Konservative misstrauen der Wissenschaft – sie halten Forscher für linke Eliten

Immer mehr Konservative entfremden sich von der Wissenschaft. Eine neue Studie zeigt, wie tief das Misstrauen reicht.

Warum sich Konservative von der Wissenschaft abwenden

Für viele Konservative wirken Wissenschaftler wie abgehobene Eliten ohne Bezug zum Alltag. © Pexels

Wissenschaft soll der Wahrheit dienen. Doch was passiert, wenn ein Teil der Gesellschaft ihr systematisch misstraut? Genau das zeigt eine neue Studie der Universität von Amsterdam. Sie belegt: Konservative in den USA misstrauen nicht nur bestimmten Forschungsfeldern – sie zweifeln an der Wissenschaft als Ganzes. Und das, obwohl gerade Wissenschaft helfen könnte, Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden.

„In Amerika, aber auch in anderen Ländern, haben Konservative im Allgemeinen weniger Vertrauen in die Wissenschaft“, sagt Bastiaan Rutjens, einer der beteiligten Forscher. Seit den 1980er-Jahren sei dieses Vertrauen in den USA sogar regelrecht eingebrochen. Kritiker werfen der Wissenschaft vor, ein Projekt der politischen Linken zu sein – und sehen Universitäten als elitäre Orte, die mit dem eigenen Alltag wenig zu tun haben.

Misstrauen reicht weit über Klima und Gender hinaus

Frühere Studien konzentrierten sich oft auf Felder wie Klimaforschung, Gender Studies oder Impfungen. Doch die Untersuchung der Universität von Amsterdam ging weiter. Die Forscher befragten 7.800 Amerikaner zu ihrem Vertrauen in 35 verschiedene wissenschaftliche Berufe – von Biologen über Chemiker bis hin zu Sozialwissenschaftlern.

Das Ergebnis: Konservative zeigten in jedem einzelnen Bereich stärkeres Misstrauen als Liberale. Auch dort, wo eigentlich kein politischer Zündstoff vermutet wird – etwa in der Industrietechnologie. Rutjens erklärt: „Es bleibt auffällig, dass selbst in anwendungsnahen Disziplinen, die stark auf wirtschaftliches Wachstum ausgerichtet sind, das Vertrauen konservativer Amerikaner geringer ist.“

Konservative Wissenschaft? – Vielen fehlt der Zugang

Die Forscher wollten wissen, ob sich dieses tief sitzende Misstrauen durch einfache Maßnahmen abbauen lässt. Sie entwickelten fünf sogenannte Kurzinterventionen – also kompakte Botschaften, die Vertrauen aufbauen sollten. Eine Intervention stellte konservative Wissenschaftler vor, eine andere zeigte, wie Forschung mit konservativen Werten wie Familie oder wirtschaftlicher Unabhängigkeit vereinbar ist.

Doch selbst das half kaum. „Selbst wenn die Botschaften konservative Werte widerspiegelten, änderte sich kaum etwas an der Haltung der Teilnehmer“, sagt Rutjens. Vertrauen in Wissenschaft lässt sich also offenbar nicht mit ein paar gezielten Sätzen zurückgewinnen.

Der Graben verläuft durch Werte und Identität

Warum ist das so? Die Forscher vermuten, dass sich viele Konservative durch Wissenschaft ausgeschlossen fühlen. Nicht, weil sie keine Bildung hätten – sondern weil sie Wissenschaftlern das Gefühl absprechen, Teil der eigenen Gruppe zu sein. Die Vorstellung, dass Forscher eher urbane, progressive Lebensstile vertreten, verstärkt dieses Gefühl von Fremdheit.

Wenn man Wissenschaft als etwas wahrnimmt, das außerhalb der eigenen Wertewelt liegt, ist es schwer, ihr zu vertrauen.

Bastiaan Rutjens

Für ihn ist klar: Das Misstrauen ist nicht nur ein Wissensproblem, sondern ein Identitätskonflikt.

Wissenschaft braucht andere Wege zur Verständigung

Die Ergebnisse machen deutlich, dass klassische Kommunikationsstrategien oft zu kurz greifen. Wissenschaft muss persönlicher werden, meint Rutjens. Sie muss zeigen, was sie konkret im Leben eines Menschen bewirken kann – unabhängig davon, ob jemand konservativ oder liberal denkt.

Die Wissenschaftler der Universität von Amsterdam planen, diesen Weg weiter zu erforschen. Denn eines zeigt die Studie ganz klar: Konservative Wissenschaft – also Forschung, die konservativen Menschen als glaubwürdig und relevant erscheint – bleibt ein unerfülltes Versprechen. Und das bremst nicht nur den Dialog, sondern auch den gesellschaftlichen Fortschritt.

Kurz zusammengefasst:

  • Eine Studie der Universität von Amsterdam zeigt, dass konservative Amerikaner der Wissenschaft in allen Fachbereichen deutlich weniger vertrauen als Liberale.
  • Dieses Misstrauen reicht über politische Reizthemen hinaus und betrifft sogar wirtschaftsnahe Wissenschaft – einfache Informationskampagnen konnten daran nichts ändern.
  • Die Ursache liegt weniger im Wissen als in der Identifikation: Viele Konservative sehen Wissenschaft als Teil eines fremden, elitären Milieus.

Übrigens: Unter Trump gerät die Wissenschaft in den USA unter Druck. Projekte weltweit stehen auf der Kippe. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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