Durchbruch bei der Krebs-Behandlung? – Zellteilung funktioniert anders als bisher gedacht

Erkenntnisse aus Manchester stellen das bisherige Verständnis von Zellteilung infrage und eröffnen neue Perspektiven für die Krebs-Therapie.

Zellteilung neu verstanden: Durchbruch für Krebs-Therapie?

Zellteilung unter dem Mikroskop: Die asymmetrische Aufteilung beeinflusst, welche Aufgaben die Tochterzellen später übernehmen – ein Mechanismus, der auch bei der Ausbreitung von Krebs eine Rolle spielt. © DALL-E

Zellen behalten vor der Teilung oft ihre ursprüngliche Form. Das hat Folgen für ihre Tochterzellen und könnte erklären, wie Tumore wachsen oder wie man künftig Gewebe züchtet. Forscher der University of Manchester haben eine bisher übersehene Strategie der Zellteilung entdeckt – mit Auswirkungen auf das Verständnis und die Behandlungsmöglichkeiten von Krebs.

Die im Fachmagazin Science veröffentlichten Ergebnisse sind nicht nur für die Schulbiologie relevant, sondern könnten auch für Medizin und Forschung enorme Bedeutung haben. Denn wenn sich Zellen nicht rund machen, sondern länglich oder unregelmäßig bleiben, teilen sie sich nicht mehr gleichmäßig. Es entstehen zwei Tochterzellen, die sich in Funktion und Verhalten unterscheiden. Genau das könnte erklären, wie komplexe Gewebe entstehen oder wie sich Krebszellen in ihrer Umgebung ausbreiten.

Wissenschaftliche Grundregel wird neu geschrieben

Was bisher als Grundregel galt, wird nun in Frage gestellt. Studienleiter Dr. Shane Herbert erklärt es folgendermaßen:

Bisher dachten wir, dass sich eine Zelle vor der Teilung zu einer gleichmäßigen Kugel formt. Unsere Studie zeigt jedoch, dass es in lebenden Organismen nicht so einfach ist.

Die typische Zellteilung verläuft oft nicht symmetrisch. Statt sich zu einer Kugel zu formen, behalten viele Zellen ihre Struktur und geben offenbar die Richtung vor, in die sich die Zelle aufteilt. Die Form entscheidet also über das spätere Schicksal der Zellen. „Sehr häufig behalten sie tatsächlich ihre Form und genau dadurch können sie eine Art Gedächtnis weitergeben.“, sagt Dr. Herbert. Diese „Erinnerung“ der Zelle könnte ausschlaggebend dafür sein, welchen Weg ihre Nachkommen einschlagen.

„Spitzenzellen“ geben die Richtung vor

Besonders eindrucksvoll zeigen sich die Effekte im lebenden Organismus. Die Forscher untersuchten transparente Zebrafisch-Embryonen, bei denen sich neue Blutgefäße bildeten. Die vorderste Zelle, die das Wachstum steuert, bewegte sich nicht nur vorwärts, sondern teilte sich gleichzeitig. Das geschah, anders als erwartet, ohne Abrundung.

So entstanden zwei Zellen mit unterschiedlichen Aufgaben: eine neue „Spitzenzelle“ an der Front und eine langsamere Zelle dahinter. Die Teilung und gleichzeitige Spezialisierung ermöglicht es dem Gewebe, sich effizient und dynamisch zu entwickeln.

Zellen im Labor gezielt steuerbar

Neben der Arbeit am lebenden Organismus nutzten die Fachleute auch ein Präzisionsverfahren im Labor: Mikropatterning. Mit Hilfe eines UV-Lasers gestalteten sie mikroskopisch kleine Proteinmuster, auf denen sich die Zellen ausrichten. Diese Muster geben exakt vor, welche Form eine Zelle annimmt. Damit konnten sie nachweisen, dass die Zellform nicht nur zufällig ist, sondern gezielt steuerbar. Das bietet ganz neue Möglichkeiten, um im Labor bestimmte Zelltypen herzustellen.

Potenzial für Krebstherapie und Gewebeersatz

Gerade bei metastasierenden Tumoren könnten diese Erkenntnisse helfen. Wenn sich Krebszellen ohne Abrundung teilen, entstehen unterschiedliche Zelltypen. Manche wandern, andere bleiben am Ursprungsort. Dieses Mosaik an Zellverhalten könnte mitverantwortlich sein für die Ausbreitung des Tumors.

Auch für die regenerative Medizin eröffnen sich neue Chancen. Zellen gezielt zu bestimmten Formen zu bringen, könnte helfen, Gewebe exakt nachzubauen. „Unsere Arbeit zeigt, dass es eine ganz bestimmte Umgebung braucht, um Zellen die Form und das Verhalten zu geben, mit dem sie funktionierende Blutgefäße bilden können“, sagt Dr. Holly Lovegrove von der University of Manchester.

Wie Zellen ihr Schicksal selbst bestimmen

Ein zentrales Ergebnis: Nicht alle Zellen runden sich vor der Teilung ab. Besonders schmale, längliche Zellen behalten ihre Form. Das beeinflusst, wie Moleküle wie Rab4-Endosomen aufgeteilt werden – und damit auch die spätere Funktion der Tochterzellen. Formveränderungen gestalten laut der Studie gezielt den Aufbau von Gewebe.

Diese Entdeckung ändert den Blick auf die Zellteilung grundlegend. Nicht nur genetische Informationen steuern den Prozess, auch die Geometrie zählt. Der „geometrische Code“ innerhalb der Zelle bestimmt, ob eine Tochterzelle später wandert, wächst oder Signale sendet. Für Betroffene von Krebserkrankungen oder Menschen mit beschädigtem Gewebe könnten solche Erkenntnisse künftig entscheidend sein.

Kurz zusammengefasst:

  • Die ursprüngliche Form einer Zelle beeinflusst, ob zwei gleiche oder unterschiedliche Tochterzellen entstehen.
  • Diese asymmetrische Zellteilung erklärt, wie sich spezialisierte Gewebe entwickeln und wie Krebszellen unterschiedliche Aufgaben übernehmen können.
  • Forscher konnten im Labor gezielt Zellformen steuern – das eröffnet neue Möglichkeiten für Krebstherapie und Gewebeaufbau.

Übrigens: Medizinische Technik kann hingegen auch langfristig Schaden anrichten. CT-Untersuchungen stehen im Verdacht, Tausende Krebsfälle auszulösen – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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