Zu viel Salz, zu viel Zucker, zu viel Fleisch – Krankenhausessen macht krank
Ernährung in Krankenhäusern und Pflegeheimen ist oft zu fettig, enthält zu viele tierische Produkte und liefert zu wenig Nährstoffe. Das belastet nicht nur den Körper – sondern auch das Klima.

Viele Krankenhausküchen servieren täglich Mahlzeiten, in denen Gemüse und Vollkorn fast völlig fehlen – stattdessen dominieren Fleisch, Weißmehl und Salz. © Freepik
Ein heißer Tee, ein Tablett mit warmer Suppe, vielleicht etwas Brot – viele verbinden Krankenhausaufenthalte mit genau solcher Verpflegung. Wer krank ist, braucht aber nicht nur Medikamente, sondern auch stärkende Mahlzeiten. Doch wie sieht die Realität hinter den Kulissen deutscher Kliniken aus? Ein Forschungsteam der Charité Berlin, der Stanford University und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hat sich genau damit beschäftigt – und die Ernährung in Krankenhäusern sowie Pflegeheimen unter die Lupe genommen. Ihre Untersuchung von Speiseplänen und Einkaufsdaten zeigt, dass das vermeintlich heilende Essen in vielen Fällen ganz andere Wirkungen haben könnte.
Zu wenig Pflanzliches, zu viel vom Falschen
Die Analyse zeigt deutliche Schwächen bei der Lebensmittelauswahl in Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Die Speisepläne enthalten oft genau das Gegenteil von dem, was für Heilung und Gesundheit nötig wäre:
- Wenig Pflanzliches: Unter 20 Prozent der aufgenommenen Kalorien stammen aus pflanzlichen Lebensmitteln – empfohlen wären 80 Prozent.
- Weißmehl dominiert: Über 20 Prozent der Energiezufuhr kommen aus Weißmehlprodukten.
- Viel Fleisch: Rotes Fleisch liefert bis zu 17 Prozent der täglichen Kalorien.
- Nährstoffe fehlen: Es mangelt an Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen.
- Gesundheitsrisiken steigen: Das Essensangebot kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck begünstigen.
Damit fehlt vielen Mahlzeiten genau das, was Patienten und Bewohner dringend brauchen: Nährstoffdichte, Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe. Statt zu unterstützen, kann die untersuchte Ernährungsform die Genesung verzögern – und sogar neue Beschwerden begünstigen.
Tierische Produkte belasten das Klima unverhältnismäßig stark
Auch die Umwelt leidet unter dem Speiseplan in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Vor allem tierische Produkte fallen dabei negativ auf:
- Fleisch und Milchprodukte sorgen für besonders viele Emissionen.
- Sie machen nur ein Drittel der eingekauften Lebensmittel aus, sind aber für drei Viertel der Umweltbelastung verantwortlich.
- Fleisch allein verursacht:
- 38 Prozent der Treibhausgase
- Bis zu 45 Prozent der Umweltschäden, etwa durch Bodenversiegelung und verschmutztes Wasser
- Tierprodukte brauchen außerdem viel Fläche, Wasser und Energie.
Die Verpflegung belastet also nicht nur die Gesundheit – sondern auch das Klima.
Viele Nährstoffe fehlen – Salz ist im Übermaß vorhanden
Ein Blick auf die Nährstoffversorgung offenbart große Defizite. Die Einrichtungen erreichten im Healthy Eating Index nur 39 bis 57 von 100 Punkten. Im Planetary Health Diet Index lagen die Werte sogar noch niedriger.
In mehreren Einrichtungen wurden die empfohlenen Tagesmengen für Vitamin C, Magnesium, Eisen, Folsäure, Zink und andere Mikronährstoffe klar unterschritten. Gleichzeitig lag der Salzgehalt oft deutlich über dem empfohlenen Niveau.
„Wir haben festgestellt, dass die Mahlzeiten zu wenig gesunde pflanzliche Lebensmittel enthalten – und gleichzeitig zu viele Weißmehlprodukte, zugesetzten Zucker, Salz und gesättigte Fette. Das führt dazu, dass Ernährungsqualität und Nährstoffangebot zu gering ausfallen“, erklärt Studienautorin Lisa Pörtner.
Besonders Pflegeheime schneiden schlecht ab. Dort lag die Versorgung mit Eiweiß zum Teil bei nur 73 Prozent der empfohlenen Menge. Für ältere Menschen kann das ernsthafte Folgen haben: Muskelschwund, Infektanfälligkeit oder verzögerte Heilung.
Politik ohne klare Vorgaben
Die Bundesregierung hat 2024 eine nationale Ernährungsstrategie veröffentlicht. Darin stehen zwar viele gute Vorschläge, doch verbindliche Regelungen gibt es nicht. Auch finanzielle Mittel fehlen. Viele Kliniken und Heime arbeiten mit knappen Budgets. Frisch kochen, regional einkaufen oder Bio-Produkte nutzen – das ist unter den aktuellen Bedingungen kaum machbar.
Die Verantwortung liegt aber nicht allein bei den Einrichtungen. Auch die Politik und die Krankenkassen müssten klare Standards schaffen – und deren Umsetzung fördern. Die Studienautoren fordern einheitliche Richtlinien und regelmäßige Kontrollen.
Kurz zusammengefasst:
- In deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen fehlt es häufig an ausgewogener Ernährung: Die angebotenen Mahlzeiten enthalten zu wenig gesunde pflanzliche Lebensmittel.
- Weißmehl, rotes Fleisch, Zucker und Salz dominieren die Teller, während wichtige Vitamine, Eiweiß und Mineralstoffe fehlen – mit Folgen für die Gesundheit der Patienten und zugleich für das Klima.
- Fachleute fordern klare Regeln, regelmäßige Kontrollen und mehr politische Unterstützung, damit Ernährung in Krankenhäusern und Pflegeheimen künftig gesund und umweltfreundlich wird.
Übrigens: In deutschen Krankenhäusern sterben jedes Jahr zehntausende Menschen, weil sie zu wenig essen – und niemand rechtzeitig hinschaut. Mehr dazu in unserem Artikel.
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