Forscher liefern den Beweis: Die Erde war vor Millionen Jahren ein gefrorener Schneeball
Vor 700 Millionen Jahren verwandelte sich die Erde in einen Eisklotz – diese Theorie konnte jetzt von Forschern bestätigt werden.
Vor Hunderten Millionen Jahren verwandelte sich die Erde in eine gigantische Eislandschaft, die selbst den Äquator bedeckte. Diese als „Snowball Earth“ bekannte Kältephase galt lange als umstritten. Doch nun haben Geologen der University of Colorado Boulder erstmals Beweise gefunden, die zeigen, dass diese extreme Vereisung tatsächlich bis ins Innere der Kontinente reichte. Ihre Analysen uralter Sandsteine aus den Rocky Mountains bringen neue Erkenntnisse über eine der dramatischsten Perioden der Erdgeschichte.
Die Entdeckung untermauert eine Theorie, die beschreibt, wie zwischen 720 und 635 Millionen Jahren das Klima der Erde außer Kontrolle geriet. Im Zentrum der Forschung standen die sogenannten Tava-Sandsteine im Front Range-Gebirge Colorados. Diese Gesteine sind für das geübte Auge von Geologen ein Schatz, denn sie zeigen Spuren extremer Druckeinwirkungen. Der Grund: Sie lagen einst unter riesigen Eisschichten begraben, deren gewaltiges Gewicht das Gestein tief in die Erdkruste presste.
Was die „Snowball Earth“ so besonders macht
Die Theorie der „Snowball Earth“ geht auf den Geologen Joseph Kirschvink zurück, der sie 1992 erstmals veröffentlichte. Sie beschreibt eine Zeit, in der das Klima der Erde außer Kontrolle geriet und Temperaturen so weit sanken, dass der gesamte Planet von Gletschern und Eisschichten bedeckt war. Sogar am Äquator, der heute als tropische Klimazone bekannt ist, reichte das Eis mehrere Kilometer in die Höhe. Für die Wissenschaft ist diese Phase von großer Bedeutung, da sie vermutlich nicht nur die Erde, sondern auch das Leben grundlegend veränderte. Die Forscher vermuten, dass nach dem Ende dieser globalen Eiszeit die ersten mehrzelligen Organismen entstanden. Laut Liam Courtney-Davies, dem Leiter der Studie, verliefen die Entwicklung des Klimas und des Lebens in dieser Zeit parallel:
Das Klima entwickelte sich weiter, und das Leben tat es ebenso.
Liam Courtney-Davie
Uralte Sandsteine erzählen von einem eisigen Zeitalter
Die Wissenschaftler nutzten eine Methode namens Laserablation-Massenspektrometrie, um das Alter der Gesteine zu bestimmen. Sie setzten die Proben einem Laser aus, der Uran- und Bleiatome freisetzte. Diese beiden Elemente sind entscheidend für die Altersbestimmung, da Uran mit einer festgelegten Geschwindigkeit, die als Halbwertszeit bezeichnet wird, zu Blei zerfällt. Durch die Analyse des Verhältnisses von Uran zu Blei im Gestein konnten die Forscher das Alter der Proben mit hoher Genauigkeit berechnen. Sie konnten nachweisen, dass die Sandsteine zwischen 690 und 660 Millionen Jahren in die Tiefe gedrückt wurden – genau in der Zeit, als die „Snowball Earth“ die Welt in einen tiefen Frost versetzte.
Rebecca Flowers, Co-Autorin der Studie, zeigte sich begeistert:
Es ist faszinierend, dass wir die einzigen bisher bekannten Hinweise auf ‚Snowball Earth‘-Ablagerungen in Colorado entschlüsseln konnten.
Rebecca Flowers
Colorado: Der Schlüssel zu einer eisigen Vergangenheit
Während der „Snowball Earth“-Phase befand sich Colorado nicht wie heute in den gemäßigten Breiten, sondern direkt am Äquator. Damals war die Region Teil des Superkontinents Laurentia. Sollte es dort Gletscher gegeben haben, wäre das ein klarer Hinweis darauf, dass die gesamte Erde vereist war. Die Tava-Sandsteine, die heute in der Nähe des Pikes Peak im Front Range-Gebirge zu finden sind, geben genau diese Antworten. Für Laien sehen sie unscheinbar aus, doch für Geologen erzählen sie eine spannende Geschichte. Die Sandsteine wurden offenbar durch gewaltige Gletschermassen verformt, ähnlich wie es heute unter den Eisschilden der Antarktis geschieht.
Die Forscher gehen davon aus, dass ähnliche geologische Spuren auch in anderen Teilen Nordamerikas existieren. „Wir hoffen, dass andere Geologen sich auf die Suche machen und uns helfen, ein vollständigeres Bild dieser Eiszeit zu erstellen“, sagte Courtney-Davies.
Was du dir merken solltest:
- Die „Snowball Earth“-Theorie beschreibt eine globale Eiszeit vor 720 bis 635 Millionen Jahren, in der die gesamte Erde, einschließlich des Äquators, von kilometerdicken Eisschichten bedeckt war.
- Geologen der University of Colorado Boulder fanden in den Tava-Sandsteinen in Colorado erstmals Beweise, dass diese Vereisung auch das Innere der Kontinente erreichte.
- Mithilfe der Laserablation-Massenspektrometrie konnten sie das Alter der Sandsteine datieren und nachweisen, dass die gewaltigen Gletschermassen das Gestein tief in die Erdkruste pressten.
Übrigens: Eine Studie hat untersucht, wie Klimaveränderungen während der Eiszeit die Jäger- und Sammlerpopulationen in Europa prägten. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
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