Gibt es den idealen Altersunterschied in Beziehungen? – Was Studien darüber sagen
Studien zeigen, welchen Einfluss Altersunterschiede auf Beziehungen haben. Ein kleiner Altersunterschied kann die Stabilität fördern, doch andere Faktoren spielen ebenso eine Rolle.
Über den idealen Altersunterschied in Beziehungen wird viel diskutiert, und es gibt einige hartnäckige Vorstellungen dazu. Eine davon ist die sogenannte „Halbes Alter plus sieben“-Regel. Diese Faustregel besagt, dass der jüngere Partner in einer Beziehung mindestens halb so alt sein sollte wie der ältere Partner, plus sieben Jahre. So könnte etwa eine 32-jährige Person mit einer 23-Jährigen zusammen sein, während ein 38-Jähriger mindestens eine 26-jährige Partnerin suchen sollte. Doch wie viel Wahrheit steckt in dieser Regel? Wissenschaftler haben sich der Frage gewidmet und kommen laut der WELT zu gemischten Ergebnissen, ob der Altersunterschied in Beziehungen wirklich eine Rolle spielt.
Männer und Frauen haben oft verschiedene Ansichten
Eine Umfrage der Dating-Plattform OkCupid aus dem Jahr 2017 befragte 3.000 Singles und kam zu dem Schluss, dass es zwischen den Geschlechtern deutliche Unterschiede bei der Wahl des idealen Alters des Partners gibt. Frauen bevorzugen meist Partner, die im Alter nah bei ihnen liegen, wobei das Ideal bei maximal zwei Jahren Unterschied liegt – in beide Richtungen. „Frauen suchen tendenziell nach Partnern, die höchstens zwei Jahre älter oder jünger sind“, so die Umfrageergebnisse.
Männer hingegen neigen unabhängig von ihrem eigenen Alter oft dazu, nach deutlich jüngeren Frauen zu suchen, vor allem nach solchen in den frühen Zwanzigern. Diese Präferenz wird mit zunehmendem Alter sogar noch stärker. Trotz der Erkenntnisse über Alterspräferenzen bleibt jedoch unklar, ob Beziehungen mit solchen Altersunterschieden länger halten. Die Umfrage gibt dazu keine Auskunft, sodass offen bleibt, ob Alter wirklich das entscheidende Kriterium für Beziehungsdauer und -glück ist.
Kleine Altersunterschiede als Erfolgsrezept?
Ein weit verbreitetes Argument lautet, dass geringe Altersunterschiede die Beziehungsdauer positiv beeinflussen. Gemeinsame Interessen, ein ähnlich alter Freundeskreis und ähnliche Erfahrungen, etwa aus der Kindheit, können demnach eine Beziehung stabiler machen. Eine Studie der Emory University in Atlanta bestätigt diese Theorie teilweise. Die Untersuchung von 3.000 Paaren zeigte, dass das Risiko einer Trennung mit wachsendem Altersunterschied steigt. Konkret trennen sich Paare mit einem Altersunterschied von fünf Jahren um 18 Prozent häufiger als gleichaltrige Paare. Bei einem Unterschied von zehn Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit einer Trennung schon bei 39 Prozent, und bei 20 Jahren Altersunterschied erhöht sich das Risiko auf 95 Prozent.
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Nach Ansicht der Forscher könnte der optimale Altersunterschied bei etwa einem Jahr liegen, da bei diesen Paaren das Trennungsrisiko am geringsten ist – nur etwa drei Prozent. Warum Altersunterschiede einen so starken Einfluss haben könnten, bleibt jedoch spekulativ. Die Wissenschaftler vermuten, dass gesellschaftliche Vorurteile gegenüber Paaren mit großem Altersunterschied eine Rolle spielen könnten. Ein zusätzlicher Faktor könnte sein, dass Menschen, die deutlich jüngere oder ältere Partner wählen, weniger Klarheit darüber haben, was sie von einer Beziehung erwarten.
Finanzen und Gleichaltrigkeit als Stabilitätsfaktoren
Laut einem Bericht im Economist können geringe Altersunterschiede in Beziehungen finanzielle Spannungen mindern, was langfristig positiv auf die Beziehung wirkt. Die Theorie besagt, dass Einkommen in der Regel mit dem Alter steigt. Wenn etwa eine Frau einen deutlich älteren Partner hat und das Paar eine Familie gründen möchte, könnte der höhere Verdienst des Mannes subtilen Druck auf die Frau ausüben, ihre Karriere zu pausieren oder aufzugeben.
Doch eine Studie aus Dänemark von 2019, in der Zwillingsschwestern verglichen wurden, widerspricht diesem Argument: Das Einkommen der Frauen, die ältere Männer heirateten, war im Durchschnitt nicht niedriger als das von Frauen mit gleichaltrigen Partnern. Daten des britischen „Office of National Statistics“ aus dem Jahr 2018 zeigen ebenfalls keine signifikante Verbindung zwischen Altersunterschied und Scheidungswahrscheinlichkeit. Allerdings deuten die Daten darauf hin, dass Frauen, die nach dem 30. Lebensjahr einen Partner heiraten, der mindestens zehn Jahre älter ist, tendenziell eher zur Scheidung neigen.
Der Einfluss eines jüngeren Partners auf die Lebenserwartung
Eine Studie der Universität Stockholm untersuchte, wie sich Altersunterschiede in Partnerschaften auf die Gesundheit und Lebenserwartung auswirken. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass Männer mit deutlich jüngeren Partnerinnen im Durchschnitt länger leben als Männer mit gleichaltrigen Frauen. Der Grund dafür könnte sein, dass jüngere Partnerinnen ihre älteren Partner aktiv halten und deren Lebensstil positiv beeinflussen. Bei Frauen zeigt sich dieser Effekt allerdings nicht. Frauen, die jüngere Männer heiraten, leben demnach nicht länger, was die Studienautoren auf die geringere Abhängigkeit von jüngeren Partnern zurückführen.
Es bleibt unklar, ob es hier tatsächlich einen kausalen Zusammenhang gibt oder ob einfach gesunde und aktive Männer für jüngere Frauen attraktiver sind und gleichzeitig länger leben. Dennoch zeigt die Studie interessante Muster und lässt vermuten, dass der Altersunterschied in Beziehungen in manchen Fällen das Wohlbefinden beeinflussen kann.
Letztlich zählt die Beziehung und nicht das Alter
Am Ende kommt es wohl weniger auf das Alter als auf die Beziehungsqualität an. Eine Studie aus Kanada von 2020, die Daten von etwa 12.000 Paaren analysierte, fand heraus, dass objektive Faktoren wie Altersunterschied, Status oder Interessen zwar eine Rolle spielen, doch das wichtigste Kriterium für eine stabile Beziehung ist die Art und Weise, wie Paare ihre Partnerschaft wahrnehmen. „Entscheidend ist, wie die Partner ihre Beziehung sehen und miteinander kommunizieren“, erklären die Studienautoren. Faktoren wie Persönlichkeitsmerkmale und die Fähigkeit, Konflikte zu lösen, sind demnach zentral für das Beziehungsglück.
Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es keine „Einheitsgröße“ für den perfekten Altersunterschied in Beziehungen gibt. Altersunterschiede beeinflussen Beziehungen zwar, sind aber keine Garantie für Glück oder Scheitern. Beziehungen basieren letztlich darauf, wie gut zwei Menschen miteinander harmonieren, unabhängig vom Alter. „Wenn es passt, dann passt es,“ lautet das Fazit der Forscher.
Was du dir merken solltest:
- Studien zeigen, dass ein kleiner Altersunterschied das Trennungsrisiko in Beziehungen verringern kann, da gemeinsame Interessen und ähnliche Lebensphasen die Partnerschaft stärken können.
- Trotz häufiger Vorurteile haben größere Altersunterschiede keinen eindeutig negativen Einfluss auf die Beziehungsstabilität, wie Daten aus mehreren Ländern nahelegen.
- Entscheidend für eine stabile Beziehung sind nicht Alter oder Altersunterschied, sondern die Art und Weise, wie die Partner miteinander kommunizieren und Probleme lösen.
Übrigens: People Pleaser übersehen häufig ihre eigenen Bedürfnisse und passen sich ihrem Partner an, was zu unausgewogenen Beziehungen und langfristigen Schwierigkeiten führt. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy