Luftverschmutzung statt Klimawandel: Warum Waldpflanzen nach Westen wandern

Europäische Waldpflanzen wandern nach Westen – der Klimawandel spielt dabei eine geringere Rolle als erwartet.

Der Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella) wandert nach Westen. © Wikimedia

Europäische Waldpflanzen wandern unerwartet nach Westen  – schuld daran sind die Stickstoffwerte in der Luft. Dieser Stickstoff kommt durch Luftverschmutzung in die Natur und begünstigt bestimmte Pflanzenarten, die besonders gut damit umgehen können. Der Klimawandel spielt dabei nur eine kleine Rolle. Diese Erkenntnisse stammen von Forschenden des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und anderen Wissenschaftlern, die ihre Ergebnisse in der Zeitschrift Science veröffentlicht haben.

Die Forscher fanden laut iDiv heraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Pflanzenarten nach Westen ziehen, 2,6 Mal höher ist als die Verschiebung nach Norden. Vor allem Pflanzen aus Osteuropa, die an hohe Stickstoffwerte gewöhnt sind, profitieren. Diese Pflanzen breiten sich in westlichen Regionen aus und verdrängen dort oft seltene, spezialisierte Arten. Ein Beispiel für eine solche Pflanze ist der Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella), der sich mit etwa 5 Kilometern pro Jahr nach Westen und rund 0,1 Kilometern pro Jahr nach Norden ausbreitet.

Dr. Ingmar Staude von iDiv und der Universität Leipzig erklärt, dass viele den Einfluss von Stickstoffeinträgen auf die Verbreitung von Pflanzen unterschätzen. „Die meisten Verschiebungen europäischer Waldpflanzen lassen sich auf Stickstoffeinträge zurückführen, nicht auf den Klimawandel“, sagt er. Diese Situation wirft die Frage auf, wie sich Pflanzen und Ökosysteme an den Klimawandel anpassen sollen, wenn andere Faktoren wie die Luftverschmutzung einen größeren Einfluss haben.

Pflanzen wandern nach Westen

Die Studie untersuchte die Verbreitung von 266 europäischen Waldpflanzen über viele Jahrzehnte hinweg. Die Forscher stellten fest, dass 39 Prozent der Pflanzen nach Westen wandern, während nur 15 Prozent nach Norden ziehen. Diese Verschiebungen sind vor allem auf die Stickstoffbelastung zurückzuführen. Einige Messungen reichen bis ins Jahr 1933 zurück.

Bedrohte Wälder in Europa

Die Forscher analysierten auch besonders geschützte Wälder wie den Urwald von Białowieża in Polen. Diese Wälder sind durch die veränderten Umweltbedingungen besonders gefährdet. Die Wissenschaftler fordern, dass man die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Umweltfaktoren besser versteht, um geeignete Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt zu ergreifen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützte die Studie. Das internationale Projekt wurde vom iDiv-Synthesezentrum sDiv geleitet und soll dabei helfen, bessere Strategien zum Schutz der Natur und der Artenvielfalt zu entwickeln.

Was du dir merken solltest:

  • Europäische Waldpflanzen wandern vermehrt nach Westen, was vor allem auf hohe Stickstoffwerte in der Luft zurückzuführen ist, die durch Luftverschmutzung entstehen.
  • Diese Verlagerung betrifft besonders Pflanzen aus Osteuropa, die an Stickstoff gewöhnt sind, und bedroht seltene Arten in westlichen Regionen.
  • Die Forscher betonen, dass der Einfluss von Stickstoffeinträgen auf die Pflanzenverbreitung größer ist als der des Klimawandels, was neue Herausforderungen für den Schutz der Artenvielfalt darstellt.

Übrigens: Die Antarktische Halbinsel, stark von der Klimaerwärmung betroffen, verwandelt sich, da zunehmend eisfreie Flächen von Pflanzen besiedelt werden. Was es damit auf sich hat, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Jörg Hempel via Wikimedia unter CC BY 3.0

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