Wenn Grübeln krank macht – Junge Frauen sind besonders gefährdet

Overthinking – also das ständige, belastende Grübeln ohne Ergebnis – raubt Schlaf und Lebensfreude. Warum junge Frauen besonders betroffen sind und welche Strategien helfen, das Gedankenkarussell zu stoppen.

Was gegen Overthinking hilft – Grübeln gezielt stoppen

Junge Frauen leiden besonders oft unter Overthinking. Ihre Gedanken kreisen ständig, doch mit einfachen Techniken lässt sich das Grübeln stoppen. © Pexels

Stundenlanges Nachdenken über längst vergangene Gespräche. Andauernde Sorgen um Fehler, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Und Gedanken an ein Morgen, das noch gar nicht da ist. Genau dieses unaufhörliche Denken – das sogenannte Overthinking – lässt sich nicht einfach stoppen. Wer es nicht schafft, das Grübeln rechtzeitig abzuschalten, riskiert ernsthafte Folgen für die Psyche.

Denn Overthinking ist mehr als eine schlechte Angewohnheit. Es kann Ängste verstärken, den Schlaf rauben und sogar Depressionen begünstigen. Warum besonders junge Frauen betroffen sind, wie sich das Grübeln mit dem Alter verändert – und was wirklich hilft, um Overthinking zu stoppen – das zeigt eine aktuelle Studie aus Neuseeland.

Overthinking frühzeitig erkennen und gezielt stoppen

Grübeln ist kein gewöhnliches Nachdenken. Es ist ein ständiges, oft ungewolltes Wiederkäuen negativer Gedanken. Dr. Julia Funk von der LMU München erklärt laut Apotheken Umschau: „In der Forschung sprechen wir vom Repetitiven Negativen Denken, kurz RND. Das ist aber so sperrig, dass ich privat gern Grübeln sage.“ Weiter erklärt sie:

RND meint die andauernde gedankliche Beschäftigung mit negativen Inhalten. Diese wird als intrusiv und unkontrollierbar erlebt, das heißt, das Gedankenkarussell startet, ohne dass ich es möchte und es ist schwierig, es aus eigener Kraft wieder anzuhalten. Diese Gedankenspiralen werden als unproduktiv erlebt, sie führen zu keiner Lösung.

Dr. Julia Funk, LMU München

Kurz gesagt: Wer ständig grübelt, findet keine Lösungen, sondern verliert nur Energie.

Laut der Studie berichten besonders junge Erwachsene über häufiges Grübeln. Die Untersuchung basiert auf den Daten von 64.901 Menschen zwischen 18 und 81 Jahren, die über einen Zeitraum von zwölf Jahren regelmäßig befragt wurden. Das Ergebnis: Grübeln ist besonders im jungen Erwachsenenalter stark ausgeprägt und nimmt mit dem Alter deutlich ab.

Frauen betroffen – besonders in jungen Jahren

Die Studie zeigt außerdem klare Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Rund 63 Prozent der Befragten waren Frauen. Sie berichteten in der jungen Erwachsenenzeit häufiger über wiederholtes Grübeln als Männer.

Dieser Unterschied ist jedoch nicht konstant über das Leben hinweg. Mit zunehmendem Alter gleichen sich die Werte zwischen Männern und Frauen an. Ein Grund dafür könnte sein, dass junge Frauen offener über psychische Belastung sprechen – oder dass gesellschaftliche Anforderungen und Selbstkritik in dieser Gruppe besonders stark ausgeprägt sind.

Warnsignale ernst nehmen – Grübeln ist kein harmloses Denken

Außerdem zeigen sich bei Overthinkern deutliche Zusammenhänge mit psychischen Erkrankungen. Grübeln gilt als Risikofaktor für Depressionen, Angst- und Essstörungen. Es verstärkt negative Emotionen und erschwert es, Abstand zu den eigenen Sorgen zu gewinnen.

Psychologin Dr. Katharina Tempel rät: „Wenn ich allen Menschen einen Satz mitgeben könnte, wäre es: Glaub’ nicht alles, was du denkst.“ Gedanken fühlen sich oft real an – sind aber nicht immer richtig. Deshalb ist es laut Tempel wichtig, sich nicht mit dem inneren Kritiker zu identifizieren, sondern bewusst Abstand zu schaffen.

Erste Hilfe bei Overthinking – was wirklich hilft

Viele Menschen schaffen es mit einfachen Methoden, das Gedankenkarussell zu stoppen. Entscheidend ist, die Kontrolle über das Grübeln zurückzugewinnen und neue, hilfreiche Denkmuster zu etablieren. Besonders gut funktioniert das, wenn Körper und Kopf gleichzeitig einbezogen werden.

Dr. Tempel empfiehlt zum Beispiel, gedanklich ein rotes Stoppschild vor sich zu sehen oder laut „Stopp!“ zu sagen. Auch ein kurzes Klatschen könne helfen, die Spirale zu unterbrechen. Humor sei ebenfalls ein guter Helfer. Wer seinem inneren Kritiker einen Namen gibt – etwa „Katastrophenradio“ oder „Heinz Helmut“ – schaffe Distanz.

Overthinking stoppen: Diese Strategien helfen sofort

Hier sind bewährte Methoden, um gedankliche Schleifen zu unterbrechen:

  • Grübel-Fenster einrichten: 15 Minuten am Tag gezielt grübeln, dann abschließen.
  • Gedanken aufschreiben: Sorgen und Probleme auf Papier bringen.
  • Bewegung: Spaziergänge, Yoga oder Dehnen helfen, den Körper zu aktivieren und den Kopf zu beruhigen.
  • Atemübungen und Achtsamkeit: Mit Body Scan oder Yoga Nidra den Fokus auf das Hier und Jetzt lenken.
  • Kognitive Ablenkung: Die Cognitive Shuffle-Methode nutzen – sich Begriffe zu Buchstaben ausdenken (z. B. Tiere mit A, B, C).
  • Medien gezielt einsetzen: Beruhigende Musik (z. B. in 432-Hz-Frequenz), Podcasts wie Psychologie to go! oder Bücher wie Stop Overthinking nutzen.
  • Dankbarkeitslisten führen: Den Blick auf Positives lenken – besonders abends hilfreich.
  • Gedanken benennen: Inneren Kritikern Namen geben, um sie leichter loszulassen.
  • Soziale Kontakte pflegen: Gespräche helfen, Gedanken zu sortieren und neue Perspektiven zu gewinnen.

Junge Generation besonders gefährdet – Prävention ist entscheidend

Auch beim Grübeln ist Vorsicht besser als Nachsicht. Die Studie rät deshalb dazu, Präventionsangebote besonders auf junge Frauen auszurichten. „Der Fokus sollte darauf liegen, junge Frauen über die negativen Folgen von Grübeln aufzuklären und über die Vorteile aktiver Problemlösungsstrategien“, heißt es. Denn wer früh lernt, mit Gedanken anders umzugehen, kann langfristig psychischen Erkrankungen vorbeugen.

Die gute Nachricht: Mit Übung lässt sich das Denken beeinflussen. Grübeln ist kein Schicksal – sondern ein erlerntes Muster, das sich verändern lässt. Je früher man eingreift, desto leichter fällt der Ausstieg aus der Endlosschleife im Kopf.

Kurz zusammengefasst:

  • Overthinking beschreibt das ständige, belastende Grübeln über Probleme, das keine Lösungen bringt und vor allem junge Erwachsene – besonders Frauen – psychisch stark belasten kann.
  • Laut einer groß angelegten Längsschnittstudie aus Neuseeland mit über 64.000 Teilnehmern nimmt Overthinking mit dem Alter ab, tritt aber bei jungen Generationen häufiger auf.
  • Wer Overthinking stoppen möchte, kann mit klaren Strategien wie dem Grübel-Fenster, gezieltem Schreiben, Bewegung oder Achtsamkeitstechniken seine Gedanken effektiv beruhigen.

Übrigens: Wer sich in Gedanken verliert, setzt nicht nur seine Psyche unter Druck – auch der Körper leidet mit. Achtsamkeit kann helfen, Overthinking zu stoppen und gefährliche Entzündungsprozesse zu verhindern. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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