Neue Hoffnung für die Legasthenie-Therapie: Thalamus als Schlüssel entdeckt

Eine Studie der TU Dresden zeigt erstmals Veränderungen im visuellen Thalamus bei Legasthenie, wovon die Therapie profitieren könnte.

Legasthenie unterscheidet sich in ihrer Ausprägung womöglich zwischen Männern und Frauen. © Pexels

Ein Forschungsteam der Technischen Universität Dresden hat in einer wegweisenden Studie erstmals eine klare Verbindung zwischen Legasthenie und Veränderungen im visuellen Thalamus nachgewiesen. Diese Entdeckung bietet vielversprechende Ansätze für die Diagnose und Therapie der häufigsten Lernstörung.

Die Forscher führten die größte und umfassendste hochauflösende MRT-Studie durch, die je an diesem Gehirngebiet durchgeführt wurde. Der visuelle Thalamus ist eine zentrale Gehirnregion, die visuelle Informationen verarbeitet. Er besteht aus zwei Teilen: einem kleineren Bereich, der auf Bewegungen spezialisiert ist, und einem größeren, der Farben verarbeitet.

Frühere Studien deuteten darauf hin, dass Veränderungen im bewegungsempfindlichen Teil des Thalamus bei Menschen mit Legasthenie vorkommen. Diese Vermutungen wurden jedoch bisher nicht bei lebenden Personen bestätigt. Dank eines leistungsstarken MRT-Systems am Max-Planck-Institut in Leipzig konnten die Forscher unter der Leitung von Prof. Katharina von Kriegstein nun den Thalamus in bisher nicht gekannter Detailgenauigkeit untersuchen.

Neueste Erkenntnisse zur Funktion des Thalamus

Die TU Dresden führte die Studie an 25 Legasthenikern und 24 Kontrollpersonen durch. Bei den Untersuchungen habe sich herausgestellt, dass Legasthenie mit Veränderungen in der Struktur und Funktion des bewegungsempfindlichen Teils des Thalamus zusammenhänge. Besonders bei männlichen Legasthenikern seien diese Veränderungen auffällig. Es könnte also geschlechtsspezifische Unterschiede in der Ausprägung der Legasthenie geben.

Wir haben eine seit langem bestehende Hypothese über Hirnfunktionsunterschiede bei der Entwicklungslegasthenie bestätigt und Veränderungen im visuellen Thalamus – einer winzigen Struktur tief im Inneren des Gehirns – aufgedeckt.

Dr. Christa Müller-Axt, Wissenschaftlerin an der Professur für Kognitive und Klinische Neurowissenschaften der TU Dresden

Fortschritte durch innovative MRT-Technologie

Neue MRT-Technologie ermöglichte es dem Forschungsteam, tief im Gehirn liegende Strukturen wie den visuellen Thalamus genau zu untersuchen. Der Forschungserfolg war auch durch die Unterstützung des Bundesverbands für Legasthenie und Dyskalkulie (BVL) möglich, der geeignete Teilnehmer für die Studie fand. Die Ergebnisse seien bahnbrechend, so die Wissenschaftler, und könnten die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten für Legasthenie maßgeblich beeinflussen.

Insgesamt leiden weltweit etwa 5 bis 10 Prozent der Menschen an Legasthenie. Trotz dieser Häufigkeit sei die neurobiologische Grundlage der Störung noch weitgehend unbekannt, erklärt das Team der TU Dresden. Viele frühere Forschungsarbeiten konzentrierten sich auf die Großhirnrinde, da der Thalamus schwieriger zu untersuchen war. Die neue Studie zeige jedoch, dass der Thalamus eine entscheidende Rolle spielt.

Einfluss auf zukünftige Forschung

Wichtig ist, dass unsere Ergebnisse auch zeigen, dass thalamische Veränderungen mit Leseschwierigkeiten verbunden sind, insbesondere bei männlichen Legasthenikern. Dies unterstreicht die Notwendigkeit zu erforschen, wie sich thalamische Veränderungen auf das Verhalten auswirken, was für die effektive Entwicklung von Therapie- und Interventionsstrategien für Legasthenie von zentraler Bedeutung ist.

Prof. Katharina von Kriegstein

Die Studie könnte den Weg für zukünftige Forschungsprojekte ebnen, die weiter untersuchen, wie Veränderungen im Thalamus die Legasthenie beeinflussen. Besonders die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Ausprägung der Störung werfen neue Fragen auf. Weitere Studien könnten helfen, die Ursachen der Legasthenie besser zu verstehen und gezieltere Interventionsstrategien zu entwickeln.

Was du dir merken solltest:

  • Forscher der TU Dresden entdeckten eine Verbindung zwischen Legasthenie und Veränderungen im visuellen Thalamus, insbesondere im Bereich der Bewegungsverarbeitung.
  • Mithilfe eines speziellen MRT-Systems wurde der Thalamus in nie dagewesener Genauigkeit untersucht, was neue Ansätze zur Forschung und Therapie von Legasthenie ermöglicht.
  • Die Studie zeigte, dass diese Veränderungen bei männlichen Legasthenikern stärker ausgeprägt sind, was auf geschlechtsspezifische Unterschiede hindeutet.

Bild: © Pexels

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