Adipositas früh verhindern – Gentest zeigt Risiko schon vor dem fünften Lebensjahr

Ein neuer Gentest liefert Hinweise darauf, warum manche Kinder früh zunehmen – und könnte helfen, das Risiko für Adipositas rechtzeitig zu erkennen.

Gentest zeigt früh Adipositas-Risiko bei Kindern

Der neue Gentest könnte künftig sogar per Wangenabstrich durchgeführt werden und ermöglicht eine frühe Einschätzung des Adipositas-Risikos im Kindesalter. © DALL-E

Viele Kinder nehmen schon im Vorschulalter überdurchschnittlich zu. Eltern fragen sich dann, ob es sich um harmlosen „Babyspeck“ handelt oder ob ein medizinischer Grund dahintersteckt. Tatsächlich lassen sich Gewichtsentwicklungen nicht allein durch Ernährung oder Bewegung erklären. Auch genetische Faktoren spielen eine bedeutende Rolle. Klärung kann hier ein neuer Gentest bringen: Der sogenannte polygene Risiko-Score (PGS) wertet genetische Informationen aus und schätzt ein, wie hoch das persönliche Risiko für Adipositas im späteren Leben ist.

Der Score funktioniert bereits vor dem fünften Lebensjahr – also zu einem Zeitpunkt, an dem äußere Risikofaktoren noch kaum messbar sind. Die Analyse eines Forschungsteam der Universität Bristol stützt sich auf mehr als fünf Millionen genetische Datensätze.

Gentest misst genetisches Adipositas-Risiko mit hoher Genauigkeit

Der neue Score erklärt rund 17 Prozent der Unterschiede im Body-Mass-Index (BMI) – damit ist er doppelt so genau wie frühere Modelle. Besonders aussagekräftig ist der Zusammenhang zwischen den genetischen Werten im Kleinkindalter und dem späteren BMI im Jugend- und Erwachsenenalter.

Künftig könnte der Test sogar über einen einfachen Wangenabstrich durchgeführt werden. Zwar ersetzt er keine medizinische Diagnose, aber er bietet eine verlässliche Einschätzung lange vor sichtbaren Symptomen.

Früh reagieren: Diese Maßnahmen helfen besonders gefährdeten Kindern

Wenn ein erhöhtes Risiko früh bekannt ist, lassen sich gezielte Präventionsmaßnahmen einleiten. Besonders im frühen Kindesalter haben Alltagsgewohnheiten einen großen Einfluss auf die spätere Gewichtsentwicklung.

Empfohlene Maßnahmen bei erhöhtem Risiko:

  • regelmäßige Bewegung im Alltag: zu Fuß gehen, draußen spielen, altersgerechte Sportangebote
  • ausgewogene Ernährung: viel Gemüse, wenig stark verarbeitete Produkte
  • strukturierter Tagesablauf: feste Essenszeiten, ausreichend Schlaf, begrenzte Bildschirmzeit

Diese Maßnahmen wirken nicht nur vorbeugend, sondern fördern auch das allgemeine Wohlbefinden und die Selbstregulation von Kindern.

Genetische Veranlagung ist nicht gleich Schicksal

Studien zeigen, dass Kinder mit hohem genetischem Risiko besonders gut auf Programme zur Gewichtsregulation ansprechen. Sie verlieren oft schneller Gewicht als andere Kinder – nehmen allerdings auch eher wieder zu, sobald Programme enden. Das unterstreicht die Notwendigkeit langfristiger Begleitung statt kurzfristiger Interventionen.

Der neue Gentest kann helfen, diese Kinder frühzeitig zu identifizieren und gezielt zu unterstützen. Denn Adipositas entsteht durch ein Zusammenspiel aus Genetik, Umwelt, Verhalten und sozialen Bedingungen – viele dieser Faktoren wirken bereits im frühen Kindesalter.

Gentest liefert bessere Ergebnisse für bestimmte Bevölkerungsgruppen

Der aktuelle Score liefert die zuverlässigsten Ergebnisse für Menschen europäischer Herkunft. Bei Kindern mit afrikanischem oder asiatischem Hintergrund ist die Vorhersagekraft bislang eingeschränkt. Grund dafür ist die Zusammensetzung der genetischen Datensätze, die bisher vor allem auf europäischen Populationen basieren.

Die Forscher fordern deshalb, weitere Studien mit ethnisch vielfältigeren Gruppen durchzuführen, um gesundheitliche Ungleichheiten nicht zu verschärfen.

Orientierung für Familien: Warum frühe Beratung so wichtig ist

Der Gentest kann Familien helfen, gesundheitliche Risiken rechtzeitig zu erkennen. Wer weiß, dass das Kind genetisch vorbelastet ist, kann sich frühzeitig Unterstützung holen – etwa in Form von:

  • kinderärztlicher Beratung
  • Ernährungsschulungen für Familien
  • Bewegungsprogrammen in Kitas oder Gemeinden

Ein Werkzeug für personalisierte Vorsorge

Starkes Übergewicht im Kindesalter führt nicht nur zu körperlichen Beschwerden, sondern kann auch psychische Belastungen wie Ausgrenzung, Scham und wiederholte Diäterfahrungen nach sich ziehen. Der polygene Risiko-Score könnte helfen, diesen Kreislauf zu durchbrechen – bevor er entsteht.

Noch ist der Test nicht Teil der Standardversorgung. Doch die Datenlage zeigt: Die Möglichkeiten einer personalisierten Vorsorge rücken näher – und könnten die Adipositas-Prävention in den kommenden Jahren deutlich verbessern.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein neuer Gentest kann schon bei Kleinkindern Hinweise darauf geben, ob im späteren Leben ein erhöhtes Risiko für Adipositas besteht.
  • Die genetische Veranlagung zu Adipositas lässt sich damit frühzeitig erkennen – lange bevor erste körperliche Anzeichen sichtbar werden.
  • Der Gentest ermöglicht gezielte Vorsorge: Familien können rechtzeitig mit Bewegung, gesunder Ernährung und medizinischer Beratung gegensteuern.

Übrigens: Nicht nur Gene, auch das Gewicht des Vaters zum Zeitpunkt der Zeugung kann das Adipositas-Risiko eines Kindes deutlich erhöhen. Wie eine kanadische Studie zeigt, verdoppelt sich dadurch die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht im frühen Kindesalter – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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