Seltene Mutation führt zu Gedächtnisverlust: Wissenschaftler entschlüsseln genetisches Rätsel
Eine seltene Genmutation im CSF1R-Gen verursacht Gedächtnisverlust und kognitiven Abbau. Forscher entdeckten acht neue Genvarianten weltweit.
Eine seltene Genmutation im CSF1R-Gen, die bei Betroffenen zu Gedächtnisverlust und Persönlichkeitsveränderungen führt, könnte der Schlüssel zu einem besseren Verständnis schwerer neurodegenerativer Erkrankungen sein. Diese genetische Veränderung, die das sogenannte CSF1R-Related Disorder (CSF1R-RD) auslöst, wurde von Forschern der weltweit renommierten Mayo Clinic entdeckt.
Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Neurology Genetics, zeigen, wie komplex diese seltene Krankheit ist. Diese genetische Veränderung führt bei Betroffenen zu einem schleichenden Verlust von Gedächtnis und Persönlichkeit. Erste Anzeichen sind oft subtil: Angstzustände, Depressionen oder verändertes Sozialverhalten fallen zunächst mehr auf als Gedächtnisprobleme. Häufig bleibt die Krankheit lange unentdeckt, da sie andere neurologische Störungen imitieren kann.
Neue Mutationen entdeckt
Die Forscher analysierten umfangreiche Daten von 14 Familien aus Nord- und Südamerika, Europa, Asien und Australien. Dabei untersuchten sie Demografie, Genotyp, Familiengeschichte und klinischen Status der Betroffenen. Insgesamt identifizierten sie 15 Mutationen im CSF1R-Gen, von denen acht bislang unbekannt waren.
„Diese Entdeckung ist ein wichtiger Schritt, um die Vererbung und Prävalenz seltener neurodegenerativer Erkrankungen besser zu verstehen“, erklärt Dr. Zbigniew Wszolek, Neurologe an der Mayo Clinic und leitender Studienautor. Besonders bemerkenswert ist, dass genetische Tests inzwischen präzisere Diagnosen ermöglichen, die vorher kaum denkbar waren.
Entzündungen im Gehirn bremsen
Die Forscher fanden heraus, dass entzündungshemmende Medikamente wie Steroide eine vielversprechende Rolle spielen. Sie könnten dabei helfen, Entzündungen im Gehirn zu reduzieren und bei Menschen, die die Mutation tragen, aber noch keine Symptome zeigen, den Krankheitsbeginn hinauszuzögern.
Genetische und umweltbedingte Faktoren beeinflussen offenbar, wie schnell und schwer die Krankheit ausbricht. Die Entdeckung eröffnet zudem neue Wege für Therapien, die direkt auf die gefundenen Mutationen abzielen. „Unsere Ergebnisse schaffen die Grundlage für krankheitsmodifizierende Therapien, die direkt auf diese Mutationen abzielen“, sagt Dr. Wszolek. Das Ziel: spezifische Medikamente oder Maßnahmen, die das Fortschreiten der Krankheit aufhalten oder verlangsamen können.
Das könnte dich auch interessieren:
- Gedächtnis unter Stress: Warum wir Gefahr sehen, wo keine ist
- Lücken im Gedächtnis: Warum Mütter die Kindheit ihrer Kinder vergessen
- So lässt sich das Gedächtnis gezielt verbessern – Tipps für Alltag und Schule
Neue Hoffnung für Betroffene und Familien
Für die Zukunft planen die Forscher, sowohl asymptomatische als auch bereits erkrankte Träger der Mutation genauer zu untersuchen. Diese Arbeit könnte nicht nur die Behandlung verbessern, sondern auch helfen, präzisere Risikoeinschätzungen für betroffene Familien zu entwickeln.
Was du dir merken solltest:
- Eine Genmutation im CSF1R-Gen führt zu Gedächtnisverlust und kognitivem Abbau. Frühe Anzeichen sind oft Persönlichkeitsschwankungen, Angst oder Depression, bevor Gedächtnisprobleme auftreten.
- Forscher der Mayo Clinic identifizierten acht neue genetische Mutationen und untersuchten Daten von 14 Familien weltweit, um die Mechanismen und Verbreitung der Krankheit besser zu verstehen.
- Steroide könnten bei asymptomatischen Trägern den Krankheitsbeginn verzögern. Die Ergebnisse ermöglichen präzisere Diagnosen, genetische Beratung und bieten Ansätze für gezielte Behandlungen.
Übrigens: Gedächtnisverlust kann mehr sein als bloße Vergesslichkeit – wie der Fall einer Frau zeigt, die sieben Jahre auf ihre Diagnose warten musste. Wie wichtig frühe Diagnosen bei kognitiven Störungen sind, und welche Warnzeichen ernst genommen werden sollten, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels