Cannabis stört Gehirn-Entwicklung: Studie zeigt Risiko für Psychosen bei jungen Erwachsenen
Cannabis-Konsum kann das Risiko für Psychosen bei jungen Menschen mit entsprechender Veranlagung erhöhen.
Eine aktuelle Studie zeigt, dass der Konsum von Cannabis die ohnehin eingeschränkte Gehirnkonnektivität bei jungen Erwachsenen mit einem Risiko für Psychosen weiter verschlechtert. Forscher der McGill University in Kanada fanden heraus, dass bei Menschen mit erhöhtem Psychoserisiko eine reduzierte synaptische Dichte, also die Verbindungen zwischen Nervenzellen, vorliegt. Cannabis verstärkt diesen Defizitprozess offenbar erheblich und verschlimmert damit das Problem.
Laut PsyPost treten Psychosen oft in der Jugend oder im jungen Erwachsenenalter auf. In dieser Lebensphase durchläuft das Gehirn immer noch entscheidende Entwicklungsprozesse. Schizophrenie und Psychosen werden mit Störungen beim neuronalen Pruning assoziiert: Einem Prozess, bei dem schwache neuronale Verbindungen abgebaut werden, um die Effizienz des Gehirns zu steigern, und der durch den Konsum von Cannabis gestört werden könnte.
Synapsendichte als Schlüsselindikator
Die Wissenschaftler nutzten Positronen-Emissions-Tomografie (PET), um die Synapsendichte bei 49 Teilnehmern zu messen. Diese wurden in drei Gruppen unterteilt: Personen mit einer frisch diagnostizierten Psychose, Menschen mit erhöhtem Psychoserisiko und eine gesunde Kontrollgruppe. Die Studie fokussierte sich auf die Synapsendichte in Regionen wie dem präfrontalen Kortex, dem Hippocampus und dem Striatum – Gehirnareale, die für kognitive und emotionale Prozesse entscheidend sind.
Studienautorin Maria Belén Blasco erklärte gegenüber PsyPost, dass diese Reduktion bereits vor dem Auftreten starker Symptome sichtbar sei:
Synapsen sind die Verbindungen zwischen Neuronen, die die Kommunikation im Gehirn ermöglichen. Wir haben festgestellt, dass Patienten in den frühen Stadien der Schizophrenie und Personen mit hohem klinischen Risiko eine reduzierte Synapsendichte im Vergleich zu gesunden Individuen aufweisen.
Cannabis verstärkt bestehende Defizite erheblich
Die Forscher fanden heraus, dass Cannabis den Abbau der Synapsendichte in den untersuchten Gruppen verstärkt. Besonders betroffen war das Striatum, eine Region, die mit Belohnung und Motivation assoziiert ist. Diese Störung könnte erklären, warum Cannabis mit einem erhöhten Psychoserisiko in Verbindung gebracht wird.
Laut PsyPost korrelieren negative Symptome wie sozialer Rückzug oder mangelnde Motivation besonders stark mit reduzierter Synapsendichte. Diese Symptome gelten als schwierig zu behandeln und werden durch die Störung der neuronalen Verbindungen verschärft.
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Cannabis hemmt gesunde Gehirnentwicklung
Die Teilnehmer unterzogen sich neben der PET-Untersuchung auch einer Magnetresonanztomografie (MRT), die weitere Informationen über die graue Substanz des Gehirns hervorbringen sollte. Zusätzlich wurde der Cannabiskonsum der Probanden genau dokumentiert. Dabei zeigte sich, dass Cannabisnutzer deutlich geringere Synapsendichten aufwiesen als Personen, die kein Cannabis konsumierten.
„Cannabis scheint in den natürlichen Prozess der Verfeinerung von Synapsen einzugreifen, der für eine gesunde Gehirnentwicklung entscheidend ist“, sagte Blasco. Insbesondere in sensiblen Entwicklungsphasen wie der Jugend und dem jungen Erwachsenenalter sei das Risiko hoch.
Weitere Forschung und Potenzial für neue Therapien
Die Wissenschaftler räumten allerdings ein, dass die relativ geringe Stichprobengröße die Aussagekraft der Ergebnisse einschränkt. Um die Ergebnisse zu bestätigen, sind weitere, größere Studien notwendig. Die vorliegende Untersuchung kann zudem keine direkte Kausalität zwischen Cannabiskonsum und Synapsendefiziten nachweisen. Unklar bleibt beispielsweise, ob Menschen mit bestehenden Gehirnveränderungen eher zu Cannabis greifen.
Die Ergebnisse bieten jedoch vielversprechende Ansätze für zukünftige Behandlungsstrategien. Die Forscher hoffen, durch gezielte Maßnahmen die Synapsendichte stabilisieren oder sogar verbessern zu können. Dies könnte speziell für die Behandlung negativer Symptome wie Motivationslosigkeit von Bedeutung sein.
Was du dir merken solltest:
- Cannabis verstärkt die ohnehin reduzierte Synapsendichte bei jungen Erwachsenen mit Risiko für Psychosen erheblich.
- Besonders betroffen ist das Striatum, eine Region, die Motivation und Belohnung steuert.
- Die Studie zeigt, dass Cannabis den natürlichen Abbau schwacher neuronaler Verbindungen massiv stört.
Übrigens: Wer gerne liest, übt damit ebenfalls Einfluss auf die Struktur seines Gehirns aus – allerdings in positiver Hinsicht. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
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