Wie die alten Römer im Silberrausch den IQ ganzer Generationen sinken ließen
Antike Silberminen schickten giftiges Blei in die Atmosphäre. Eine neue Studie zeigt, wie groß der Einfluss auf die Gesundheit damals war.
Eisbohrkerne aus der Arktis offenbaren, dass bereits zur Zeit des Römischen Reiches ein hoher Bleigehalt in der Atmosphäre herrschte. Dieses Blei, das vor allem aus dem Silberbergbau stammte, senkte den durchschnittlichen Intelligenzquotienten (IQ) der Römer um zwei bis drei Punkte.
Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Wien untersuchte drei dieser Eiskerne, um Rückstände zwischen 500 v. Chr. und 600 n. Chr. zu analysieren. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Bleikonzentrationen während der sogenannten Pax Romana („Römischer Frieden“), einer Phase politischer Stabilität, ihren Höchststand erreichten.
Postkarten aus der Vergangenheit
Bei Bohrungen in bis zu 3.400 Metern Tiefe sammelten Wissenschaftler Proben, die einen detaillierten Blick auf vergangene Umweltbedingungen erlauben. Der Hydrologe Joe McConnell, Hauptautor der Studie, beschreibt die Eiskerne als „Postkarten aus der Vergangenheit“.
In den eingeschlossenen Gasblasen finden sich Spuren der damaligen Atmosphäre, darunter Schadstoffe wie Blei. Diese Daten ermöglichten es den Forschern, die Auswirkungen der industriellen Aktivitäten auf die menschliche Gesundheit besser zu verstehen.
Blei und seine gesundheitlichen Folgen
Blei ist hochgiftig und beeinträchtigt verschiedene Körperfunktionen: Gedächtnisverlust, Unfruchtbarkeit, Krebs, Konzentrationsschwierigkeiten und ein geringerer IQ sind alles mögliche Folgen, wenn man dem Metall über einen längeren Zeitraum ausgesetzt ist. Das Team konzentrierte sich bei seiner Untersuchung diesmal auf die messbare Senkung des IQs. Diese betrug laut der Studie zwei bis drei Punkte. Der Schnee- und Eishydrologe Nathan Chellman erklärte:
Eine Verringerung des IQ um 2 bis 3 Punkte hört sich nicht nach viel an, aber wenn man das auf die gesamte europäische Bevölkerung anwendet, ist das beträchtlich.
Woher kam das ganze Blei?
Die hohe Umweltbelastung durch Blei rührte nicht vom direkten Abbau. Die Römer waren eigentlich an einem anderen Metall interessiert – und zwar Silber. Um dieses zu gewinnen, wurden im Römischen Reich große Mengen des Minerals Galenit, auch Bleiglanz genannt, geschmolzen. Pro Gramm Silber fielen dabei mehrere Kilogramm Blei an, die ungehindert in die Luft gelangten.
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Der Meteorologe Andreas Stohl von der Universität Wien und sein Team konnten mit modernen Modellrechnungen ermitteln, wie sich das Blei damals in der Atmosphäre verbreitete: „Wir arbeiten seit vielen Jahren mit Expertinnen und Experten zusammen, die Eisbohrkerne analysieren, und unterstützen sie mit atmosphärischer Transportmodellierung. Damit kann man quantitative Zusammenhänge zwischen den Quellen von Luftverschmutzung und ihrer Ablagerung im Eis herstellen.“
Nach Schätzungen der Universität Wien und des Desert Research Institute wurden während der römischen Blütezeit über 500 Kilotonnen Blei freigesetzt. Zwar war der Bleigehalt in der Atmosphäre in den 1970er Jahren bis zu 40-mal höher, doch die antike Bleibelastung bleibt laut McConnell ein Beispiel dafür, wie früh die menschliche Gesundheit bereits durch die Industrialisierung beeinträchtigt wurde.
Was du dir merken solltest:
- Eisbohrkerne belegen eine hohe Bleibelastung in der Luft zur Zeit des Römischen Reiches.
- Diese Verschmutzung senkte den durchschnittlichen IQ der Römer um zwei bis drei Punkte.
- Die Forscher stellten fest, dass der Bleigehalt in der Atmosphäre während der politischen Stabilität der Pax Romana seinen Höchststand erreichte.
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