Macht und Scham: Wie gesellschaftliche Normen das Selbstwertgefühl prägen

Machtstrukturen und Schönheitsideale beeinflussen das Selbstbild, führen zu Scham und negativem Selbstwert. Alice Haddon zeigt Wege zur Befreiung in „The Heartbreak Hotel“.

Selbstwertgefühl

Gesellschaftliche Schönheitsideale beeinflussen unser Selbstbild. © Vecteezy

Macht und gesellschaftliche Vorstellungen von Schönheit beeinflussen das Selbstbild und führen oft zu Scham und negativem Selbstwertgefühl. Die britische Psychologin Alice Haddon erklärt in ihrem neuen Buch „The Heartbreak Hotel“, wie man sich davon befreit.

Herzschmerz ist unvermeidlich, sagt Haddon laut der WELT. Doch irgendwann finden wir die Kraft, ihn zu überwinden und das Leid in etwas Sinnhaftes zu verwandeln. Betroffene, die Untreue, toxische Beziehungen oder Verlassenwerden erlebt haben, stecken oft in einem Gedankenkarussell fest. Haddon und Bestseller-Autorin Ruth Field zeigen in ihrem Buch Wege, diesen Gefühlen zu entkommen.

Psychologin Alice Haddon. © Katie Wilson
Bestseller-Autorin Ruth Field. © Katie Wilson

Machtstrukturen und Herzschmerz

Machthierarchien bilden die Basis für Herzschmerz, erklärt Haddon. Alltägliche Akte des Verrats verstärken das Leid und führen zu Frustration, verminderter Handlungsfähigkeit und negativem Selbstwertgefühl. Menschen mit Macht beeinflussen die Identität derjenigen ohne Macht und bestimmen die Verhaltensregeln. Diese Dynamik existiert in jeder Familie, Institution, Kultur und Religion und bestimmt unser Selbstbild.

Haddon beschreibt, dass Frauen historisch und kulturell oft zurückgewiesen und beschämt wurden, weil ihre Körper nicht den gesellschaftlichen Schönheitsidealen entsprachen. Sie kritisiert die Vorstellung, dass Zierlichkeit ein Synonym für weibliche Attraktivität ist. Diese tief verwurzelten Ideale beeinflussen das Selbstwertgefühl von Frauen stark.

Die Psychologie der Scham

Die Geschichte von Adam und Eva stellt Frauen als die Schuldigen dar. Jahrtausendelang bestraften Gesellschaften Frauen für ihre vermeintlichen Verfehlungen und beschämten sie. Diese historischen und kulturellen Kontexte prägen die Erfahrungen von Frauen weltweit. Die psychologischen Konsequenzen sind schmerzhaft und attackieren den Kern des Selbstwertgefühls. Die Botschaft „Du bist weniger wert und solltest dich schämen“ ist allgegenwärtig.

Gaslighting wird häufig als Machtstrategie genutzt, um Frauen zu kontrollieren und zu manipulieren. Aussagen wie „Du bist überempfindlich“ oder „Das bildest du dir ein“ verdeutlichen dies. Um diese Bedrohung zu minimieren, entwickeln Frauen oft Strategien wie Selbstbeobachtung, Selbstvorwürfe oder Selbstkritik. Diese Mechanismen führen zu einem Teufelskreis von Scham und negativem Selbstwertgefühl.

Übrigens: Laut StudySmarter beschreibt Gaslighting ein Phänomen, bei dem jemand durch gezielte psychologische Methoden und Taktiken dazu gebracht wird, an seiner eigenen geistigen Gesundheit zu zweifeln. Es ist eine Form der psychologischen Manipulation, bei der der Täter oder die Täterin bewusst Selbstzweifel und Verwirrung im Opfer hervorrufen möchte. Dabei versuchen Gaslighter und Gaslighterinnen, Kontrolle und Macht über die andere Person zu erlangen, indem sie deren Wahrnehmung der Realität verzerren und sie dazu bringen, ihr eigenes Urteilsvermögen und ihre Intuition anzuzweifeln.

Strategien zur Selbstbefreiung

Haddon rät, Scham und ihre Auswirkungen auf den Körper zu erkennen. Glühende Wangen, flauer Magen und gesenkter Blick sind körperliche Reaktionen auf Scham. Sie fordert, sich von den Definitionen zu lösen, die andere uns auferlegen. Diese haben nichts mit unserem wahren Selbst zu tun.

„Wenn der Mensch, der uns das Herz gebrochen hat, versucht, uns einzureden, es sei unsere Schuld, sollten wir uns diesen Schuh nicht anziehen“, betont Haddon. Scham will uns dazu bringen, Beweise zu vernichten und Geheimnisse zu bewahren, was zu Isolation und Einsamkeit führt. Sie empfiehlt, diese Geheimnisse ans Licht zu bringen und mit einer vertrauten Person darüber zu sprechen.

Macht der Scham durchbrechen

Gesellschaftliches und körperliches Shaming wird genutzt, um Personengruppen aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder anderen Faktoren zu diskriminieren. Herabwürdigungen verinnerlichen wir allmählich, bis sie unser Selbstbild prägen. Zweideutige Komplimente, die zugleich schmeichelnd und abwertend sind, haben einen besonders unangenehmen Beigeschmack.

Haddon fordert, die Perspektive derjenigen zu erkennen, die uns entmachten wollen. Diese Botschaften sind Instrumente der Abwertung.

Hol deine schambesetzten Geheimnisse ans Licht!

Alice Haddon

Das gelingt durch Gespräche mit vertrauten Personen oder durch das Aufschreiben und Verbrennen der Geheimnisse.

Alice Haddon und Ruth Field zeigen in „The Heartbreak Hotel“ Wege, sich von Scham und negativem Selbstwertgefühl zu befreien und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Cover von „The Heartbreak Hotel“ © Rowohlt

Übrigens: Hier geht’s zum Buch!

Was du dir merken solltest:

  • Machtstrukturen und gesellschaftliche Schönheitsideale beeinflussen das Selbstbild und führen oft zu Scham und einem negativen Selbstwertgefühl, insbesondere bei Frauen, die nicht den vorherrschenden Schönheitsnormen entsprechen.
  • Historische und kulturelle Kontexte, wie die Geschichte von Adam und Eva, sowie Manipulationstechniken wie Gaslighting, tragen dazu bei, dass Frauen sich schämen und ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigt wird.
  • Um sich von Scham und negativen Selbstwertgefühlen zu befreien, rät Alice Haddon dazu, Schamgefühle zu erkennen, sich von auferlegten Definitionen zu lösen und offen über schambesetzte Geheimnisse zu sprechen.

Bild: © Vecteezy

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert