Pestizid im Grundwasser könnte Krebsrisiko steigern

Das Grundwasser in Deutschland weist hohe Rückstände von S-Metolachlor auf – einem Herbizid, das womöglich das Krebsrisiko erhöht.

Ein verbreitetes Pflanzenschutzmittel könnte krebserregend sein und befindet sich derzeit im Grundwasser. © Pexels

Lange Zeit fand das Herbizid S-Metolachlor als Pflanzenschutzmittel im Maisanbau Verwendung, nun zeigen sich ernste Konsequenzen für die Trinkwasserversorgung. Neuste Untersuchungen weisen laut einem Bericht der Tagesschau darauf hin, dass das Pestizid S-Metolachlor und seine Abbauprodukte möglicherweise krebserregend und in bedenklichen Mengen im Grundwasser vorhanden sind. Besonders in Norddeutschland sind die Auswirkungen deutlich spürbar. Die Frage, wie Wasserversorger diese Verunreinigungen beseitigen können, wird zunehmend dringlicher.

S-Metolachlor: Ein Herbizid mit fatalen Folgen

S-Metolachlor war über viele Jahre hinweg eines der am häufigsten verwendeten Pestizide im Maisanbau. Es schützte die Ernten vor Unkraut, das die Pflanzen sonst im Wachstum behindern würde. Das Pestizid gelangt jedoch über die Felder ins Grundwasser und wurde bislang als unbedenklich eingestuft. Neue Erkenntnisse des Umweltbundesamtes legen jedoch nahe, dass S-Metolachlor und seine Abbauprodukte möglicherweise krebserregend sind. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung, denn einmal im Grundwasser angekommen, verbreitet sich das Pestizid flächendeckend.

Vor allem Norddeutschland ist stark betroffen. In der Region sind die Böden aufgrund ihrer Beschaffenheit durchlässiger, was das Versickern von Chemikalien begünstigt. Zudem sorgen häufige Niederschläge dafür, dass Schadstoffe schneller ins Grundwasser gelangen. Eine vom NDR durchgeführte Untersuchung bestätigte, dass die Konzentration der Abbauprodukte von S-Metolachlor in bestimmten Regionen weit über den zulässigen Grenzwerten liegt.

Norddeutschland besonders stark betroffen

Eine Wasserprobe eines niedersächsischen Landwirts brachte alarmierende Ergebnisse zutage. Zwei Abbauprodukte des Pestizids konnten in hoher Konzentration im Trinkwasser nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse sorgten in der Region für große Besorgnis. „Das ist schon krass, wenn man jetzt auch drüber nachdenkt, wie viele Haushalte an so einem Netz dann einfach mal dranhängen“, kommentierte der Landwirt das Ergebnis der Analyse.

Die Wasserversorger in der Region stehen nun vor einer großen Herausforderung. Sie müssen nicht nur die aktuelle Belastung im Auge behalten, sondern auch darauf vorbereitet sein, schnell zu reagieren, wenn strengere Grenzwerte eingeführt werden. Konstantin Kuppe vom Umweltbundesamt, Experte für Pestizide, sagte gegenüber der Tagesschau, dass die Belastung des Grundwassers durch die Abbauprodukte von S-Metolachlor flächendeckend hoch sei.

Die Trinkwasser-Leitungen sind voll mit hohen Konzentrationen dieser Stoffe, und das stellt jetzt ein Problem für die Wasserversorger dar.

Konstantin Kuppe

Hohe Kosten für die Wasserversorger

Die Beseitigung der Rückstände aus dem Trinkwasser ist technisch anspruchsvoll und finanziell belastend. Herkömmliche Filtersysteme, die vielerorts verwendet werden, sind nicht in der Lage, alle Abbauprodukte von S-Metolachlor zu entfernen. Am Technologiezentrum Wasser laufen derzeit Pilotversuche, um geeignete Methoden zu finden, mit denen sich diese Stoffe vollständig aus dem Wasser herausfiltern lassen. Aktivkohlefilter, die häufig zum Einsatz kommen, können einige, aber nicht alle Abbauprodukte des Pestizids aus dem Wasser entfernen. Alternativ könnten Membranen verwendet werden, um das Wasser zu reinigen. Allerdings besteht dabei das Risiko, dass auch nützliche Mineralien herausgefiltert werden, was die natürliche Zusammensetzung des Trinkwassers verändert.

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Frank Sacher, Abteilungsleiter der Wasserchemie am Technologiezentrum Wasser, fasst die Problematik zusammen: „Wir haben versucht, die Abbauprodukte von S-Metolachlor mit Aktivkohlefiltern aus belastetem Wasser zu entfernen. Das hat nicht für alle 19 Abbauprodukte funktioniert.“

Die Einführung neuer Technologien bedeutet hohe Kosten für die Wasserversorger. Olaf Schröder, Geschäftsführer des Wasserverbands Peine, rechnet damit, dass allein der Bau neuer Filteranlagen mehrere Millionen Euro kosten wird. Diese Kosten werden letztlich auf die Verbraucher umgelegt, die in Zukunft mit höheren Wasserpreisen rechnen müssen. Schröder schätzt, dass die Kosten pro Liter Trinkwasser um 30 bis 50 Cent steigen könnten. „So ein Anbau kostet Geld, viel Geld. Den müssen Trinkwasserkunden bezahlen, und am Ende verlieren alle: Es verliert die Landwirtschaft, weil sie die Mittel nicht mehr zur Verfügung hat, die sie benötigt. Es verliert der Kunde, weil er bezahlen muss, was andere hinterlassen haben.“

Regulierungen und Maßnahmen auf EU-Ebene

Das Umweltbundesamt und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit haben die Problematik von S-Metolachlor schon seit Jahren im Blick. Dennoch kam es lange Zeit zu keiner Anpassung der Grenzwerte oder zu einem Verbot des Pestizids. Nun hat die EU-Kommission die Genehmigung für den Einsatz von S-Metolachlor aufgrund der Risiken nicht mehr erneuert. Bis zum 23. Juli 2024 gilt noch eine Abverkaufs- und Aufbrauchfrist, ab dann müssen alle Reste entsorgt werden.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die bereits im Grundwasser vorhandenen Rückstände schnell verschwinden werden. Die Abbauprodukte verbleiben lange im Boden und könnten noch über Jahre hinweg das Trinkwasser belasten.

Zukunft der Trinkwasserversorgung

Die Diskussion über die künftige Regulierung von Pestiziden und ihren Abbauprodukten ist in vollem Gange. Insbesondere in Deutschland, wo der Einsatz von S-Metolachlor über Jahre hinweg weit verbreitet war, sind Maßnahmen zur Verbesserung der Wasseraufbereitung dringend notwendig. Die Tagesschau berichtete, dass die EU auch prüfe, ob Hersteller von Pestiziden stärker in die Verantwortung genommen werden könnten. Denkbar wäre, dass diese sich an den Kosten der Trinkwasseraufbereitung beteiligen müssen.

Die Erfahrungen mit S-Metolachlor könnten zukünftig als Präzedenzfall für den Umgang mit anderen Pestiziden dienen. Klar ist, dass eine umfassende Neubewertung von Pestiziden und ihrer Abbauprodukte erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die Trinkwasserversorgung in Deutschland nicht weiter gefährdet wird.

Was du dir merken solltest:

  • S-Metolachlor, ein lange im Maisanbau verwendetes Pestizid, zeigt sich in hohen Konzentrationen im Grundwasser, was möglicherweise krebserregend sein könnte.
  • Besonders in Norddeutschland ist die Belastung des Trinkwassers durch S-Metolachlor und seine Abbauprodukte stark, was die Wasserversorger vor große technische und finanzielle Herausforderungen stellt.
  • Die EU hat die Zulassung für S-Metolachlor nicht erneuert, und ab dem 23. Juli 2024 ist der Einsatz des Mittels verboten, um die Risiken für die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung zu minimieren.

Bild: © Pexels

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