Archäologen widerlegen Paleo-Diät – Steinzeitkost war voller Pflanzen

Frühmenschen mahlten und kochten Pflanzen – die Paleo-Diät hat mit echter Steinzeitkost wenig zu tun.

Fleisch wird in einer Pfanne über dem Feuer gebraten

Es gab nicht nur Fleisch, Fisch oder Eier: Schon vor Zehntausenden Jahren machten Menschen Samen, Wurzeln und Knollen mit Mahlen und Kochen essbar. © Pexels

Die Paleo-Diät gilt seit Jahren als Trend unter Ernährungsbewussten. Ihr Grundgedanke: Der Mensch solle essen wie seine Vorfahren in der Altsteinzeit – also möglichst „ursprünglich“ und frei von industriell verarbeiteten Lebensmitteln. Erlaubt sind Fleisch, Fisch, Eier, Gemüse, Obst und Nüsse. Tabu sind dagegen Getreide, Hülsenfrüchte, Zucker und Milchprodukte, weil sie erst mit dem Ackerbau vor rund 10.000 Jahren aufkamen. Anhänger dieser Ernährungsform glauben, der Körper sei genetisch noch immer auf die Nahrung der Jäger und Sammler eingestellt und reagiere auf moderne Lebensmittel mit Übergewicht, Diabetes oder Herzproblemen.

Doch dieses Konzept gerät nun ins Wanken. Eine internationale Studie der University of Toronto und der Australian National University zeigt, dass der Mensch nie ein reiner Fleischesser war, sondern von Beginn an vielseitig aß – und pflanzliche Nahrung dabei eine zentrale Rolle spielte.

Unsere Vorfahren lebten nicht als reine Jäger. Sie mahlten Samen, kochten Wurzeln und bereiteten Knollen zu – lange bevor es Ackerbau gab. Diese Erkenntnisse erschüttern den Grundgedanken der Paleo-Bewegung. Denn das, was heute als „Steinzeitkost“ gilt, hat mit dem tatsächlichen Speiseplan früher Menschen wenig zu tun.

Menschen waren erfinderische Esser

Die Forscherinnen Anna Florin und Monica Ramsey untersuchten Funde aus mehr als 30 Ausgrabungsstätten weltweit. Auf Mahlsteinen entdeckten sie Pflanzenreste, verkohlte Wurzeln und Spuren gekochter Samen – manche bis zu 170.000 Jahre alt. Solche Belege stammen aus Afrika, Europa und Australien.

„Oft wird so getan, als habe die Bedeutung von Pflanzen erst mit dem Aufkommen der Landwirtschaft begonnen“, sagt Florin. „Tatsächlich nutzten Menschen sie schon sehr viel früher. Sie mahlten, kochten und entgifteten sie.“

Das Forschungsteam bezeichnet den Menschen als „Broad-Spectrum Species“ – also als eine Art, die alles Essbare nutzt. Diese Vielseitigkeit half, in sehr unterschiedlichen Landschaften zu überleben. In heißen Savannen, kalten Steppen oder auf kargen Inseln boten Pflanzen Energie, wenn Jagdbeute fehlte.

Pflanzenkraft sicherte das Überleben der Steinzeitmenschen

Schon damals war der Körper auf Abwechslung angewiesen. Eine Ernährung nur aus magerem Fleisch konnte gefährlich werden. Der Organismus verträgt höchstens 250 bis 300 Gramm Protein pro Tag. Fehlen Fett oder Stärke, droht eine Proteinvergiftung, die nach wenigen Wochen tödlich enden kann.

Deshalb waren energiereiche Pflanzen wie Nüsse, Knollen und Samen überlebenswichtig. Durch Kochen, Mahlen und Trocknen wurden sie bekömmlicher und lieferten zusätzliche Kalorien. „Diese Fähigkeit, Pflanzennahrung zu verarbeiten, erlaubte es uns, neue Lebensräume zu besiedeln und dort zu gedeihen“, erklärt Ramsey.

Frühmenschen waren kreative Köche

Das Bild vom Fleisch liebenden Steinzeitmenschen stammt vor allem aus populären Diätbüchern. Die archäologischen Fakten sprechen jedoch dagegen. Frühmenschen waren keine rohen Fleischesser, sondern kreative Köche. Sie zerkleinerten, rösteten und mischten Pflanzen – oft mit erstaunlichem Wissen über ihre Inhaltsstoffe.

„Unsere Spezies entwickelte sich als pflanzenliebende, werkzeugnutzende Feinschmecker, die fast alles in ein Abendessen verwandeln konnten“, so Ramsey.

Die Studie verändert auch den Blick auf heutige Ernährungsmoden. Vielfalt und Verarbeitung gehören demnach seit jeher zur menschlichen Ernährung – nicht der Verzicht.

Pflanzenvielfalt als Erfolgsrezept

Der Mensch passte sich auch genetisch an stärkehaltige Nahrung an. Das AMY1-Gen, das für die Verdauung von Stärke sorgt, vervielfachte sich bereits vor 800.000 Jahren. Dadurch konnten unsere Vorfahren auch Knollen und Getreide optimal nutzen.

Diese Anpassung stärkte die Ausdauer – beim Wandern ebenso wie bei der Jagd. Sie erklärt, warum Kohlenhydrate bis heute eine der wichtigsten Energiequellen sind und nicht das „Übel moderner Ernährung“, wie Anhänger der Paleo-Diät behaupten.

Kurz zusammengefasst:

  • Frühmenschen aßen schon lange vor dem Ackerbau vielfältig und verarbeiteten Pflanzen wie Samen, Wurzeln und Knollen – die Vorstellung einer reinen Fleischkost ist falsch.
  • Eine neue Studie belegt, dass pflanzliche Nahrung überlebenswichtig war und der Mensch sich genetisch an stärkehaltige Kost anpasste.
  • Die Paleo-Diät beruht auf einem Missverständnis: Nicht Verzicht, sondern Vielfalt machte den Menschen erfolgreich – damals wie heute.

Übrigens: In einer neuen Vergleichsstudie schnitt die vegane Ernährung beim Abnehmen besser ab als die mediterrane – trotz Kartoffeln und Brot. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild © Pexels

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