Wenn die Liebe schwindet: Wie das Entlieben funktioniert

Wer sich entlieben will, braucht eine Strategie. Ein Experte erklärt, was wirklich hilft.

Manche Beziehungen enden plötzlich. „Wir haben uns nicht mehr geliebt“, heißt es dann oft. Doch passiert das Entlieben tatsächlich einfach so – oder gibt es klare Mechanismen dahinter? Der Psychologieprofessor Lars Penke erklärt, was dabei geschieht und ob man den Prozess bewusst steuern kann.

Verliebtheit und tiefe Bindung

Penke unterscheidet im Gespräch mit Onmeda zwischen zwei Arten der Liebe: Verliebtheit, auch leidenschaftliche Liebe genannt, und kameradschaftliche Liebe, die mit tiefer Vertrautheit einhergeht. „Verliebtheit lebt von der Unsicherheit“, erklärt er. Der Zustand sei nicht für die Ewigkeit gedacht. „Je besser man den anderen kennt, desto mehr weicht die Verliebtheit der kameradschaftlichen Bindung.“

Auch wenn manche Paare die Verliebtheit länger erhalten können, lässt sie meist schon im ersten Beziehungsjahr nach. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Liebe endet. Idealerweise geht die leidenschaftliche Phase in eine stabile, tiefere Bindung über. „Der Partner wird verlässlicher, vorhersagbarer, ein sicherer Hafen.“

Warum manche Beziehungen zerbrechen

Doch nicht jede Partnerschaft hält. Vertrauen spielt laut Penke eine entscheidende Rolle. Wird es durch Lügen, Untreue oder Vernachlässigung erschüttert, schwächt sich die Bindung. Wer sich auf den Partner nicht mehr verlassen könne, so Penke, habe „von der Beziehung nichts mehr“ – die emotionale Kosten-Nutzen-Rechnung fällt negativ aus.

Dennoch trennen sich nicht alle sofort. Menschen mit emotionaler Labilität fällt es schwerer, loszulassen. „Sie entlieben sich nicht, sondern entwickeln eine ängstlich-ambivalente Bindung“, erklärt Penke. Sie vertrauen dem Partner zwar nicht mehr, klammern aber aus Angst vor dem Alleinsein an der Beziehung.

Entlieben kann aktiv gesteuert werden

Wer verlassen wurde, wünscht sich oft, die eigenen Gefühle einfach abstellen zu können. Online kursieren zahlreiche Tipps dazu: Erinnerungsstücke verbrennen, die negativen Seiten des Ex-Partners hervorheben oder sich ablenken. Aber hilft das wirklich?

„Wenn man den Partner noch liebt, liegt es meist daran, dass die Vertrautheit noch da ist“, sagt Penke. Das müsse durchbrochen werden. Erinnerungsstücke sind deshalb hinderlich, da sie an Momente erinnern, in denen die Beziehung stabil war. Sich bewusst die negativen Aspekte vor Augen zu führen, hift dagegen, sich zu distanzieren. Auch neue Bekanntschaften können unterstützen: „Flirten kann helfen, wenn man glaubt, keine Alternativen zu haben.“

Unglückliche Verliebtheit – und wie man sich befreien kann

Menschen, deren Gefühle nicht erwidert werden, fragen sich oft, wie sie sich entlieben können. Penke sieht Parallelen zum Flow-Erlebnis aus Computerspielen: „Man wird gefordert, muss sich bemühen, erhält aber auch Erfolgserlebnisse.“ Doch wenn das Gegenüber keinerlei Interesse zeigt, fehlt die Belohnung – das Spiel verliert seinen Reiz.

Warum fällt es vielen trotzdem schwer, sich zu lösen? „Möglicherweise, weil sie weiter ermutigende Zeichen bekommen oder Freundlichkeit als Interesse missdeuten“, so der Psychologe. In solchen Fällen kann auch hier Flirten helfen: Wer sich auf Alternativen einlässt, verringert das Risiko, sich in eine aussichtslose Situation zu verrennen.

Ob durch fehlende Resonanz oder bewusste Entscheidung – das Entlieben ist ein Prozess, der nicht nur passiert, sondern auch beeinflusst werden kann.

Kurz zusammengefasst:

Verliebtheit ist ein temporärer Zustand, der durch Unsicherheit und Anziehung lebt, während langfristige Beziehungen auf kameradschaftlicher Liebe und Vertrauen basieren.
Entlieben kann aktiv beeinflusst werden, indem man sich von Vertrautheit löst, Erinnerungsstücke meidet, sich negative Aspekte der Beziehung bewusst macht und neue Kontakte knüpft.
Unerwiderte Liebe verliert an Reiz, wenn keine positiven Signale mehr kommen – Flirten und Alternativen können helfen, sich emotional zu lösen.