Eine Stadt wie ein Schwamm: So funktioniert die Klimaanpassung
Durch den Klimawandel verursachtes Extremwetter erfordert Anpassungen: Städte wie Dresden setzen auf das Schwammstadt-Konzept.
Die zunehmende Häufigkeit von Extremwetterereignissen wie Starkregen und Hochwasser zeigt deutlich, dass der Klimawandel längst in unserem Alltag angekommen ist. Während Wissenschaftler unermüdlich die Zusammenhänge zwischen der Erderwärmung und Wetterextremen erklären, stellt sich die dringende Frage: Wie können wir uns darauf vorbereiten? In ganz Deutschland suchen Kommunen nach Wegen, ihre Städte widerstandsfähiger zu machen. Die Schwammstadt ist dabei ein großes Thema. Jedoch kommt es nicht nur auf große Maßnahmen an – auch kleine Schritte, die jeder Einzelne unternehmen kann, tragen zur Anpassung an die neuen klimatischen Realitäten bei.
Klimaforscher warnen erneut, dass Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hochwasser direkte Folgen des Klimawandels sind. Hermann Lotze-Campen, Leiter der Abteilung Klima-Resilienz am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, sagte im ZDF-Morgenmagazin:
Extremereignisse wie andauernder Starkregen und anschließende Hochwasser werden durch die Klimaerwärmung wahrscheinlicher und damit auch häufiger und stärker auftreten.
Hermann Lotze-Campen
Er betonte, dass sich vor allem die Gemeinden besser auf diese Naturkatastrophen vorbereiten müssten. Die Woche der Klimaanpassung biete dabei zahlreiche Informationen und Anregungen sowohl für Entscheidungsträger als auch für interessierte Privatpersonen.
Um den Klimafolgen besser zu begegnen, arbeitet das Aachener Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft (FiW) an einem strategischen Entscheidungsunterstützungstool. Projektleiter René Kremer erklärte laut mdr, das Ziel sei es, „ein Tool zu entwickeln, das die Akteure vor Ort bei der Bewertung von Klimasignalen und der Entscheidungsfindung im Rahmen der Klimaanpassungskonzepte unterstütze.“ Mit Hilfe dieses Tools könnten Städte wie Duisburg visualisieren, welche Gebiete bei Hochwasser wie stark gefährdet seien. „Das kann man sich für Hochwasser anschauen, aber auch für andere Klimawirkungen wie Hitze oder Starkregen“, erläuterte Kremer weiter. So könnten Verantwortliche gezielt Maßnahmen planen und umsetzen.
Kommunen setzen auf neue Technologien
Viele Kommunen gehen das Thema Klimaanpassung bereits aktiv an. Klimaanpassungsmanager planen, welche Bevölkerungsgruppen oder Gebäude besonders gefährdet sind und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Dabei hilft das Tool des FiW, das Klimawirkungen anhand vernetzter Modelle abbildet und dabei unterstützt, Hotspots zu identifizieren. Kremer erklärte: „Es ist ein System, das dabei helfen soll, gewisse Schwerpunkte oder Hotspots zu lokalisieren.“
Dresden setzt mit dem Projekt „Biodiverse Schwammstadt“ bereits konkrete Maßnahmen um. Das Projekt verknüpft Regenwasserrückhalt und -nutzung mit dem Schutz der Artenvielfalt. Eine Versickerungsmulde in Dresden-Neustadt nimmt Wasser von fast 600 Quadratmetern Dachfläche auf und gibt es langsam an die Umwelt ab. Hanna Witte betreut das Projekt für die Umweltorganisation BUND.
Schwammstadt bedeutet im Prinzip wieder den natürlichen Wasserkreislauf zu stärken und zu etablieren, also Niederschlagswasser in die Versickerung und in die Verdunstung zu bringen, anstatt es in die Kanalisation einzuleiten.
Hanna Witte
Dabei profitierten nicht nur die Pflanzen, sondern auch Tiere und Insekten, die dort einen Lebensraum finden. Witte fordert jedoch deutlich mehr Unterstützung aus der Politik, um solche Maßnahmen flächendeckend umzusetzen.
Übrigens: Wissenschaftler aus Stuttgart tüfteln ebenfalls an einem genialen Konzept: Sie wollen Gebäude in Schwämme verwandeln. Mit einer HydroSKIN-Fassade kann das Gebäude Regenwasser aufnehmen und so unter anderem die Kanalisation entlasten. Wie genau das funktioniert, erfährst du in unserem Artikel.
Klimaschutz beginnt im Kleinen
Hydrologin Lara Hähle betont die Bedeutung kleinerer Projekte: „Mit solchen kleinen Initial-Projekten wird im Endeffekt Sensitivität geschaffen. Es zeigt, dass kleine Maßnahmen auch etwas bringen können und dass im Endeffekt jeder Grundstückseigentümer oder auch Mieter sich dafür einsetzen kann und sollte, den Wasserhaushalt zu stärken.“ Auch das Netzwerk „Local Zero“ fördert diese Idee. Ines Gütt von der Initiative erklärte: „Wir haben über 90 Teams in Städten und Gemeinden, die sich dafür einsetzen, dass ihre Kommune klimaneutral wird und das möglichst bis 2035 oder gerne auch noch ein bisschen früher.“ In Dresden sammelte die Gruppe 31.000 Unterschriften, um einen Klimaaktionsplan durchzusetzen.
Begrünung als Lösung für Städte
Annika Dobbers von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät, Balkone und Gärten zu begrünen. „Gerade in Innenstädten, wo es immer häufiger im Sommer zu sogenannten Hitzeinseln kommt, ist eine Begrünung natürlich sehr wichtig.“ Pflanzen könnten durch ihre Verdunstung zur Kühlung beitragen, Schatten spenden und Regenwasser aufnehmen. „Der kleinste Garten ist ein Topf“, erklärt sie und ermutigt Mieter, auch ohne Gartenboden etwas zu pflanzen. Diese Maßnahmen verbessern das Stadtklima und helfen, die Folgen des Klimawandels zu mildern.
Was du dir merken solltest:
- Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hochwasser sind direkte Folgen des Klimawandels, auf die sich Städte und Gemeinden vorbereiten müssen.
- Forschungsprojekte wie das strategische Entscheidungsunterstützungstool des Aachener FiW helfen Städten, gefährdete Gebiete zu identifizieren und passende Maßnahmen zu planen, wie das Schwammstadt-Projekt.
- Kleine Maßnahmen wie Begrünungen und Regenwassernutzung, die jeder umsetzen kann, tragen dazu bei, das Stadtklima zu verbessern und den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken.
Übrigens: Rund 70 Prozent der globalen CO2-Emissionen stammen aus städtischen Gebieten. Städte wie San Diego, Mailand und Jakarta haben jetzt innovative Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen. Welche das sind, erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy