Kaffee trotz Herzrhythmusstörungen: Neue Studie sagt, eine Tasse am Tag kann sogar helfen
Eine neue Studie räumt mit alten Empfehlungen auf: Ein Tasse Kaffee am Tag könnte gegen Herzrhythmusstörungen schützen.
Schon eine Tasse Kaffee täglich senkte in der Studie das Risiko für erneute Vorhofflimmern-Episoden um fast 40 Prozent. © Pexels
Eine Tasse Kaffee pro Tag könnte vor einer häufigen Herzerkrankung schützen, die Ursache für Herzinsuffizienz, Schlaganfall und vorzeitigen Tod ist. Gemeint ist Vorhofflimmern – eine Form von Herzrhythmusstörungen, von der im Laufe des Lebens etwa jeder Dritte betroffen ist.
Viele verzichten deshalb vorsorglich auf ihren Kaffee. Die Sorge: Koffein bringt das Herz noch stärker aus dem Takt und erhöht das Risiko für neue Anfälle.
Eine neue Studie stellt diese Vorsichtsmaße nun infrage. Die Auswertung legt nahe, dass gerade bei Betroffenen mit Vorhofflimmern eine tägliche Tasse Kaffee das Risiko für erneute Herzrhythmusstörungen senken könnte.
Neue Studie prüft Kaffee bei Herzrhythmusstörung systematisch
Durchgeführt wurde die Untersuchung von einem Kardiologen-Team der University of Adelaide und der University of California, San Francisco. Beteiligt waren fünf Kliniken in den USA, Kanada und Australien.
In die sogenannte DECAF-Studie flossen Daten von 200 Erwachsenen ein. Das Durchschnittsalter lag bei 69 Jahren, viele hatten also bereits einen langen Krankheitsweg hinter sich. Alle litten unter anhaltendem Vorhofflimmern oder Vorhofflattern und standen vor einer elektrischen Kardioversion, die den normalen Herzrhythmus wiederherstellen soll. Alle Teilnehmer hatten in den vergangenen Jahren Kaffee getrunken.
Zwei Kaffee-Regeln – und klar unterschiedliche Verläufe
Die Studienärzte teilten die Teilnehmer per Los in zwei Gruppen. Eine Gruppe sollte weiter koffeinhaltigen Kaffee trinken – mindestens eine Tasse am Tag. Die andere bekam ein klares Verbot: kein Kaffee, weder mit Koffein noch entkoffeiniert, und auch keine anderen koffeinhaltigen Getränke wie Cola oder Energydrinks.
Zum Start lagen beide Gruppen gleichauf, im Schnitt bei etwa sieben Tassen pro Woche. Während der sechs Monate Nachbeobachtung blieb die Kaffee-Gruppe ungefähr auf diesem Niveau, die Verzichtsgruppe dagegen fast bei null. Mit regelmäßigen Kontrollen, unter anderem per EKG, prüften die Kardiologen, ob Vorhofflimmern oder Vorhofflattern erneut auftraten.
Kaffee-Trinker hatten deutlich weniger Rückfälle
Am Ende der sechs Monate zeigte sich ein klarer Unterschied. In der Kaffee-Gruppe kam es bei 47 Prozent der Teilnehmer zu einem erneuten Anfall von Vorhofflimmern oder -flattern. In der Gruppe ohne Kaffee waren es 64 Prozent. Die statistische Auswertung ergab damit ein um 39 Prozent niedrigeres Risiko für ein erneutes Ereignis bei moderatem Kaffee-Konsum.
„Die Ergebnisse waren verblüffend. Entgegen der gängigen Annahme hatten die Kaffee-Trinker ein deutlich geringeres Risiko für erneutes Vorhofflimmern als diejenigen, die auf Kaffee und Koffein verzichteten“, fasst Erstautor Christopher Wong von der University of Adelaide zusammen. Dabei galt lange in vielen Praxen die Regel, Kaffee bei Herzrhythmusstörungen besser zu meiden.
Alte Ratschläge geraten unter Druck
„Ärzte haben Patientinnen und Patienten mit problematischem Vorhofflimmern seit Jahren geraten, den Kaffee-Konsum zu reduzieren“, so Wong. Aus seiner Sicht ist dieser Rat in vielen Fällen zu streng.
Diese Studie legt nahe, dass Kaffee nicht nur sicher ist, sondern wahrscheinlich sogar schützt.
Co-Autor Gregory Marcus von der UCSF erklärt, dass es sich um die erste randomisierte Studie dieser Art handelt. Beobachtungsstudien zu Kaffee und Herz hatten zwar bereits zuvor eher neutrale oder positive Effekte nahegelegt. Ein gezielter Vergleich mit und ohne Kaffee bei klar definierter Patientengruppe fehlte jedoch.
Wie Kaffee das Herz schützen könnte
Die Autoren liefern auch erste Hinweise, wie der Effekt zustande kommen könnte. Marcus nennt einen naheliegenden Mechanismus: „Kaffee erhöht die körperliche Aktivität, und mehr Bewegung senkt das Risiko für Vorhofflimmern.“ Wer wacher ist, sitzt weniger, steht öfter auf, geht mehr Wege zu Fuß – das entlastet Herz und Kreislauf.
Dazu kommen direkte Effekte der Inhaltsstoffe. „Koffein wirkt harntreibend und kann dadurch den Blutdruck etwas senken, was das Risiko für Vorhofflimmern verringern könnte“, so Marcus. Im Kaffee stecken zudem Substanzen mit entzündungshemmender Wirkung, die nach Einschätzung der Forscher empfindliche Strukturen im Herzen stabilisieren können.
Für wen die Ergebnisse gelten – und für wen nicht
Wichtig ist, für welche Gruppe die Studie gilt. Untersucht wurden Menschen mit bereits bestehendem Vorhofflimmern oder Vorhofflattern nach geplanter Kardioversion. Alle hatten früher Kaffee getrunken. Die Ergebnisse lassen sich daher nicht ohne Weiteres auf Menschen ohne Herzrhythmusstörungen oder auf sehr hohe Koffeindosen übertragen.
Die Studie lief über sechs Monate und umfasste 200 Personen. Das ist für ein klinisches Experiment solide, ersetzt aber keine großen Langzeitprogramme. Zudem wussten die Teilnehmer, zu welcher Gruppe sie gehörten. Placebo-Effekte und Verhaltensänderungen spielen daher möglicherweise eine Rolle, auch wenn die EKG-Kontrollen objektive Daten liefern.
Kurz zusammengefasst:
- Vorhofflimmern ist eine häufige Herzrhythmusstörung; aus Vorsicht empfahlen viele Ärzte bisher, Kaffee möglichst zu meiden.
- In der DECAF-Studie hatten 200 Patienten nach Kardioversion mit etwa einer Tasse Kaffee pro Tag weniger Rückfälle (47 Prozent) als ohne Kaffee (64 Prozent).
- Bei bekanntem Vorhofflimmern kann moderater Kaffee-Konsum in Absprache mit dem Kardiologen vertretbar und möglicherweise sogar günstig sein, gilt aber nicht pauschal für alle Menschen.
Übrigens: Nicht jede Tasse Kaffee wirkt sich gleich auf die Gesundheit aus – vor allem die Augen könnten darunter leiden, wenn er aus Instantpulver stammt. Eine neue Studie zeigt: Wer regelmäßig löslichen Kaffee trinkt, hat ein bis zu siebenfach erhöhtes Risiko für Altersblindheit. Mehr dazu in unserem Artikel.
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