aufrechterhalten. Das geschlossene Ökosystem auf Lundy bot dafür ideale Forschungsbedingungen: Die Insel liegt 19 Kilometer von der Küste entfernt, wodurch natürliche Migration nahezu ausgeschlossen ist.
Auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden untersucht, zeigten aber keine signifikanten Effekte auf die Sozialität. Die Ergebnisse stellen daher eine Verbindung zwischen Demografie und Sozialverhalten her, die bisher vor allem bei Säugetieren und Menschen untersucht wurde.
Kosten von neuen sozialen Verbindungen
Neue Verbindungen zu knüpfen, kann für ältere Vögel teuer sein. Jüngere und fittere Artgenossen könnten sie aus sozialen Gruppen verdrängen oder sich ihnen gegenüber aggressiv verhalten. Die Forscher ziehen hier Parallelen zu Schimpansen, bei denen ältere Männchen weniger freundliche und mehr antagonistische Beziehungen haben.
Die Kosten, neue Verbindungen zu schaffen, könnten demnach mit dem Alter steigen, während der Nutzen sinkt. Bei Spatzen spielt das Knüpfen neuer Kontakte eine geringere Rolle als der Erhalt bestehender Netzwerke. Auch in diesem Punkt sind demografische Effekte entscheidend: Weniger Gleichaltrige bedeutet weniger vertraute Partner.
Innovative Methodik liefert neue Erkenntnisse
Für die Studie wurde die händische Auswertung von Videomaterial mit automatisierten Daten aus RFID-Transpondern kombiniert. Diese Geräte registrierten, wann und wie oft sich markierte Spatzen an Futterstellen trafen. Die Kombination beider Methoden ermöglichte ein präzises Bild ihrer sozialen Netzwerke.
Diese Ergebnisse liefern erstmals empirische Beweise für den Rückgang von Sozialität im Alter bei wild lebenden Singvögeln, so die Autoren der Studie. Nicht nur physiologische, sondern auch soziale Veränderungen sind entscheidend für das Verhalten von Tieren im Laufe ihres Lebens.
Was du dir merken solltest:
- Ältere Spatzen haben weniger soziale Kontakte, da sie durch den Verlust von Gleichaltrigen weniger Möglichkeiten für Interaktionen haben.
- Die Studie auf der isolierten Insel Lundy zeigt, dass sich ihre Rolle in sozialen Netzwerken mit dem Alter stark verändert.
- Neue Verbindungen zu knüpfen, ist für ältere Vögel oft zu anstrengend und bringt weniger Vorteile als der Erhalt bestehender Beziehungen.
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