Nach dem Krebs kommt die Depression – Junge Überlebende kämpfen noch Jahre später mit den psychischen Folgen

Wer zwischen 15 und 39 an Krebs erkrankt, hat laut einer Studie ein deutlich höheres Risiko für lebenslange Depression und seelische Spätfolgen.

Jung an Krebs erkrankt – jahrelang mit Depression belastet

Junge Menschen mit überstandener Krebserkrankung haben ein deutlich höheres Risiko für Depressionen – doch viele erhalten nicht die nötige Unterstützung. © Pexels

Wer in jungen Jahren an Krebs erkrankt, überlebt häufiger – doch die psychische Gesundheit leidet oft dauerhaft: Besonders Depression trifft viele Betroffene mit voller Wucht und lässt sie auch Jahrzehnte nach der Therapie nicht los. Eine neue Studie zeigt, dass die seelischen Folgen schwerer wiegen, als bislang angenommen und besonders junge Überlebende stark darunter leiden.

Forscher der University of Michigan haben dazu Langzeitdaten von fast 40.000 Menschen ausgewertet. Im Mittelpunkt standen 374 Erwachsene, die zwischen 15 und 39 Jahren an Krebs erkrankt waren und heute mit den Spätfolgen leben.

Krebs und Depression: Wie die Psyche junger Überlebender in eine U-Kurve stürzt

Viele der Betroffenen erleben über Jahre hinweg seelische Belastungen, die nie ganz verschwinden. Während sich Angstsymptome nach dem Krebs mit der Zeit oft abschwächen, bleibt die Depression bei vielen Betroffenen dauerhaft bestehen. „Interessanterweise flachten die Angstsymptome bei Krebs-Überlebenden im Laufe der Zeit ab, was auf eine mögliche Resilienz hindeutet“, so Studienautor Anao Zhang.

Insgesamt zeigt sich bei der Entwicklung der Symptome ein U-förmiger Verlauf: Die psychischen Beschwerden sind in jungen Jahren stark, bessern sich zum mittleren Erwachsenenalter und nehmen dann im Alter wieder zu. Doch bei jungen Krebsüberlebenden bleibt das Niveau der Belastung überdurchschnittlich hoch. Damit ist klar: Die psychischen Belastungen enden nicht mit dem Ende der Krebsbehandlung. Sie setzen sich fort – oft über Jahrzehnte.

Jüngere Betroffene leiden stärker und länger

Im Vergleich zu Menschen, die erst im höheren Alter an Krebs erkrankt sind, ist die seelische Belastung bei jungen Betroffenen besonders hoch. Sie leiden stärker und sie leiden länger. Bis zu 38 von 100 jungen Krebsüberlebenden haben in ihrem Leben eine psychische Diagnose wie Depression oder Angststörung erhalten. Bei Erwachsenen, die später im Leben an Krebs erkrankt sind, liegt dieser Anteil bei höchstens 21 von 100 – bei Menschen ohne Krebs sogar nur bei rund 23 von 100.

Und das hat Folgen. Die Rate an schwerer Depression liegt bei jungen Krebsüberlebenden zwischen 13,13 Prozent und 20,96 Prozent. In der Allgemeinbevölkerung der USA beträgt dieser Wert nur etwa 7,8 Prozent.

Medikamente oft dauerhaft notwendig

Viele dieser Menschen brauchen psychologische Hilfe und Medikamente. Bei jungen Krebsüberlebenden lag der Anteil derjenigen, die Medikamente gegen Depression oder Angst verschrieben bekamen, zwischen 25,10 Prozent und 33,78 Prozent. Das ist deutlich höher als bei älteren Krebsüberlebenden (bis zu 21,38 Prozent) oder Menschen ohne Krebs (bis zu 19,45 Prozent).

Diese Zahlen zeigen: Wer jung erkrankt, braucht nicht nur körperliche Nachsorge, sondern auch eine stabile psychologische Begleitung. Und das oft lebenslang.

Erwachsene, die zwischen 15 und 39 Jahren eine Krebsdiagnose und -behandlung erhalten haben, zeigten eine signifikant höhere Prävalenz und Schwere von Depressionen und Angstzuständen als ältere erwachsene Krebsüberlebende oder Personen ohne Krebs.

Studienautor Anao Zhang

Auch körperliche Spätfolgen machen psychisch krank

Junge Krebsüberlebende berichten häufig auch über körperliche Spätfolgen, die sie psychisch belasten. Dazu gehören etwa Schäden am Herzen durch die Therapie (Kardiotoxizität), eingeschränkte Fruchtbarkeit oder finanzielle Sorgen aufgrund hoher Behandlungskosten.

Diese Probleme machen es zusätzlich schwerer, sich ein stabiles Leben aufzubauen. Der Druck auf die Psyche bleibt hoch, oft über viele Jahre hinweg.

Besonders hohes Risiko – doch Hilfe bleibt oft aus

Im Vergleich zu Menschen ohne Krebsdiagnose hatten junge Krebsüberlebende in fast allen Erhebungsphasen ein signifikant höheres Risiko für psychische Erkrankungen. In 13 von 15 Erhebungswellen lagen ihre Chancenverhältnisse bei bis zu 2,54 – also mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Krebsvorgeschichte.

Trotz dieser klaren Zahlen erhalten viele Betroffene keine ausreichende Unterstützung. Dabei gilt: Gerade diese Gruppe braucht langfristige Angebote – auch viele Jahre nach der letzten Behandlung. Psychische Gesundheit ist kein Nebenschauplatz, sondern ein zentrales Thema für Krebsüberlebende im jungen Alter.

Zhang fordert deshalb: „Fachleute sollten die psychische Belastung dieser Bevölkerungsgruppe bis ins mittlere und höhere Erwachsenenalter anerkennen.“

Die Ergebnisse der Studie zeigen also: Für viele junge Krebsüberlebende endet die Krankheit nicht mit der Heilung – die seelischen Folgen begleiten sie oft ein Leben lang.

Kurz zusammengefasst:

  • Junge Menschen, die zwischen 15 und 39 Jahren an Krebs erkrankt sind, leiden auch Jahrzehnte nach ihrer Genesung häufiger unter schwerer Depression und Angststörungen als andere.
  • Die Belastung bleibt konstant hoch: Bis zu 38 Prozent dieser Betroffenen erhielten eine psychiatrische Diagnose, bis zu 21 Prozent entwickelten eine schwere Depression, und etwa ein Drittel benötigt langfristig Medikamente gegen psychische Symptome.
  • Obwohl sich Angstsymptome im höheren Alter teilweise stabilisieren, bleiben depressive Beschwerden bestehen – vor allem wegen zusätzlicher Probleme wie Herzschäden, Unfruchtbarkeit oder finanzieller Unsicherheit nach der Behandlung.

Übrigens: Wer nach einer Krebserkrankung unter Depression leidet, hat oft auch ein höheres Risiko für Herzprobleme – doch Bewegung kann helfen. Schon 6.000 Schritte am Tag senken laut neuer Studie deutlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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