Gentechnik auf neuem Level: Yale-Forscher entwickeln Proteine, die die Medizin revolutionieren könnten

Forscher haben ein Genom so umkodiert, dass es spezielle Proteine entwickelt, die in der Medizin zum Einsatz kommen könnten.

Nach über einem Jahrzehnt genetischer Rekodierungsarbeit haben Yale-Forscher das Genom einer Zelle so umgeschrieben, dass sie potenziell lebensrettende Proteine herstellen kann. © Vecteezy

Nach über einem Jahrzehnt genetischer Rekodierungsarbeit haben Yale-Forscher das Genom einer Zelle so umgeschrieben, dass sie potenziell lebensrettende Proteine herstellen kann. © Vecteezy

Forscher der Yale University haben den genetischen Code einer Zelle – genauer gesagt, das Genom – so umgeschrieben, dass sie neue, synthetische Proteine mit erweiterten Funktionen herstellen kann. Dazu entwickelten sie eine Methode, um redundante genetische Bausteine zu reduzieren und damit Platz für neuartige Aminosäuren zu schaffen. Diese Proteine könnten laut den Wissenschaftlern sowohl in der Medizin als auch in der Industrie Einsatz finden. 

Revolution in der Protein-Synthese

Das Genom funktioniert wie eine präzise Anleitung zur Herstellung von Proteinen. Durch sogenannte Codons – Dreiergruppen von Nukleotiden – werden Aminosäuren in einer bestimmten Reihenfolge zusammengesetzt. Stopcodons (TAA, TGA und TAG) signalisieren normalerweise das Ende der Proteinproduktion. Die Yale-Forscher nutzten dieses System, um zwei dieser Stopcodons für eine neue Aufgabe freizugeben: Sie kodierten sie für synthetische Aminosäuren um.

„Diese Forschung ermöglicht es uns, grundlegende Fragen zur Anpassungsfähigkeit genetischer Codes zu stellen“, erklärte Farren Isaacs. Zudem eröffnet sie die Möglichkeit, multifunktionale Proteine gezielt zu entwickeln. Isaacs ist einer der leitenden Wissenschaftler der Studie, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde.

Neuer Ansatz mit Potenzial für Medizin und Industrie

Das Forschungsteam der Yale University entwickelte eine spezielle Plattform, die es ermöglicht, ganze Organismen mit einem überarbeiteten genetischen Code auszustatten. Diese Plattform basiert auf einem genetisch rekodierten Organismus (GRO), der mit nur einem Stopcodon arbeitet. Durch diese Technik lassen sich Proteine mit einzigartigen chemischen Eigenschaften herstellen.

Laut Jesse Rinehart, Mitautor der Studie, ist dieser Fortschritt nicht nur für die akademische Forschung interessant, sondern auch für kommerzielle Anwendungen vielversprechend. Die Wissenschaftler sprechen von „programmierbaren Biotherapeutika“, die künftig für medizinische und industrielle Zwecke eingesetzt werden könnten.

Präzise genetische Eingriffe dank künstlicher Intelligenz

Um die genetische Neukodierung zu erreichen, mussten die Forscher mehr als 1.000 gezielte Änderungen im Erbgut vornehmen. Dabei setzten sie auf KI-gestützte Designs, um entscheidende Proteine und RNA-Übersetzungsfaktoren so anzupassen, dass die neuen Aminosäuren korrekt in Proteine eingebaut werden. Laut den Yale-Wissenschaftlern öffnet diese Technik die Tür zu einer Vielzahl neuer Anwendungen in der synthetischen Biologie.

Künstliche Aminosäuren mit besonderen Eigenschaften

Die rekodierten Zellen können nun Proteine mit speziellen chemischen Funktionen herstellen. Dazu gehören beispielsweise Proteine mit längerer Haltbarkeit für Medikamente oder biomaterialbasierte Leitfähigkeiten für technologische Anwendungen. Die Forschung zeigt, dass die modifizierten Proteine gezielt manipuliert werden können, um spezifische biologische Prozesse zu steuern.

Durch die neue Technik ist es auch möglich, synthetische Proteine mit verringertem Immunreaktionspotenzial zu entwickeln. Solche optimierten Proteine könnten in der Medizin eine entscheidende Rolle spielen, etwa bei der gezielten Dosierung von Medikamenten oder der Herstellung langlebiger therapeutischer Proteine.

Kommerzielle Nutzung durch Start-up geplant

Die Ergebnisse dieser Forschung basieren auf mehr als einem Jahrzehnt genetischer Rekodierungsarbeit der Yale-Forscher. Das Team um Isaacs und Rinehart arbeitet bereits mit Pearl Bio, einem Spin-off der Yale University, zusammen. Das Unternehmen plant, die Technologie für kommerzielle Anwendungen zu lizenzieren. Ziel ist es, maßgeschneiderte Proteinwirkstoffe für biotechnologische und pharmazeutische Zwecke zu entwickeln.

Kurz zusammengefasst:

  • Forscher der Yale University haben das Genom einer Zelle so umgeschrieben, dass es neue, synthetische Proteine mit speziellen Funktionen produzieren kann.
  • Dazu haben sie zwei Stopcodons neu kodiert, sodass die Zelle nun künstliche Aminosäuren in Proteine einbauen kann.
  • Diese Technik könnte in der Medizin und Industrie genutzt werden, etwa für verbesserte Medikamente oder innovative Biomaterialien.

Bild: © Vecteezy

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