Warum sind rote Katzen fast immer Kater? – Jetzt ist das Rätsel gelöst

Rote Katzen sind fast immer männlich. Forscher haben nun die genetische Ursache entdeckt – eine kleine Veränderung auf dem X-Chromosom.

Warum sind rote Katzen fast immer Kater? Das Rätsel ist gelöst

Die Fellfarbe verrät mehr, als man denkt: Fast alle roten Katzen sind Kater – und der Grund dafür liegt tief im X-Chromosom verborgen. © Pexels

Rote Katzen sind in rund 80 Prozent aller Fälle männlich – ein auffälliges Muster, das Biologen seit über 100 Jahren beschäftigt. Endlich gibt es eine Antwort darauf. Zeitgleich am 15. Mai haben Forscher der Kyushu University in Japan und der Stanford University in den USA nun ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht. Beide Forschungsteams führten ihre Studien unabhängig voneinander durch, wurden jedoch im Verlauf auf die Arbeit der jeweils anderen aufmerksam. Daraufhin reichten sie ihre Arbeiten gemeinsam zur zeitgleichen Veröffentlichung ein.

Des Rätsels Lösung: Bei roten Katzen fehlt ein kleiner Abschnitt auf dem X-Chromosom, der normalerweise dafür sorgt, dass das Pigmentgen ARHGAP36 reguliert bleibt. Diese sogenannte Deletion – also das Fehlen eines DNA-Abschnitts – führt dazu, dass das Gen dauerhaft aktiv bleibt und die Pigmentproduktion in Richtung Orange verschoben wird.

Rote Katzen besitzen eine aktive Mutation im X-Chromosom

Die Forscher analysierten das Erbgut von 67 Katzen – einige mit orangefarbenem Fell, andere ohne. Bei allen roten Tieren entdeckten sie denselben genetischen „Fehler“: Ein winziges Stück der DNA fehlt an einer bestimmten Stelle im Erbgut. Das verändert, wie das Gen ARHGAP36 in den Farbzellen der Haut arbeitet.

„Dadurch wird ein anderes Pigment gebildet – statt dunklem Eumelanin entsteht mehr des helleren, orangefarbenen Phaeomelanins“, erklärt Professor Hiroyuki Sasaki von der Kyushu University.

Weibchen sind selten ganz orange – aus gutem Grund

Bei weiblichen Katzen funktioniert die Genetik etwas anders: Sie haben zwei X-Chromosomen – eines wird in jeder Zelle zufällig deaktiviert. Trägt nur eines der beiden X-Chromosomen die Mutation, kommt es zu typischen Fleckenmustern wie bei Calico- oder Schildpattkatzen. Nur wenn beide X-Chromosomen die Deletion tragen, wird die Katze komplett orange – ein sehr seltener Fall.

Links sieht man eine Calico-Katze mit orangefarbenem, schwarzem und weißem Fell, rechts eine Schildpatt-Katze ohne Weißanteil. Ihre typischen Muster entstehen, weil in jeder Hautzelle entweder das orangefarbene oder das schwarze Gen aktiv ist.
Links sieht man eine Calico-Katze mit orangefarbenem, schwarzem und weißem Fell, rechts eine Schildpatt-Katze ohne Weißanteil. Ihre typischen Muster entstehen, weil in jeder Hautzelle entweder das orangefarbene oder das schwarze Gen aktiv ist. © Hiroyuki Sasaki/Kyushu University

„Diese Färbungsmuster entstehen durch die X-Chromosom-Inaktivierung“, erklärt Sasaki. „Das ist ein epigenetischer Mechanismus, der sicherstellt, dass weibliche Tiere nicht doppelt so viele X-gesteuerte Proteine produzieren wie männliche.“

Rote Katzen tragen dieselbe Mutation

Die Forscher konnten zeigen, dass ARHGAP36 ausschließlich in orangefarbenen Hautbereichen aktiv ist. In schwarzen oder weißen Regionen blieb das Gen stumm. Dazu untersuchten sie Hautproben von Calico-Katzen – also solchen mit Flecken in verschiedenen Farben. Die Mutation war dabei immer mit einem bestimmten genetischen Marker verknüpft – ein Indiz, dass sie nur einmal in der Geschichte der Hauskatzen entstanden sein muss.

Gen beeinflusst möglicherweise mehr als nur Fellfarbe

Das Gen ARHGAP36 ist nicht nur in der Haut aktiv, sondern auch im Gehirn und hormonellen Gewebe. Die Forscher vermuten, dass die Mutation auch in diesen Bereichen die Genaktivität verändert. Ob das Auswirkungen auf das Verhalten oder den Stoffwechsel von Katzen hat, ist bislang unklar – viele Katzenhalter berichten jedoch von Unterschieden je nach Fellfarbe.

„Bisher gibt es dafür keine wissenschaftlichen Belege“, sagt Sasaki. „Aber es wäre spannend, dem Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Persönlichkeit weiter nachzugehen.“

Spurensuche bis ins alte Ägypten?

Die Entdeckung wirft auch neue Fragen auf: Wann und wo ist die Mutation zum ersten Mal aufgetreten? Um das herauszufinden, will Sasaki künftig historische Darstellungen analysieren – etwa Katzenbilder aus dem alten Ägypten. Auch DNA-Analysen mumifizierter Tiere könnten Hinweise liefern.

„Es ist ein ehrgeiziges Projekt, aber ich bin gespannt, was wir finden werden“, sagt Sasaki. Neben der Herkunft interessiert die Forscher auch, ob sich die Erkenntnisse auf die Humanmedizin übertragen lassen – denn ARHGAP36 spielt auch beim Menschen eine Rolle, etwa bei Hauterkrankungen und Haarausfall.

Kurz zusammengefasst:

  • Rote Katzen sind meist männlich, weil die orange Fellfarbe an eine Genveränderung auf dem X-Chromosom gekoppelt ist.
  • Die Mutation betrifft das Gen ARHGAP36 und verändert die Pigmentbildung in den Hautzellen – es wird mehr orangefarbenes Phaeomelanin statt dunklem Eumelanin gebildet.
  • Weibliche Katzen zeigen nur dann vollständig orangefarbenes Fell, wenn beide X-Chromosomen die Mutation tragen – sonst entstehen typische Muster wie bei Calico- oder Schildpattkatzen.

Bild: © Pexels

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