Unbekannte Schadstoffe in Kosmetika: Neue Tests entlarven riskante Produkte

Viele Kosmetika enthalten unbekannte Schadstoffe, die Zellen schädigen und hormonell wirken, selbst in Produkten für empfindliche Haut.

Neue Tests entlarven unbekannte Schadstoffe in Kosmetika

Eigentlich möchte man sich etwas Gutes tun: In handelsüblicher Creme entdeckten Forscher Substanzen, die Zellschäden verursachen und nicht durch gängige Labortests erfasst werden. © Pexels

Cremes, Lippenpflege oder Parfüm – viele nutzen sie täglich. Doch genau diese Produkte können Substanzen enthalten, die bislang unbemerkt geblieben sind. Eine umfassende Untersuchung der Justus-Liebig-Universität Gießen zeigt: In vielen handelsüblichen Kosmetika und Pflegeprodukten stecken Schadstoffe, die bisher weder in Inhaltsstofflisten noch bei Standardtests erfasst wurden. Insgesamt nahmen die Forscher 140 Kosmetika, Pflegeprodukte und über 40 Parfüms sowie die gängigen Sicherheitsprüfungen unter die Lupe.

Unsichtbar und riskant: Viele Schadstoffe blieben bisher unentdeckt

Entscheidend für die Entdeckung war eine neu entwickelte Analysemethode. Sie macht nicht nur einzelne Substanzen sichtbar, sondern zeigt auch direkt ihre Wirkung auf menschliche Zellen. Damit lassen sich erbgutschädigende, hormonaktive oder zellabtötende Stoffe identifizieren – selbst wenn sie bisher nirgends offiziell erfasst sind.

Mit den bisherigen Analysemethoden übersieht man Stoffe, die außerhalb des Fokus liegen, aber dennoch eine Schadwirkung haben.

Prof. Dr. Gertrud Morlock

Problematisch sind vor allem komplexe Stoffgruppen wie Mineralöle, deren Wirkung stark schwanken kann, je nachdem, wie sie zusammengesetzt sind.

Vor allem Pflegeprodukte für empfindliche Haut betroffen

Am häufigsten entdeckten die Forscher riskante Substanzen in Lippenpflegestiften, Wundcremes, Brustwarzensalben und anderen Produkten, die mit empfindlicher Haut in Kontakt kommen. Besonders heikel: Diese Stoffe können durch kleinste Hautverletzungen oder gereiztes Zahnfleisch direkt in die Blutbahn gelangen – ein möglicher Weg für Schadstoffe, unbemerkt in den Körper zu kommen. Die tägliche Anwendung solcher Produkte erhöht das Risiko zusätzlich.

Die Schadstoffe aus Kosmetika belasten nicht nur den Körper, sondern auch die Umwelt. Was beim Duschen, Abschminken oder Händewaschen abgespült wird, gelangt in Kläranlagen und später in Flüsse, Meere oder Böden. Die Langzeitwirkungen dieser Substanzen auf Tiere und Pflanzen sind noch weitgehend unerforscht. Die neue Methode könnte dabei helfen, solche Belastungen künftig schneller zu erkennen und gezielter einzugrenzen.

Neues Labortool spürt Schadstoffe schnell und günstig auf

Gleichzeitig bietet der Ansatz eine Chance für bessere Produktkontrollen. Mit dem Analyse-Tool 2LabsToGo-Eco, das die Gießener Forscher entwickelten, können Hersteller oder Behörden Schadstoffe einfacher und kostengünstig untersuchen. Das System ist open-source und für verschiedene Anwendungen einsetzbar – nicht nur bei Kosmetika, sondern auch in Lebensmitteln, Tierfutter oder Umweltproben. Dadurch ließe sich frühzeitig herausfinden, wo problematische Stoffe entstehen und wie man sie künftig vermeiden kann.

Gezieltes Reduzieren schützt Gesundheit und Umwelt

Einige Produkte zeigen bereits, dass es auch anders geht. Artikel, die mit dem Hinweis „frei von Mineralölrückständen“ verkauft wurden, enthielten im Vergleich deutlich weniger bedenkliche Stoffe.

Unsere Studien zeigen auch, dass es vereinzelt Produkte gibt, die schon heute besser abschneiden.

Prof. Dr. Morlock

Für Professorin Morlock ist das ein ermutigendes Signal. Dennoch warnt sie: Die Vielzahl der belasteten Produkte mache ein Umdenken in der Branche notwendig. „Ein Minimierungskonzept könnte langfristig Gesundheit und Umwelt schützen und den Verbraucherschutz entscheidend verbessern.“

Kurz zusammengefasst:

  • Viele Kosmetika enthalten bislang unerkannte Schadstoffe, die Zellen schädigen oder das Hormonsystem beeinflussen können.
  • Die neue Analysemethode der Justus-Liebig-Universität Gießen zeigt, wie gefährlich Inhaltsstoffe wirken – selbst in geringen Mengen.
  • Betroffen sind vor allem Produkte für empfindliche Haut; über Mikrorisse können Schadstoffe in den Körper oder durch Abwaschen in die Umwelt gelangen.

Übrigens: Lotionen und Parfüms beeinflussen mehr als nur den Duft, sie verändern sogar die Chemie der Luft um uns und schwächen das natürliche Schutzfeld des Körpers. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert