Spätes Glück: Warum junge Menschen oft Jahrzehnte auf Zufriedenheit warten
Studien zufolge erleben viele ihr größtes Glück erst ab 45. Junge Menschen berichten dagegen vermehrt von Stress, Unsicherheit und Zukunftsängsten.

Viele junge Erwachsene fühlen sich überfordert – echte Zufriedenheit erreicht laut Studien oft erst, wer Mitte 40 ist. © Pexels
Stress im Alltag, steigende Mieten, Sorgen um die Zukunft – viele junge Menschen haben das Gefühl, ständig auf der Stelle zu treten und dem Glück hinterherzulaufen. Die Frage, wann das Leben endlich leichter wird, bleibt allgegenwärtig. Zwei aktuelle Studien liefern eine verblüffende Antwort: Glück kommt später als gedacht – oft erst mit Mitte 40.
Laut einer Umfrage im Auftrag von Weetabix berichten 77 Prozent der Menschen über 40, dass sie sich zufriedener fühlen als in jüngeren Jahren. Zwei Drittel geben an, sich weniger von Meinungen anderer beeinflussen zu lassen. Und 59 Prozent sagen, sie wüssten inzwischen, was im Leben wirklich zählt.
Zufriedenheit steigt nicht mehr früh, sondern stetig
Auch eine UN-Erhebung unter mehr als 460.000 Menschen in Ländern wie Großbritannien, Kanada und Australien zeigt: Der Höhepunkt des Wohlbefindens liegt oft sogar noch später – bei rund 70 Jahren. Die Gründe: weniger Druck im Beruf, mehr Freizeit, das Gefühl von Stabilität.
Der früher verbreitete Glaube an eine U-förmige Glückskurve – jung glücklich, Mitte unzufrieden, alt wieder froh – passt für viele nicht mehr. Zwar erleben heute viele Menschen eine stetige Verbesserung, doch diese Entwicklung betrifft nicht alle Altersgruppen gleichermaßen. Besonders junge Erwachsene fühlen sich häufig überfordert – psychisch, finanziell und gesellschaftlich.
Corona verstärkt psychische Krisen
Laut der Studie sind derzeit mehr als 500.000 junge Menschen in Großbritannien wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig – doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Die Corona-Pandemie hat diese Zahlen zusätzlich steigen lassen. Den Umfrageergebnissen zufolge litten 51 Prozent der jungen Erwachsenen an Angststörungen und 48 Prozent an Depressionen. Häufig genannt wurden Gefühle wie Leere, Hoffnungslosigkeit oder die Angst, im Leben nicht weiterzukommen.
Diese Erfahrungen betreffen nicht nur Einzelschicksale. Viele junge Menschen kämpfen mit strukturellen Problemen: hohe Mieten, unsichere Arbeitsverhältnisse, Studienkredite, stagnierende Löhne. Der Ökonom David Blanchflower spricht von „systemischer Überforderung“.
Klare Kluft: Ältere profitieren, Junge kämpfen
Die emotionale Belastung junger Erwachsener ist eine Reaktion auf reale Bedingungen: wachsende Ungleichheit, fehlende soziale Sicherheit, politische Blockaden. Im Gegensatz dazu leben viele ältere Menschen mit mehr Rückhalt – finanziell wie gesellschaftlich.
Doch nicht nur der individuelle Hintergrund zählt – auch der Wohnort beeinflusst das Glücksempfinden junger Menschen. Laut dem Eurobarometer vom Herbst 2024 bezeichnen sich nur 21 Prozent der EU-Bürger als „sehr zufrieden“ mit ihrem Leben. Besonders alarmierend: In Italien erreichen nur 12 Prozent diesen Wert, in Dänemark dagegen 67 Prozent. Für junge Erwachsene bedeutet das: Wer in einem Land mit schwacher Wirtschaft und wenig sozialem Rückhalt lebt, fühlt sich schneller abgehängt.
In strukturschwachen Regionen haben junge Menschen weniger Chancen auf Glück
Auch innerhalb Deutschlands zeigen sich deutliche Unterschiede. Der Glücksatlas 2024 nennt einen nationalen Durchschnitt von 7,06 Punkten auf einer Skala von 0 bis 10 – ein Niveau wie vor der Corona-Pandemie. Doch dieser Mittelwert täuscht. In Hamburg liegt der Index bei 7,38, in Mecklenburg-Vorpommern nur bei 6,17. Besonders für Jüngere in strukturschwachen Regionen bedeutet das: weniger Chancen, weniger Aufstieg, weniger Zufriedenheit.
Kurz zusammengefasst:
- Viele Menschen erleben ihr persönliches Glück nicht in jungen Jahren, sondern oft erst ab dem 45. Lebensjahr oder später.
- Junge Menschen leiden deutlich häufiger unter psychischen Belastungen, unsicheren Lebensverhältnissen und fehlenden Zukunftsperspektiven.
- Lebenszufriedenheit hängt stark vom Wohnort ab – besonders in strukturschwachen Regionen haben junge Menschen deutlich schlechtere Chancen auf Glück.
Übrigens: Wer weniger Zeit am Handy verbringt, hat bessere Chancen auf echtes Wohlbefinden – besonders junge Menschen spüren den Unterschied deutlich. Wie bewusster Medienkonsum das Glück stärken kann, liest Du in unserem Artikel.
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