Geisterstädte des Amazonas: Neue Einblicke durch Lidar-Technologie
Die Lidar-Technologie enthüllt verborgene präkolumbianische Geisterstädte im Amazonas und fordert traditionelle Annahmen über alte Zivilisationen heraus.
Im undurchdringlichen Grün des Amazonas wurden Spuren einer präkolumbianischen Zivilisation entdeckt, die die Geschichtsbücher neu schreiben könnte. Nach neuesten Forschungen, die im „NewScientist“ vorgestellt wurden, war diese Region vor Tausenden von Jahren Heimat großer Gesellschaften. Die technologischen und kulturellen Errungenschaften dieser Geisterstädte des Amazonas könnten jetzt durch moderne Technologien wie Lidar ans Licht kommen.
Lidar enthüllt eindrucksvoll verborgene Amazonas-Städte
Lange Zeit galt der Amazonas als kaum von Menschen berührte Natur. Doch die Lidar-Technologie, die das Durchdringen dichter Vegetation mit Laserstrahlen ermöglicht, offenbart die Konturen von Städten, die einst Tausende bewohnten.
Übrigens: Lidar steht für Light Detection And Ranging. Diese Technologie ist heute für das autonome Fahren relevant.
Diese „Geisterstädte“ zeigen ausgeklügelte Straßennetze, Tempel und sogar Pyramiden. Wie der „NewScientist“ berichtet, könnte diese Entdeckung unsere Sicht auf die menschliche Besiedlung der Erde grundlegend ändern.
Die ersten Menschen sollen bereits vor 27.000 bis 13.000 Jahren in den Amazonas gekommen sein. Dies wurde durch Funde in der Region Serranía de la Lindosa in Kolumbien belegt, wo Spuren menschlicher Bewohner bis zu 12.600 Jahre zurückdatiert werden konnten. Diese Jäger und Sammler nutzten die vielfältigen Landschaften des Amazonasbeckens, lange bevor sie zu den Ackerbauern wurden, die wir heute oft in der Geschichte finden.
Die ersten Bewohner des Amazonas begannen nicht sofort damit, große Siedlungen tief im Regenwald zu errichten. Vielmehr siedelten sie an den Rändern des Amazonasbeckens. José Iriarte von der Universität Exeter beschreibt die Landschaft: „Es gibt üppige immergrüne Wälder, saisonal überschwemmte Savannen und große Feuchtgebiete – die Vielfalt ist enorm.“ Weiter fügt er hinzu: „Von Beginn an suchten diese Jäger und Sammler nach Übergangszonen, in denen sie verschiedene Umgebungen nutzen konnten.“
Frühe Landwirtschaft im Amazonas: Entdeckung der „Waldinseln“
Überraschenderweise fanden Forscher heraus, dass die Amazonasbewohner bereits vor 10.800 Jahren mit dem Anbau von Pflanzen begannen. José Capriles von der Pennsylvania State Universität und sein Team entdeckten 2020 im Savannengebiet der Llanos de Mojos in Bolivien Beweise für die frühe Domestizierung von Pflanzen. Sie fanden sogenannte „Waldinseln“, kleine von Menschenhand geschaffene Hügel, die heute noch dicht bewachsen sind und auf eine gezielte Nutzung der Landwirtschaft hindeuten.
Monumentale Amazonas-Stätten
Michael Heckenberger, ein Anthropologe, der mit den Kuikuro im oberen Xingu-Becken arbeitet, bezeugt ebenfalls die fortgeschrittene Zivilisation der Region: „Nach zwei Wochen zeigte mir der Kuikuro-Häuptling, Afukaka, eine Stätte, die zwanzigmal so groß war wie das heutige Dorf.“
Eine große Wende in der Besiedlungsgeschichte des Amazonas trat vor etwa 2500 Jahren ein. Forscher wie Crystal McMichael und Mark Bush dokumentieren, dass zu dieser Zeit eine signifikante Bevölkerungszunahme stattfand. Menschen begannen, den Boden aktiv zu modifizieren und die fruchtbare Terra Preta – so heißt der nährstoffreiche, tiefschwarze Boden im Amazonasgebiet – zu nutzen, um die nährstoffarmen Böden des Amazonas fruchtbarer zu machen.
Eine Gesellschaft ohne Eliten?
Trotz der fortschrittlichen Agrartechniken und der großen Bevölkerungsdichte zeigten archäologische Studien, dass im Amazonas keine hierarchischen Staatsformen wie in anderen antiken Zivilisationen entstanden. Denise Gomes, eine Forscherin an der Universität von Rio de Janeiro, erklärt, dass in den Siedlungen der Tapajó, die vor etwa 1000 Jahren errichtet wurden, keine Konzentration von Reichtümern gefunden wurde, was auf eine eher egalitäre Gesellschaftsstruktur hindeutet.
Diese Entdeckungen stellen viele unserer bisherigen Annahmen über präkolumbianische Kulturen in Frage und zeigen, dass die Amazonas-Zivilisationen viel komplexer und technologisch fortschrittlicher waren, als bisher angenommen. Die neuen Erkenntnisse könnten auch dazu beitragen, dass wir den Amazonas und seine Geschichte in einem neuen Licht sehen und vielleicht auch anders darüber nachdenken, wie wir dieses wichtige Ökosystem heute schützen und nutzen.
Alte Technologien, neue Perspektiven
Die Fortschritte in der Fernerkundungstechnologie ermöglichen es uns heute, einen tieferen Einblick in die Vergangenheit zu gewinnen. Sie könnten uns helfen, zukünftige Herausforderungen im Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen besser zu verstehen. Die Archäologie im Amazonasgebiet steht noch am Anfang. Und die neuesten Entdeckungen könnten nur die Spitze des Eisbergs sein.
Was du dir merken solltest:
- Lidar enthüllt Geisterstädte im Amazonas: Moderne Technologien decken versteckte präkolumbianische Städte auf und ändern damit unsere Sicht auf frühe Zivilisationen.
- Menschliche Spuren im Amazonas: Schon vor bis zu 27.000 Jahren besiedelten Menschen das Amazonasgebiet, weit bevor der Ackerbau begann.
- Anfänge der Landwirtschaft entdeckt: Forschungen zeigen, dass Amazonasbewohner bereits vor 10.800 Jahren Pflanzen kultivierten, erkennbar an handgemachten „Waldinseln“.
Übrigens: Dank der modernen Technologie der Drohnenfotografie konnten Forscher eine weitere prähistorische Sensation ausfindig machen. In den Felswänden entlang des Orinoco in Venezuela und Kolumbien wurden die bislang größten Steingravuren aus dieser Epoche entdeckt. Was in die Felsen eingearbeitet wurde und warum, erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Pedro Biondi/ABr via Wikimedia unter CC BY 3.0 BR
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