Gefangen in der Beziehung: Warum Menschen toxische Liebe ertragen – Psychologin klärt auf
Psychologin Yvonne Beuckens erklärt, warum viele den Ausstieg aus toxischen Beziehungen nicht schaffen.
Warum fällt es vielen schwer, eine toxische Beziehung zu beenden? Die Psychologin Yvonne Beuckens beschreibt, wie schleichende Veränderungen Menschen in unglücklichen Partnerschaften halten. Besonders auf TikTok berichten Frauen unter dem Motto „And I still stayed“ (dt.: „Und ich bin trotzdem geblieben“) von belastenden Erfahrungen – und erklären, warum sie dennoch geblieben sind.
Sie erzählen von Situationen, die für Außenstehende schwer nachvollziehbar sind: Eine Frau berichtet, dass ihr Freund sie nach einem Streit an einer Raststätte habe aussetzen wollen. Trotzdem blieb sie bei ihm. Eine andere erklärt, dass ihr Ex-Partner ihr 250 Euro „Miete“ für zwei Besuche bei ihm abverlangte. Diese Geschichten drehen sich oft um emotionale Manipulation und Kontrolle.
Kleine Abwertungen führen in den Teufelskreis
Beuckens nennt dieses schleichende Verhalten laut Buzzfeed „Boiling-Frog-Syndrom“ – angelehnt an das Bild eines Froschs, der nicht bemerkt, wie sich das Wasser um ihn herum allmählich erhitzt. Viele Menschen merken nicht, wie sich ihre Beziehung Stück für Stück verschlechtert.
Meist beginnt es mit kleinen Abwertungen und Verunsicherungen.
Yvonne Beuckens
Schritt für Schritt steigert sich der emotionale Druck, bis es zu extrem belastenden Momenten kommt. Laut Beuckens betrifft diese Dynamik häufig sozial kompetente, gut ausgebildete Frauen. Sie zeigen besonders viel Empathie und Geduld. Genau diese Eigenschaften führen oft dazu, dass sie länger in toxischen Beziehungen verharren.
Gesellschaftliche Vorurteile bremsen Männer aus
Auf TikTok berichten fast ausschließlich Frauen über ungesunde Beziehungen. Männer schweigen hingegen häufig. Beuckens vermutet, dass gesellschaftliche Rollenbilder eine große Rolle spielen. Männer fürchten oft, als schwach zu gelten, wenn sie über emotionale Verletzungen sprechen. Diese Scham hält viele davon ab, ihre Erlebnisse zu teilen. „Es gibt kaum Hinweise, dass Frauen häufiger betroffen sind als Männer“, betont Beuckens laut Buzzfeed. Sie glaubt, dass Männer ihre Erfahrungen einfach seltener öffentlich machen.
Das könnte dich auch interessieren:
- Gibt es den idealen Altersunterschied in Beziehungen? – Was Studien darüber sagen
- Rebecca-Syndrom: Wie krankhafte Eifersucht deine Beziehung zerstört
- Bindungstypen entschlüsselt: Der Weg zu glücklichen Beziehungen
So gelingt der Ausstieg aus toxischen Beziehungen
Menschen, die in schädlichen Partnerschaften feststecken, können ihre emotionale Abhängigkeit durch Selbstreflexion erkennen und reduzieren. Beuckens rät dazu, sich auf andere Lebensbereiche wie Freundschaften, Arbeit oder Hobbys zu konzentrieren. So gewinnen Betroffene Abstand und Selbstständigkeit.
Statt sich für ihre Entscheidungen zu verurteilen, sollten sie ihre Erlebnisse als Lernprozess betrachten. „Was habe ich daraus gelernt? Worauf achte ich jetzt?“ Diese Fragen helfen, Selbstvorwürfe abzulegen. Beuckens empfiehlt, das Narrativ zu verändern: Aus „Und ich bin trotzdem geblieben“ wird „Lektion gelernt“. So übernehmen viele wieder die Kontrolle über ihr eigenes Leben.
Was du dir merken solltest:
- Das „Boiling-Frog-Syndrom“ beschreibt schleichende Veränderungen in Beziehungen, bei denen Betroffene kleine Abwertungen und Verunsicherungen oft erst spät als problematisch erkennen.
- Besonders empathische und sozial kompetente Frauen bleiben häufiger in toxischen Beziehungen, während Männer aus Scham selten über ihre Erfahrungen sprechen.
- Ein Ausweg besteht darin, sich auf andere Lebensbereiche zu fokussieren, Selbstvorwürfe zu vermeiden und die Erfahrungen als wertvolle Lektionen zu betrachten.
Übrigens: Paartherapeutin Ankha Haucke zeigt, wie Paare typische Beziehungsprobleme mit besserer Kommunikation und mehr Vertrauen lösen können. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Pexels