Sind Lehrkräfte schuld am Mathe-Hass?

Mathefrust trotz Top-Leistungen: Schüler kritisieren fehlende Zeit und fehlenden Praxisbezug im Unterricht.

Lehrkräfte sind essenziell, um Schüler für MINT-Fächer zu begeistern. © Pexels

Lehrkräfte sind essenziell, um Schüler für MINT-Fächer zu begeistern. © Pexels

Naturwissenschaften, Technik und Mathe – diese sogenannten MINT-Fächer gelten als Schlüssel für viele Berufe der Zukunft. Doch bei Schülerinnen und Schülern in Deutschland stoßen sie häufig auf wenig Begeisterung. Besonders Mathematik schneidet schlecht ab, wie eine Studie der Telekom-Stiftung zeigt. Woran liegt das? Sind es die Inhalte, die Lehrmethoden oder fehlende Bezüge zur Lebenswelt der Jugendlichen? Ein Blick auf die Zahlen und Hintergründe gibt Antworten.

Mathematik – gut in den Noten, schlecht im Beliebtheitsranking

Die Telekom-Stiftung hat Schülerinnen und Schüler zwischen zehn und 16 Jahren gefragt, wie sie MINT-Fächer wie Mathematik, Physik, Chemie und Technik wahrnehmen. Das Ergebnis: Mathematik mögen nur 36 Prozent der Befragten, obwohl 78 Prozent ihre Leistungen als „gut“ oder „sehr gut“ einschätzen. Noch ernüchternder ist, dass lediglich 29 Prozent sich vorstellen können, später einen Beruf zu wählen, bei dem Mathematik eine zentrale Rolle spielt.

Ähnlich sieht es in den naturwissenschaftlichen Fächern aus: Physik und Chemie sind laut News4Teachers für viele Jugendliche nicht attraktiver als Mathematik. Nur 34 Prozent finden Physik spannend, obwohl 71 Prozent glauben, darin gut zu sein. Chemie mögen nur 29 Prozent, obwohl 68 Prozent der Schüler sich auch hier als leistungsstark bewerten.

Technik hat mehr Zuspruch

Anders ist die Lage beim Fach Technik. Dieses Fach hat deutlich bessere Werte: 54 Prozent der Schülerinnen und Schüler sagen, dass sie Freude daran haben. Rund die Hälfte (49 Prozent) kann sich vorstellen, später in einem Beruf mit technischem Schwerpunkt zu arbeiten. Auch Unterricht, der mehrere Themen kombiniert, wie im Sachunterricht, schneidet besser ab. Die Studie zeigt, dass Fächer mit konkretem Anwendungsbezug beliebter sind.

Jacob Chammon, Geschäftsführer der Telekom-Stiftung, sieht darin eine zentrale Herausforderung: „Es muss gelingen, mit zielgruppenorientiertem Unterricht eine Verbindung zwischen Können, Mögen und Machen zu schaffen.“ Erst dann könnten junge Menschen langfristig für MINT-Fächer begeistert werden.

Lehrkräfte machen den Unterschied

Die Studie hebt besonders die Rolle der Lehrkräfte hervor. Sie prägen entscheidend, wie Schülerinnen und Schüler ein Fach wahrnehmen. Humor, Geduld und die Fähigkeit, verständlich zu erklären, spielen dabei eine wichtige Rolle. Eine 16-jährige Gymnasiastin beschreibt in der Studie, wie ein Wechsel der Lehrkraft ihr Interesse an Mathematik geweckt hat: „Meine erste Mathelehrerin war nicht so sympathisch, aber meine zweite Mathelehrerin war super, mit der kam ich total gut klar. Eine tolle Frau, die das supergut erklärt hat. Und bei der hat dann irgendwie das Interesse für Mathematik angefangen.“ Weiter betont sie:

Ich glaube, das ist sehr lehrerabhängig, ob man in der Schule Mathematik mag oder nicht.

16-jährige Gymnasiastin

Trotzdem bemängeln viele Jugendliche, dass Lehrkräfte oft zu wenig Zeit haben, um auf Fragen einzugehen. 49 Prozent der Befragten sagen, sie hätten häufig das Gefühl, dass ihre Fragen im Unterricht unbeantwortet bleiben. Gerade in komplexen Fächern wie Mathematik führt das zu Frustration und dem Gefühl, den Anschluss zu verlieren.

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Mathematik fehlt oft der Bezug zur Lebenswelt

Ein weiterer Grund für die mangelnde Beliebtheit von Mathematik und anderen MINT-Fächern ist der fehlende Bezug zur Lebenswelt. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen (54 Prozent) wünscht sich alltagsnähere Beispiele im Matheunterricht. Sie fragen sich, warum sie Wissen lernen sollen, das sie später vielleicht nie brauchen. Smartphones und Taschenrechner ersetzen für viele schon heute viele mathematische Aufgaben, weshalb 39 Prozent der Schülerinnen und Schüler meinen, sie könnten auch ohne Matheunterricht gut im Alltag zurechtkommen.

Reformbedarf: Projektarbeit und mehr Zeit für Lehrkräfte

Die Telekom-Stiftung fordert ein Umdenken: Unterricht müsse stärker projektbasiert und praxisnah gestaltet werden, damit Schülerinnen und Schüler MINT-Fächer in größeren Zusammenhängen verstehen können. Gleichzeitig sollten Lehrkräfte mehr Zeit und Freiräume erhalten, um auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Dazu gehören auch längere Pausen zwischen den Fächern, um den Stoff besser verarbeiten zu können.

Was du dir merken solltest:

  • MINT-Fächer wie Mathematik, Physik und Chemie sind bei Schülerinnen und Schülern in Deutschland wenig beliebt, obwohl viele ihre Leistungen als gut bewerten.
  • Lehrkräfte spielen eine entscheidende Rolle, da sie mit Geduld, Humor und guten Erklärungen das Interesse der Schülerinnen und Schüler maßgeblich beeinflussen können.
  • Die Telekom-Stiftung empfiehlt projektbasierten und alltagsnahen Unterricht sowie mehr Zeit für individuelle Förderung, um MINT-Fächer attraktiver zu machen.

Übrigens: Das Deutsche Schulbarometer zeigt besorgniserregende Ergebnisse: Leistungsdruck, Zukunftsängste und fehlende Unterstützung setzen Schülerinnen und Schülern immer stärker zu. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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