Seltene Krankheit entdeckt: Genmutation führt zu fatalen Entwicklungsstörungen bei Kindern
Forscher haben eine Genmutation entdeckt, die schwere neurologische Störungen bei Kindern verursacht. Eine Studie liefert neue Erkenntnisse für seltene Erkrankungen.
Ein internationales Forscherteam, angeführt von der Washington University School of Medicine in St. Louis, hat ein medizinisches Rätsel um eine Krankheit bei Kindern gelöst: die genetische Ursache für seltene neurologische Symptome bei einem Kind aus Deutschland. Das Kind zeigte Entwicklungsverzögerungen, reduzierte Muskelspannung und eine ungewöhnliche Hirnentwicklung. Das Team entdeckte, dass eine Mutation im sogenannten CCT3-Gen dazu führt, dass Proteine in den Zellen ihre richtige Form nicht annehmen können. Diese Entdeckung gibt nicht nur den Eltern des Kindes Klarheit über die Ursache der Symptome, sondern identifiziert auch eine völlig neue Form genetischer Erkrankungen.
Die Forscher fanden heraus, dass das CCT3-Gen eine entscheidende Rolle spielt, indem es Proteine so „faltet“, dass sie korrekt funktionieren können. Ist dieser Prozess gestört, verlieren die Proteine ihre Funktion, was zu neurologischen Störungen führen kann. Dank der genetischen Entschlüsselung konnten die Wissenschaftler bislang 22 weitere Menschen mit ähnlichen Symptomen finden, die ebenfalls an einer Mutation im CCT3-Gen oder verwandten Genen leiden. Diese Forschung ist ein Schritt in Richtung gezielterer Diagnosen und möglicher zukünftiger Therapien.
Genetische Veränderungen als Auslöser seltener Erkrankungen
Zehn Prozent der Patienten mit Verdacht auf genetische Erkrankungen haben Mutationen in Genen, die bisher keiner bestimmten Krankheit zugeordnet werden konnten. Stephen Pak, Forscher an der Washington University, erklärte, dass genau solche genetischen Rätsel der Fokus seiner Arbeit sind. Um den Ursprung der Symptome zu erforschen, arbeitete er mit dem winzigen Modellorganismus C. elegans, einem Fadenwurm, dessen Genom etwa die Hälfte der menschlichen Gene abdeckt – darunter auch das CCT3-Gen.
In der Studie zeigte sich, dass sich Würmer mit der gleichen Mutation wie das betroffene Kind langsamer bewegten als ihre gesunden Artgenossen. Diese Verhaltensänderung deutete darauf hin, dass die Mutation nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Fadenwürmern die Mobilität und das Nervensystem beeinträchtigt. Diese Erkenntnisse erleichtern es Ärzten, ähnliche Symptome bei anderen Patienten schneller und präziser zu diagnostizieren.
Fehlende Proteinfaltung: Ursache neurologischer Störungen
Das CCT3-Gen spielt eine Schlüsselrolle in einem wichtigen Zellprozess, der als Proteinfaltung bekannt ist. Dieser Prozess sorgt dafür, dass Proteine ihre funktionelle Form annehmen können, um in den Zellen zu arbeiten. Im Zentrum dieser Studie stand die Frage, warum eine Mutation im CCT3-Gen diesen Prozess beeinträchtigt. Die Forscher stellten fest, dass durch die Mutation die Aktivität des CCT3-Proteins stark reduziert wird – auf etwa 50 Prozent des Normalwerts. Das reicht nicht aus, um die Proteine korrekt zu falten, was die Zellfunktionen stört.
Die Folge dieses Defizits ist, dass Proteine wie das Aktin, das für Zellform und Bewegung verantwortlich ist, falsch gefaltet werden und sich unregelmäßig in der Zelle verteilen. Diese Entdeckung zeigt, wie entscheidend die Proteinfaltung für die Gesundheit von Zellen ist und welche schweren Folgen genetische Mutationen haben können.
C. elegans als Schlüssel zur Erforschung menschlicher Krankheiten
Das Forschungsteam nutzte den Fadenwurm C. elegans, um die Auswirkungen der CCT3-Mutation zu untersuchen. Die Erkenntnisse aus dieser Untersuchung zeigten, dass dieser einfache Organismus wertvolle Hinweise auf komplexe menschliche Erkrankungen liefern kann. Die Ergebnisse der Studie helfen dabei, ein neues genetisches Krankheitsbild zu definieren, das Intelligenzminderung und Hirnfehlbildungen umfasst. Forscher der RWTH Aachen und der Stanford University unterstützten die Arbeit, indem sie das CCT3-Gen in Zebrafischen und Hefezellen untersuchten. Diese Studien zeigten die Bedeutung des CCT3-Gens sowohl für die Hirnentwicklung als auch für die Proteinfaltung.
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Neue Hoffnung für seltene genetische Krankheit bei Kindern
Diese genetischen Einblicke bieten eine wichtige Perspektive für Menschen, die mit seltenen genetischen Erkrankungen leben. Bei vielen bleibt die genaue Ursache ihrer Symptome oft jahrelang unklar. Durch die Entdeckung des CCT3-Gens als Schlüsselursache für bestimmte neurologische Symptome konnten nicht nur die Eltern des Kindes, sondern auch 22 andere Familien Antworten auf ihre Fragen finden. Das gibt den Betroffenen und ihren Angehörigen Gewissheit und hilft, den Leidensweg zu verkürzen.
Die Forscher hoffen, dass ihre Arbeit langfristig zu gezielten Behandlungsmöglichkeiten führt. Denn durch das neue Wissen über den Mechanismus der Proteinfaltung und die Auswirkungen von Mutationen in den CCT-Genen könnten Therapiemöglichkeiten entwickelt werden, die genau auf das genetische Profil der Patienten abgestimmt sind.
Was du dir merken solltest:
- Eine Genmutation im CCT3-Gen stört die Proteinfaltung. Diese seltene Krankheit führt zu schweren neurologischen Symptomen bei Kindern.
- Die Washington University School of Medicine identifizierte 22 Patienten mit ähnlichen Mutationen, was eine neue Krankheitsform offenlegt.
- Die Erkenntnisse helfen bei gezielteren Diagnosen und könnten zukünftige Therapien für seltene genetische Erkrankungen ermöglichen.
Bild: ©RWTH Aachen via Washington University School of Medicine in St. Louis