Starke Immunzellen durch Licht – So wichtig ist Tageslicht für die eigene Abwehr
Tageslicht beeinflusst das Immunsystem direkt: Bestimmte Abwehrzellen reagieren auf Helligkeit und arbeiten tagsüber deutlich effektiver.

Tageslicht wirkt direkt auf das Immunsystem: Abwehrzellen erkennen Helligkeit und erhöhen tagsüber ihre Aktivität im Kampf gegen Krankheitserreger. © Pexels
Noch bevor der Wecker klingelt, beginnt der Körper mit seiner Arbeit: Hormone werden ausgeschüttet, Stoffwechselprozesse hochgefahren, das Immunsystem bereitet sich auf den Tag vor. Alles folgt einem festen Takt – gesteuert vom natürlichen Wechsel zwischen Hell und Dunkel. Gerät dieser Rhythmus durcheinander, weil Licht fehlt oder der Schlaf verschoben wird, kann das schwerwiegende Folgen haben. Forscher der University of Auckland haben jetzt neue Hinweise darauf gefunden, wie eng Tageslicht und das Immunsystem miteinander verknüpft sind.
Die neue Studie zeigt: Die körpereigene Abwehr ist auf Licht angewiesen. Unsere Immunzellen orientieren sich an Tageslicht und sind tagsüber aktiver als nachts. Wer seinen Rhythmus dauerhaft verschiebt, stört diesen natürlichen Ablauf. Und macht es Krankheitserregern leichter.
Tageslicht und Immunsystem im Takt – Neutrophile reagieren auf Helligkeit
Im Fokus der Studie standen sogenannte Neutrophile. Das sind Zellen, die als erste auf Bakterien, Viren und andere Eindringlinge reagieren. Sie sind kurzlebig, aber enorm wichtig und gelten als Frontlinie der Immunabwehr.
Die Forscher fanden heraus: Neutrophile besitzen eine eigene, innere Uhr. Diese Uhr reagiert auf Licht und sorgt dafür, dass die Zellen tagsüber besonders effektiv arbeiten. Bei Dunkelheit dagegen sinkt ihre Leistung. Oder anders gesagt: Die körpereigene Abwehr schläft nachts mit und wird erst mit dem Morgenlicht wieder wach.
Abwehr im Tag-Nacht-Takt – was Zebrafische zeigen
Für die Versuche nutzte das Forschungsteam Zebrafische – genauer gesagt ihre Larven. Diese eignen sich gut für solche Studien, weil ihr Körper durchsichtig ist und ihr Immunsystem dem des Menschen stark ähnelt. So konnten die Wissenschaftler genau beobachten, wann und wie die Immunzellen auf Erreger reagieren.
„Unsere Studie zeigt, dass die Stärke der Immunantwort auf bakterielle Infektionen tagsüber ihren Höhepunkt erreichte, wenn die Tiere aktiv waren“, schreiben die Autoren.
Die Forscher konnten durch gezielte genetische Eingriffe die innere Uhr der Neutrophilen ausschalten. Als Folge verloren die Zellen ihre Fähigkeit, zwischen Tag und Nacht zu unterscheiden und ihre bakterientötende Wirkung ließ deutlich nach.
Wenn Immunzellen den Wecker stellen
„Das Ausschalten der zirkadianen Uhren in Neutrophilen führte zu der Entdeckung, dass diese wichtigen Immunzellen eine interne, lichtregulierte Uhr besitzen, die sie auf den Tag aufmerksam macht – ähnlich einem Wecker“, sagt das Team um Lucia Du und Pramuk Keerthisinghe, die die Studie leiteten. Die Uhr sorgt offenbar dafür, dass die Zellen dann am aktivsten sind, wenn sie gebraucht werden, nämlich tagsüber.
Das ist keine Nebensache. Denn diese Erkenntnis bedeutet auch: Wer zu wenig Tageslicht bekommt – zum Beispiel, weil er im Schichtdienst arbeitet, tagsüber kaum draußen ist oder oft sehr spät schlafen geht –, schwächt seine Abwehrkräfte. Der innere Takt der Immunzellen gerät durcheinander. Und das öffnet Infekten Tür und Tor.
Die Studie macht deutlich: Es geht nicht nur darum, wie lange man schläft – sondern auch, wann man Licht bekommt. Der Körper braucht tagsüber Helligkeit, um seine Abwehr richtig hochzufahren. Fehlt dieser Impuls, wird die innere Uhr der Immunzellen nicht „gestellt“.
Medikamente für die Zelluhr? – Was die Forschung noch bringen könnte
Die Studienergebnisse könnten nicht nur dabei helfen, unser eigenes Verhalten anzupassen – sie haben auch medizinisches Potenzial. In der Studie heißt es:
Diese Forschung eröffnet das Potenzial, Medikamente zu entwickeln, die die zirkadiane Uhr der Neutrophilen gezielt beeinflussen, um deren Aktivität zu regulieren.
Denkbar wären also Mittel, die die Lichtwirkung im Körper imitieren oder gezielt die Immunzellen „wecken“. Das könnte vor allem für Menschen mit chronischen Entzündungen, Autoimmunerkrankungen oder einem dauerhaft geschwächten Immunsystem wichtig sein. Wenn sich die Aktivität der Immunzellen steuern lässt, könnten Therapien in Zukunft individueller angepasst werden – abhängig vom Tageslicht, dem Schlafverhalten oder dem persönlichen Tagesrhythmus.
So einfach lässt sich das Immunsystem mit Tageslicht stärken
- Tagsüber mindestens 30 Minuten im Freien verbringen – idealerweise am Vormittag, wenn das Licht besonders wirksam auf den inneren Takt wirkt.
- Auch bei bedecktem Himmel ist das natürliche Licht intensiver als künstliche Beleuchtung in Innenräumen.
- Feste Schlafzeiten einhalten – auch an Wochenenden möglichst zur gleichen Zeit schlafen gehen und aufstehen.
- Ein regelmäßiger Tagesrhythmus unterstützt die innere Uhr der Immunzellen und erhöht deren Aktivität.
- Tageslicht-Arbeitsplatz wählen: Ein Schreibtisch in Fensternähe oder ein Büro mit viel natürlichem Licht wirkt unterstützend auf den zirkadianen Rhythmus.
- Schichtarbeitende sollten gezielt Lichtphasen in den Tagesablauf integrieren – zum Beispiel kurze Spaziergänge bei Tageslicht oder helle Beleuchtung nach dem Aufstehen.
Kurz zusammengefasst:
- Tageslicht aktiviert das Immunsystem, weil bestimmte Abwehrzellen – sogenannte Neutrophile – eine lichtgesteuerte innere Uhr besitzen und tagsüber besonders wirksam gegen Krankheitserreger vorgehen.
- Wer dauerhaft zu wenig Licht bekommt oder unregelmäßig schläft, bringt diesen natürlichen Rhythmus aus dem Gleichgewicht und macht den Körper anfälliger für Infekte.
- Regelmäßiger Schlaf, tägliche Zeit im Freien und ein strukturierter Tagesablauf helfen, die Immunabwehr stabil zu halten und beugen damit Erkrankungen ganz natürlich vor.
Übrigens: Nicht nur Lichtmangel bringt das Immunsystem aus dem Gleichgewicht – auch Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Übergewicht oder chronische Infektionen lassen Abwehrzellen schneller altern. Eine deutsche Studie zeigt nun im Detail, wie stark diese Einflüsse das Immunprofil verändern können. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels
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