Training gegen Tumore: So effektiv wirkt Bewegung bei der Brustkrebs-Behandlung

Sport während der Chemo kann bei der häufigsten Brustkrebs-Art Tumore verkleinern und Therapieabbrüche reduzieren.

Krebs und Sport: Training macht Brustkrebs-Chemo wirksamer

Während der neoadjuvanten Chemotherapie absolvierten die Patientinnen ein begleitetes Krafttraining – Teil der BENEFIT-Studie am NCT Heidelberg zur Wirkung von Sport bei Brustkrebs. © Pexels

Eine Chemotherapie ist kräftezehrend. Doch wer trotz allem Sport treibt, kann dem Krebs womöglich gezielter entgegentreten. Forscher am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) haben in einer klinischen Studie untersucht, wie gezieltes Training während der Chemotherapie den Krankheitsverlauf beeinflusst.

Die sogenannte BENEFIT-Studie zeigt: Sport hilft nicht nur beim Wohlbefinden. Bei bestimmten Brustkrebsformen kann körperliches Training während der Behandlung den Tumor tatsächlich stärker zurückdrängen und sogar nachweislich das Therapieergebnis verbessern.

Welche Bewegung hilft und wann?

180 Patientinnen mit nicht-metastasiertem Brustkrebs wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Zwei Gruppen starteten direkt während der Chemotherapie mit einem professionell begleiteten Kraft- oder Ausdauertraining. Die dritte Gruppe begann erst nach der Operation. So ließ sich exakt beobachten, ob das Training einen Einfluss auf die Wirkung der Chemotherapie hat.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass ein angeleitetes Kraft- oder Ausdauertraining bereits während der neoadjuvanten Chemotherapie hilfreich sein kann“, sagt Martina Schmidt vom DKFZ und NCT Heidelberg, die Erstautorin der Studie. Die körperliche Belastung wurde von allen Teilnehmerinnen gut vertragen, ernsthafte Komplikationen traten nicht auf.

Vor allem bei hormonabhängigem Brustkrebs ist der Effekt messbar

Bei Frauen mit hormonrezeptor-positivem Tumor, der häufigsten Brustkrebsform, half das Training besonders deutlich. Der Tumor schrumpfte stärker, verschwand in manchen Fällen sogar vollständig. Außerdem war ein belastender Eingriff an den Lymphknoten seltener nötig. Das kann spätere Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Lymphödeme verhindern.

Wissenschaftler führen den Effekt auf verschiedene Faktoren zurück, etwa bessere Durchblutung, verbesserten Zellstoffwechsel und einen aktiveren Immunprozess. Doch die genauen Mechanismen werden noch untersucht, unter anderem mithilfe von Blutproben der Teilnehmerinnen.

Training hilft auch, die Therapie konsequent durchzuhalten

Wir sollten Bewegung nicht nur als Unterstützung sehen, sondern als aktiven Teil der Behandlung.

Martina Schmidt

Nicht nur das Tumorwachstum, auch die Belastbarkeit im Verlauf der Therapie wurde durch Sport positiv beeinflusst. Patientinnen mit hormonrezeptor-negativen Tumoren konnten ihre Chemotherapie signifikant häufiger in der vollen Dosis beenden. Auch Therapieabbrüche waren in den Trainingsgruppen deutlich seltener als in der Kontrollgruppe. Das ist medizinisch relevant. Denn wer die vorgesehene Dosis einhält, hat bessere Heilungschancen.

Wer darf trainieren – und wie?

Die Ergebnisse betreffen gezielt Frauen, die eine sogenannte neoadjuvante Chemotherapie erhalten – also eine Behandlung vor der Operation. Gerade in dieser sensiblen Phase war Sport bislang nicht selbstverständlich. Die Studie zeigt nun, dass Training unter professioneller Anleitung auch in dieser Zeit möglich und sicher ist.

 Gezieltes Krafttraining während der Chemo: Diese Patientin stärkt nicht nur ihre Muskeln, sondern unterstützt aktiv ihre Krebstherapie. © NCT Heidelberg
Gezieltes Krafttraining während der Chemo: Diese Patientin stärkt nicht nur ihre Muskeln, sondern unterstützt aktiv ihre Krebstherapie. © NCT Heidelberg

Wichtig ist jedoch: Nicht jede Brustkrebspatientin sollte einfach loslegen. Das Training im Rahmen der Studie war individuell abgestimmt, medizinisch überwacht und wurde von Experten für onkologische Bewegungstherapie begleitet. Deshalb sollten Patientinnen mit dem Ärzteteam sprechen, bevor sie sportlich aktiv werden.

Bewegung als fester Bestandteil moderner Krebstherapie

Die Hoffnung der Forscher: Bewegung könnte künftig so selbstverständlich zur Behandlung gehören wie Medikamente. Die Daten aus der BENEFIT-Studie liefern dafür ein starkes Argument.

Die Studienleitung mit Karen Steindorf und Joachim Wiskemann plant bereits die nächsten Schritte. Ihr Ziel: herausfinden, wie sich Bewegung noch gezielter auf unterschiedliche Tumorarten abstimmen lässt. Und: Welche biologischen Prozesse dabei eine Rolle spielen. Die Erkenntnis, dass Sport mehr kann als nur ablenken, könnte vielen Brustkrebspatientinnen neue Perspektiven geben und Kraft, dort weiterzumachen, wo die Therapie allein nicht reicht.

Kurz zusammengefasst:

  • Gezieltes Kraft- oder Ausdauertraining während der Chemotherapie kann laut BENEFIT-Studie bei Brustkrebspatientinnen die Tumorgröße stärker reduzieren, vor allem bei hormonbedingten Tumoren.
  • Patientinnen, die trainierten, hielten die vorgesehene Chemotherapie häufiger vollständig durch und benötigten seltener belastende Lymphknotenoperationen.
  • Das Training wurde gut vertragen, hatte keine schwerwiegenden Nebenwirkungen und sollte medizinisch begleitet sowie an Tumor- und Behandlungsstatus angepasst werden.

Übrigens: Während Sport Brustkrebspatientinnen helfen kann, die Chemotherapie besser zu vertragen, arbeiten Forscher aus Saarbrücken an einem völlig anderen Ansatz: Sie nehmen Tumoren den „Treibstoff“ – durch ein neu entdecktes Zielprotein, das den Energiestoffwechsel der Krebszellen lahmlegt. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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